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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 11.1913

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Heft 5
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Hoeber, Fritz: Die neuen Bauten von Peter Behrens für die AEG
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https://doi.org/10.11588/diglit.4713#0275

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werkbauten aus dünnen, jeglicher Plastik entbehren- allein, was er zur sinnvollen Gestaltung der Ma-
den Backsteinwänden, auf denen das Fachwerk der schinen und Geräte der AEG. gethan, wie er 19 10
schmalen Eisenschienen sein chaotisches Spiel treibt, auf der Berliner Zement-, Beton- und Kalkindustrie-
Und ausserdem unterscheidet sich dieses flächen- ausstellung mit seinem richtigen Gefühl für die
ästhetisch sinnlose Spinnweb des Fachwerks, wie ge- Elementarwirkungen aller Baukunst den bisher ver-
sagt, im Relief durchaus nicht von den Backsteinfül- achteten „Surrogat"-StofFen des Kunststeins und des
lungen, ignoriert also die primitivste Forderung einer Zements ihre moderne architektonische Bedeu-
tektonischen Unterscheidung von konstruktiven tung einräumte. So tritt dann die künstlerische
Stützgliedern und bloss schliessendem Füllmaterial. Organisation eines zuerst schier aussichtslos erschei-
Ordnung, Plastik, funktionelle Unterscheidung nenden Problems wie des industriellen Fachwerk-
waren also die grundlegenden Postulate, aus dem baus als eine in Behrens' Kunstwillen ganz konse-
roh utilitarischen Chaos des technischen Eisenfach- quent vorbereitete, neue Architekturthat jenen
werks die höhere Einheit klar bewusster Baukunst früheren ebenbürtig an die Seite. Dazu befähigte
zu gestalten: die kraftvoll vortretenden Vertikal- ihn seine strenge stereometrische Schulung, die er
Ständer der Binderwirken als stützende Dominanten, während der Düsseldorfer Jahre durchgemacht
genau wie die analogen Pfeiler an Behrens' Tur- hatte, und die sich in Werken wie der Oldenburger
binenhalle der AEG. von 1009. Die dazwischen lie- Kunstausstellung von 1905, dem Vortragssaal im
genden Fensterpaare mit ihrer Wandumrahmung sind Museum Folkwang in Hagen von 1905, dem Hause
deutlich als Füllung charakterisiert. Der niedrigere Obenauer von 1 905 auf 1906, der Dresdener Aus-
Sockel, die hohe vorkragende Oberwand gewäh- Stellung von 1 906, dem Entwurf für eine protestan-
tische Kirche von
1906 und auch

ren der ganzen Fach-
werkfassade das er-
forderliche Relief
und verstärken

überdies durch ihre
horizontalen Ab-
sätze die schon in
der Reihung der
Pfeiler angestrebte
Wirkung der auf
einen fernen Flucht-
punkt hinlaufenden
Strassenperspekti-
ven. Es erscheint
als das persönliche
Verdienst von Peter
Behrens, neuen
Materialien, Tech-
niken, Gegenstän-
den die Fähigkeit
zur Architektur, das
heisst zur raum-
künstlerischen
Form, verliehen zu
haben, die sie vor
ihm nicht hatten,
deshalb in einer
ästhetischen Min-
derwertigkeit le-
bend : Man bedenke

PETER BEHRENS, MONTAGEHALLE DER AEG. INNENANSICHT

noch in dem be-
rühmten Kremato-
rium in Hagen
von 1907 verwirk-
licht. Aber die Ber-
liner Periode von
Peter Behrens berei-
chertdiese abstrakte
Proportionsschön-
heit mit einem le-
bensvollen Inhalt,
bezieht die cha-
rakteristischen Im-
pressionen der ma-
teriellen, techni-
schen, sachlichen
Gegebenheiten mit

schöpferischer
Phantasie in die Ge-
staltung der Form
ein und weitet so
das künstlerische
Volumen über das
gesamte moderne
Leben und die
mannigfaltig reg-
same Wirklichkeit
aus. —

^1

Stin

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