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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 11.1913

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Heft 3
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Proust, Antonin: Erinnerungen an Edouard Manet, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4713#0155

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wollte sich selbst und den Seinen diese seltene Ge-
legenheit gönnen, einmal recht nach Herzenslust zu
lachen. Alles, was sich in Paris zu den sogenannten
klassifizierten Malern rechnete, fand sich in der Aus-
stellung Manet ein. Es war ein tobender Chor von
halbwahnsinnigen satten Spiessbürgern. Einer von
ihnen, ich will ihn nicht nennen, gefiel sich in den ge-
meinsten Witzen, die von seinen sklavischen Bewun-
derern mit freudigem Beifall aufgenommen wurden.

Die Presse bildete einstimmig oder fast ein-
stimmig das Echo dieser Stimmung. Noch niemals,
in keinem Jahrhundert, ist ein Schauspiel ähnlich
empörender Ungerechtigkeit erlebt worden.

Im August ging ich mit Manet auf einige Tage
nach Trouville. Als die Post kam und ihm Nach-
richten über seine Ausstellung brachte, sagte er:
„Da wälzt sich der Schlamm heran, die Flut steigt."
Und er fügte hinzu: „Aber wenigstens bin ich es
nicht, den diese Flut beschmutzt." Er hatte Paris
beinahe entmutigt verlassen, in Trouville fand er
sich selbst wieder.

Im Salon von 1868 stellte er das Porträt von
Emile Zola aus. Im selben Jahre malte er Theodore
Duret, der zu seinen ersten und tapfersten Vertei-
digern gehört hatte. Auch im Sommer 1868 ging

er ans Meer und malte in Boulogne das Bild „Die
Fischerfrauen", kurz nachdem er das Porträt seiner
„Frau am Klavier" vollendet hatte.

„Der Balkon", zu dem seine Schwägerin, Berthe
Morizot, gesessen hatte, ward im Salon 1869 aus-
gestellt, und im Salon von 1870 sah man das Por-
trät von Fräulein Eva Gonzales. In den Jahren
1808, 69 und 70 begleitete mich Manet manch-
mal in das Cafe de Londres, an der Ecke der Rue
Duphot. Dort lernte er Gambetta kennen. In
dieser Zeit besuchte er auch mit vielem Vergnügen
die Vorträge in der Rue de la Paix, die Lissagaray
arrangiert hatte. Eines Abends hatte Alfred Assolant
einen Vortrag über Paul Louis Courier gehalten.
Als wir mit Ferry und Delprat ins Cafe de Londres
zurückkamen, zeichnete Manet auf die Marmor-
platte unseres Tisches das Porträt Assolants. Der
Kellner wischte mit seiner Serviette diese Zeich-
nung ab, die trotzdem noch einige Tage sichtbar
blieb, da sie mit dem lithographischen Stift gemacht
war. Eines morgens skizzierte er im Cafe Caron,
Rue des Saint-Peres, in derselben Art, doch diesmal
nach der Natur, Littre, der neben uns frühstückte,
und eine Zeitlang sorgte der Besitzer des Cafes für
die Erhaltung dieser Skizze. Fortsetzung folgt.

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EDOUARD MANET, DER STRAND VON BOULOGNE

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