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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 11.1913

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Heft 5
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Pauli, Gustav: Lovis Corinth
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https://doi.org/10.11588/diglit.4713#0263

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LOVIS CORINTH, BADKANSTALT

— Nicht alle mögen dem lauten Rufe folgen,
aber viele bannt er in seine Nähe und wer sich
an ihm satt gesehen hat, wird die Bilder der
Andern in der Nachbarschaft leicht als schal und
zahm empfinden. Am sichersten gewinnt Corinth,
wie alle Impressionisten, wenn er sich schlechthin
mit einem Naturerlebnis auseinandersetzt. Berühmt
sind seine Aktstudien; doch wird zu Unrecht gar
manches nur als Studie geachtet, was in Wahrheit
das reife Gebilde der ordnenden und bauenden
Phantasie ist. Solcher Art sind die schönsten Ge-
mälde Corinths. Es ist bezeichnend, dass unter
ihnen seine Selbstbildnisse einen hohen Rang ein-
nehmen, zumal jenes prachtvolle der letzten Jahre,
das ihn phantastisch staffiert im Harnisch als
Bannerträger zeigt. Denn Corinth ist keiner von
denen, die hinter ihrem Werk verschwinden; gern
tritt er vor, als wollte er sagen: „Seht, so bin ich!

So freue ich mich! Freut euch mit mir!" - - Wer
mag sich da verstockt abwenden, zumal er spürt,
dass der Rufer ein guter Kamerad ist, der hinter
der rauhen Geberde ein zartes Gefühl versteckt.
So hört man ihm auch gerne zu, wenn er mit
gutmütiger Breite von dem jungen Stiemer plau-
dert und von seinen kleinen Erlebnissen daheim
an der kalten Wasserkante, in Paris und in Mün-
chen.

So lange Corinth im Malen und Reden sich
gehen lässt, ist alles in Ordnung. Es ist das gute
Recht der Künstler seines Schlages, sich gehen zu
lassen. Mit literarischen Allüren würde er uns
weniger gefallen; weniger gefallen uns auch seine
Bilder mit akademischen Allüren. Und es giebt
deren! Sie haben in all ihrer Fülle des Lebens
etwas kühl Kalkuliertes, weil sie den Eindruck
erwecken, als sei ihre Komposition nicht als ein

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