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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 21.1923

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Heft 2
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4655#0076

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MAX SLEVOGT, GEIGER. RADIERUNG

AUSGESTELLT IN DER GALERIE ARNOLD, DRESDEN

NATIONAL WERTVOLLE KUNSTWERKE
P\er Verordnung vom Ii. Dezember 1919 über die Aus-
J—■'fuhr von Kunstwerken ist nun ein Verzeichnis der
Werke gefolgt, deren Verkauf ins Ausland das Reichsmini-
sterium des Innern untersagt, weil es ein „wesentlicher
Verlust für den nationalen Kunstbesitz" sein würde.

Auch in dem der alten Kunst gewidmeten Teil ist dieses
Verzeichnis willkürlich, zufällig und sogar irreführend fehler-
haft. Soweit es sich aber um Werke der neueren Kunst han-
delt, wirkt dieses Ergebnis dreijähriger Arbeit streckenweis wie
ein Witz. Die ganze Arbeit hätte, wenn die Landeszentral-

behörden sie auf Veranlassung des
Reichsministeriums einer einzigen
gut orientierten, urteilsfähigen Per-
sönlichkeit anvertraut hätten, in vier-
undzwanzig Stunden, bei einigen
Nachfragen in zwei Wochen zur Zu-
friedenheit aller Kunstfreunde erle-
digt sein können. Was jetzt geleistet
worden ist, schadet wieder einmal
ohne Not dem Ansehen der repu-
blikanischen Regierung.

Von Fritz Bamberger sind sieben
Landschaften genannt. Wer ist Fritz
Bamberger? Ich glaube ein Reise-
maler aus der Rottmannschule. We-
der Gurlitt und Lüpcke, noch Springer
nennen ihn im Register ihrer Kunst-
geschichten. Dasselbe gilt von Edu-
ard Gerhard (fünf Bilder) und von
Leopold Bode (drei Bilder). Wir
in „Kunst und Künstler" haben von
beiden nicht die entfernteste Vor-
stellung. Dem Reichsministerium
aber scheint es ein „wesentlicher
Verlust für den nationalen Kunst
besitz", wenn Leopold Bodes „Sage
von Pipin und Berta oder von der
Geburt Karls des Großen" ins Aus-
land „verbracht" werden sollte.

Hübsch sind ein paar Vergleiche.
Schwind ist mit 37 Bildern vertreten,
Böcklin mit 18, Feuerbach mit 16,
Lenbach mit 29 (darunter sogar Ko-
pien); gar nicht aufgeführt aber sind
Trübner, Schuch und Liebermann.
Deren Werke werden also dem wert-
vollen Kunstbesitz nicht zugezählt.

Im Ministerium wird man ein-
wenden: wir mußten die Schack-
galerie als Ganzes aufnehmen; und
wir mußten auf Werke lebender
Künstler (Liebermann) verzichten.
Daraufwäre dann zu fragen: warum
mußte man?

Aus der Fülle herrlicher Bilder
von Corot, die sich in deutschem
Privatbesitz befinden, sind willkür-
lich drei herausgegriffen. Von Cour-
bet nennt das Verzeichnis ein Bild, von Cezanne nennt es
vier Bilder, von Daubigny drei, von Daumier drei (davon
zwei in derselben Sammlung), von Manet drei, von Dela-
croix und Renoir je ein Bild. Daneben ist ein Bild von
Bastien-Lepage aufgenommen.

Und welch ein Werk der Gerechtigkeit das Verzeichnis
ist! Einer Sammlerin in der Mark ist der Verkauf von
nicht weniger als sechs Bildern verboten worden. Dagegen
sind andre Sammlungen, die größere Schätze enthalten, nicht
einmal aufgeführt. Das Vorhandensein dieser Sammlungen
ist dem Reichsamt wahrscheinlich nicht bekannt geworden.
 
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