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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 50.1939

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Kropp, Ernst: Die Form des XX. Jahrhunderts, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10971#0349

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IN NE N-DE KORATI ON 331

»WOHNKÜCHE DES BERGFERIENHAUSES« ENTWURF: ANINA OBERRAUCH, AUSFÜHRUNG : WERNER BODEN MANN —WALDSTATT

unehrlichen Sehnsucht nach rückwärts zu schauen,
wie es leider noch im 19. Jahrhundert der Fall war.

Mit Freuden hörte ich, daß unsere teuersten, besten
Photoapparate mehr Absatz finden, als die billigen.
Ein Zeichen von Kultur ist es, sich für das Gute,
sich für das Beste einzusetzen. Es erinnert einen
fast an die Biedermeierzeit, die letzte Kulturperiode,
in der das ganze Volk mit Freuden regen Anteil nahm
am Bilden und Werden der Zeit und nur das Gute
förderte. Man erstaunt heute, wie die kleinsten Jun-
gen schon Bescheid wissen in den technischen Din-
gen, jede Marke kennen und das Gute vom Schlechten
mit Sicherheit zu unterscheiden vermögen.

So muß es sein, wenn ein Volk wieder im Werden
einer großen Zeit und Form steht, bis zu den Jüngsten
ist es dann von seinem zeitlichen Bilden erfüllt.

Demgegenüber müssen wir feststellen, daß be-
sonders die heutige Bildkunst in Malerei und Plastik
an Wert und Interesse in beängstigender Weise
zurückgegangen ist. In keiner Zeit und in keiner
anderen Nation wurde die Kunst durch Erziehung

in Schulen und Werken so gepflegt und gefördert,
wie es in den letzten 100 Jahren in Deutschland der
Fall war. Wir sind dadurch in ein Kunst-Chaos aller
Stile verfallen und müssen leider eingestehen, daß
weder die Leistungen früherer Epochen, noch eine
einheitliche neue deutsche Kunst damit erreicht wor-
den ist. Wir sollten endlich zu der Einsicht kommen,
daß Kunst sich nicht durch Kunst-Wollen erzielen
läßt, sondern immer nur als letzter Ausdruck und
Vollendung, als Blüte, aus dem Geiste einer Zeit
wachsen muß. Wie eine Gotik nur aus dem leben-
digen Geiste der Gotik wachsen konnte, so war es
auch in anderen großen Kunstepochen der Fall, und
das ist der Grund, warum derartige einheitliche For-
men in späterer Zeit trotz ernstestem Studium nie
mehr erreicht werden konnten.

Nur wer den heutigen lebendigen Geist in sich
fühlt und ihn erkennt, der kann am Verbessern, am
Verschönern und schließlich am Werden unserer
Kunst mitgestalten und lebendigen Anteil haben.
Und wo zeigt sich der heutige Geist und unser leben-
 
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