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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 11.1913

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Heft 1
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Scheffler, Karl: Heinrich Tessenow
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https://doi.org/10.11588/diglit.4713#0064

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gender ist das Gefühl, dass man einem Talent, das
im ersten Anlauf solche Proben gegeben hat, und
das in der modernen deutschen Baukunst Etappe
zu machen berufen scheint, vertrauen darf, dass
man sich auf den Charakter verlassen darf, der
hinter diesem Talent steht. Es bedarf nur eines
Blickes auf die Erscheinung Tessenows, um erkennen
zu lassen, dass er zu den Charakterköpfen der
Nation gehört. Blond und helläugig, männlich in
jedem Zug, zugleich voll bäuerlicher Festigkeit und
aristokratischer Geistigkeit; in seiner heftig durch-
modellierten Formengrösse ganz der Kopf eines
Werte Schaffenden. Ein bärenhaft starker Mensch
mit einer frauenhaft zarten Empfindung, naiv wie
ein Kind und zugleich selbstbewusst wie ein ganz

Wesentlicher. Man hat, wenn man mit diesem
Mann spricht, der wirklich einmal wieder das schöne
Wort Baumeister verdient, das sichere Gefühl, dass
er nie eine Arbeit unreif aus seiner Hand entlassen
wird, dass er nicht mehr bauen wird als er bewäl-
tigen kann, weil er sich bewusst ist, in seiner
Person ein Schicksal der neuen deutschen Archi-
tektur zu verkörpern, weil er weiss, dass er ist was
der altchristliche Mensch meinte, wenn er sich so
schön als „Knecht Gottes" bezeichnete.

Eben darum werden die Heutigen sich ge-
wöhnen müssen auf Tessenow zu blicken als auf
einen jungen Meister und ihn bei den entscheiden-
den Aufgaben unserer Architektur um Rat zu
fragen.

HEINRICH TESSENOW, EINFAMILIENHAUS IN HELLERAU

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