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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 11.1913

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Heft 8
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Roessler, Arthur: Die Neuerwerbungen der kaiserlichen Gemäldegalerie in Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.4713#0435

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FRANCESCO GUARDI, ARSENAL IN VENEDIG

Bericht erhebt nicht den Anspruch auf Wertung als
selbständiges Forschungsergebnis, will vielmehr For-
schern und Kunstfreunden nur bescheiden als Hin-
weis dienen und stützt sich bei den Zuschreibungen
und wissenschaftlichen Angaben auf Mitteilungen der
Direktion.

Von den 17 neuerworbenen Bildern seien an dieser
Stelle die sieben kunstgeschichtlich und ästhetisch be-
deutendsten näher betrachtet und wiedergegeben.

An erster Stelle, nicht nur der chronologischen Rei-
henfolge halber, steht „Die Madonna von Uttenheim",
ein Tafelbild in Tempera auf Holz, 158: 1 50 cm. (Abb.
S. 430). Ursprünglich auf einem Altar der Pfarrkirche des
Dorfes Uttenheim im Tauferertal, nachher in der be-
kannten Vintler'schen Sammlung in Brunneck befindlich,
wurde es aus dieser für das Hofmuseum gekauft. Das
völlig unversehrt erhaltene Gemälde wurde von frühe-
ren Forschern als ein Jugendwerk Michael Pachers be-
zeichnet, wogegen es heute richtiger seinem engsten
Kreise zugeschrieben wird. Jedenfalls darf man es ein
Hauptwerk der tirolischen Schule vom Ausgang des fünf-
zehnten Jahrhunderts nennen. Es ist durch steingrau ge-
malte gotische Strebepfeiler- und Maasswerkarchitektur
in drei Felder geteilt. Das Mittelbild zeigt die thronende
Madonna mit dem Kind. Ihr Gewand ist rot, ihr Mantel
blau; das Kind ist in ein helles schleierartiges Gespinst
gehüllt. Den Hintergrund bildet roter, golddurchwirkter
Brokat, von zwei weissgekleideten Engeln gehalten. Im
linken Feld steht die hl. Margareta, grüngewandet mit
weisser, rotgestreifter Haube, im rechten Feld die hl.

Barbara in braunviolettem Kleid mit grünem Mantel.
Den Hintergrund bilden goldene Flächen mit einge-
pressten Ornamenten Der Fussboden ist aus grünen
und rotvioletten Platten gefügt. Der farbige Zusammen-
hang der Seitenteile mit dem Mittelbild erscheint durch
die Flügel der Engel gewahrt; die Flügel des linken
Engels sind in Harmonie mit dem roten Mantel der hl.
Margareta rot, die des rechten Engels in Überein-
stimmung mit dem grünen Mantel der hl. Barbara grün.
Die farbige Gesamtwirkung ist hell und leuchtend ohne
bunt zu sein.

Bei der Reinigung des Bildes kam auf dessen Rück-
seite eine der Forschung bislang unbekannt gewesene
Darstellung des Schmerzensmannes auf Rankengrund
zum Vorschein, die durch die künstlerisch hohe Durch-
bildung der menschlichen Leibesform überaus inter-
essant ist.

Dem gleichen Schulkreis entstammt (hier nicht ab-
gebildet) eine „Heilige Dreifaltigkeit mit den hl. Mar-
cus und Antonius", eine Olfarbenmalerei auf Holz,
175:150 cm. Ihre ursprüngliche Provenienz ist un-
bekannt, erworben wurde das Gemälde aus der Samm-
lung Pacully in Nizza. Es ist weniger gut erhalten als
das vorerwähnte, soll jedoch der Werkstatt Michael
Pachers noch näher stehen. Es ist von italienischer
Weise stärker beeinflusst und gehört, nach Dr. Glücks
Urteil, zu einer Gruppe von Werken, die vielfach dem
Bruder Michaels, dem Friedrich Pacher, zugeschrieben
werden. Nach der vollzogenen, nötigen Reinigung und
Restaurierung wird man darüber mit grösserer Sicher-

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