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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 11.1913

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Heft 9
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Waldmann, Emil: Die Sammlung Reber
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https://doi.org/10.11588/diglit.4713#0451

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EDOUARD MANET, ZEICHNUNG

zwischen Gauguin und Cezanne, ein veneziani-
sches Porträt und der Meister von Messkirch un-
mittelbar neben van Gogh und Manet. — Die
beiden Pole, nach denen die französische Malerei
des neunzehnten Jahrhunderts in dieser Sammlung
orientiert ist, heissen Manet und Cezanne. Ausser
ihnen ist kaum ein halbes Dutzend Maler vertreten,
und es ist begreiflich, dass man aus diesen Werken
keine Entwicklungsgeschichte der modernen Kunst
herauskonstruieren kann, wenn man auch noch so
gewaltsame Verrenkungen macht. Was die ein-
zelnen Werke miteinander verbindet und ihnen
eine Art geistiger Verwandtschaft verleiht; das ist,
neben der guten Malerei und der Stärke ihres
malerischen und koloristischen Ausdrucks eben der
Glanz ihrer Jugend. Ein kleiner Corot ist da, eine
Waldlandschaft aus der Auvergne. Aber nicht der
Corot der silbrigen Nebelstimmungen und der
zarten Poesie, wo Nymphen unter den schönen
Pappeln und Weiden der Isle de France den be-
kannten und fast allzusehr geliebten Reigen tanzen,

sondern eines jener etwas herberen, unpoeti-
scheren Bilder, klar, mit feiner Luft, der
zarten durchsichtigen Luft, wie man sie
manchmal im Süden hat, wo sich alle Dinge
leicht und mühelos in der Morgenfrische
ordnen. Das kleine Werk mag in der zwei-
ten Hälfte der dreissiger Jahre entstanden
sein, vielleicht bald nach dem zweiten ita-
lienischen Aufenthalt. Es sind Dinge darin,
die der alte Koch, der sonst so grimmig auf
die Franzosen von Tivoli war, sicher ge-
schätzt hätte: Solide Struktur bei aller
Schönheit des malerischen Gesamttons,
Potter, ohne Härten. — Einer von den drei
Courbets, das Strandbild von Etretat aus
dem Jahre 1867, das mit den beiden Apo-
thekerkindern vorn, steht diesem Corot nahe.
Die beiden Meister haben sich oft berührt,
oft sehr nah und manchmal bewusst. Hier
ist es nur die Art des Fühlens, die Frische
der Empfindung vor der Natur, was die
beiden verbindet. Dieser Courbet ist etwas
ungewöhnlich, er hat nicht die wilde Maje-
stät des anderen, der romantischen Land-
schaft mit den blauen Gletschern, er ist dis-
kreter und distanzierter. Ein etwas schwie-
riges Bild. Aber wenn man es wiederholt
betrachtet, giebt es einem immer mehr von
seiner lebendigen, unbekümmerten, van de
Velde-mässigen Frische, und am Ende kommt
man dahin, ihm zuliebe im Notfall selbst die
schönen blauen Schneeberge preiszugeben.

Nun kommt Manet. Er tritt als Porträtist,
als Landschafter, als Figurenmaler und Stilleben-
maler auf, man kann ihn hier einigermaassen
kennen lernen. Sein kleines Stilleben mit Pfir-
sichen, Mandeln und Trauben, das zweimal signiert
ist (beide Male echt), giebt schon den ganzen
feinen, noch dunklen Reichtum seiner Palette. Wie
lebendig es ist, sieht auch der Laie schnell, wenn
er einen Blick hinüberwirft zu Courbets grösserem
Stilleben mit den Äpfeln und Granatfrüchten auf
dem weissen Tuch. Courbet wirkt hier wie ein
alter Meister, etwa wie Aelbert Cuyp, so sehr, dass
er sogar seinen kühlen Ton vermissen lässt. Manet
ist unendlich viel reicher an koloristischen Bezieh-
ungen, sprühender im Licht, und deshalb, trotz
dunkler Palette, heller und lichtvoller.

Oft war Manet unnahbar, aber wohl nie so
sehr wie in dem Ende der siebziger Jahre ent-
standenen Bildnis seines Jugendfreundes Antonin

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