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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 11.1913

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Heft 3
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Israëls, Jozef: Am Strande von Scheveningen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4713#0143

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Es ist ein majestätisches Gefühl, vom Gipfel des Rigi über das hohe Bergland zu
schauen und ein Weilchen das platte, flache Vaterland zu vergessen — und dann die
Gletscher erglühen zu sehen in ihrer Morgen- und Abendröte.

Oder etwa auf dem breiten Rheinstrom hinzugleiten, von einem Städtchen nach
dem anderen, die alten Ruinen oben und die fruchtbaren Flächen unten im breiten
Wasser sich widerspiegeln sehen.

Und wie schön sind die Wälder im Gelderland und die Fernsichten auf der Heide!
Eine Abendstunde auf der Heide von Wolfhegen ist von einer Schönheit, die nicht
zu beschreiben ist.

Aber das alles hat seine schreckliche Kehrseite, seinen bittern Nachgeschmack . . .
Man muss wieder nach Hause, man kann nicht alle Zeit „ins Blaue hineinschauen".
Und für den, der in der Arbeit seine Lebenspflicht findet, ist es eine harte Prüfung,
so lange Zeit ohne Thätigkeit zu sein.

Darum ist Scheveningen das Ideal, „utile et dulce", geniessen und wirken.

Von der Arbeit müde, setzt man alles beiseite, und was ist dann für den Haager
natürlicher, als dass er den Weg nach Scheveningen geht?

Von ferne schon hört ihr den wühlenden Ozean, noch seht ihr ihn nicht, langsam
klimmt ihr hinauf, bis ihr am Ende des engen Zugangs den unendlichen Horizont der
stets bewegten See vor euch seht.

In den blau-violett-grünen Wassern funkelt es von Licht und die feine Atmosphäre,
der anregende, frische Wind fegen alle Ermüdung hinweg.

Dann wird am Strande getrabt, längs der aufkommenden Flut oder — bei Ebbe —
auf dem breitgedehnten Sand weit hinaus in die See.

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