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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 11.1913

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Heft 4
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Roessler, A.: Rudolf von Alt: Gedächtnisaustausch der Wiener Sezession
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https://doi.org/10.11588/diglit.4713#0227

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R. VON ALT, RATHAUS IN NÜRNBERG

R. VON ALT, ST. LORENZKIRCHE IN NÜRNBERG

AUSGESTELLT IN DER WIENER SEZESSION

Zeit nämlich da viele der Alt-Bilder entstanden, be-
sonders in Österreich von den Malern, Waldmüller aus-
genommen, ihter Bedeutung nach noch nicht erkannt.
Für derlei „Naturalismus" hatten die „romantisch" Ge-
sinnten kein Organ; ihre Nerven nahmen die Romantik
der atmosphärischen Schauspiele gar nicht wahr, oder
wenn schon, doch nur in der physischen Form des Ge-
fühls von Unbehagen. Alt dagegen war nicht nur ein
Freund des Wetters, sondern auch des Unwetters. Wenn
sich Luftdramen abspielten, Wolken sich ballten, Blitze
zuckten und Donner krachten, riss er zum Schrecken
seiner Frau gewiss die Stubenfenster auf, um den Vor-
gängen draussen trunkenen Blickes folgen zu können.
Wie sollte, wie konnte Alt bei dieser Leidenschaft eine
Sonnenfinsternis ungemalt vorübergehen lassen? Ein
Phänomen, wie es die Wiener am 8. Juli 1842 er-
schauernd sahen. Unmöglich. Alt machte sich also auf,
ging vor die Stadt hinaus auf die Türkenschanze und
malte dort die seltene Naturerscheinung. Was er in jener
Stunde mit Turnerscher Farbengewalt malte, ist gleich-
falls in der Sezession zu sehen. Und sonst noch man-
cherlei, was kurios, was interessant, was schön, sehr
schön ist.

Unbekümmert um künstlerische Prinzipienfragen,
Experimente und Theorien, kehrte sich Rudolf Alt
zeitlebens nicht daran, wenn irgendwo eine „sittliche
Forderung" in künstlerischen Dingen ausgerufen wurde,
sondern hielt sein Wesen und seine Kunst unbeeinflusst
und unbelastet frei, gern willig Untertan allein seinem
starken und unermüdlichenSchaffenstrieb. Er ging seinen
selbstgewählten Weg und wehrte jede dreinredende
Begleitung ab. Unbeirrt von Erwägungen und Zweifeln,
durchaus unproblematischer Artung, malte er stets ohne
zu zaudern, zu wanken, was ihm gefiel, mochte es
auch dem jeweilig herrschenden Modegeschmack nicht
entsprechen. Nichts galt ihm als zu gering, vielmehr
schien alles, was auf dieser Erde steht und geht, nur
vorhanden zu sein, um von ihm gezeichnet und ge-
malt zu werden. Betreffs der Stoffwahl zeigt sich sein
Interesse als geradezu unbegrenzt. Es kam aus seiner
grossen Zärtlichkeit für das kleinste und unscheinbarste
Ding.

WIEN
Dritte Ausstellung der österreichischen Frauensezession.
Im Jahre 1909 gegründet, trat die Vereinigung bildender

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