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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 21.1923

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Heft 9
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Glück, Heinrich: Die christliche Kunst des Ostens
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Auktionsnachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.4655#0281

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dem islamischen Osten auf abendländischem Boden
Geltung gewann. Aber auch nach dem Norden hin
übernahm Byzanz eine neue Aufgabe. Wie im
Westen die staatliche Konsolidierung der nörd-
lichen Völker dem Christentum Neuland bereitete,
so hier die der Slaven. Wie dort die römische
Kirche zur Trägerin der Zivilisation wird, so hier
die orthodoxe. Damit hat aber hier wie dort das

Christentum seine Aufgabe gewechselt: in früh-
christlicher Zeit war es der Träger einer neuen,
der jugendlichen Geistigkeit östlicher Völker ent-
springenden Weltanschauung, die an die Stelle
einer alten Machtzivilisation trat, mit dem Mittel-
alter aber wurde das Christentum selbst die Macht,
die eine neue Völkerjugend mit alten Kulturgütern
versorgte.

KOPTISCHES STEINRELIEF, 4.-5. JAHRH. KAIRO, ÄGYPTISCHES MUSEUM

UKTI ON S

VERSTEIGERUNGEN OSTASIA-
TISCHER KUNST IN WIEN UND
BERLIN

Weder die WienerVersteigerung
(bei Glückselig und Wärndorfer

am 24. April), noch die Berliner (bei Lepke am 9. und
10. Mai) fanden den Zulauf, den man erwartete, jene,
da in Wien der Interessentenkreis für chinesische Früh-
keramik, die zum ersten Male bei einer deutschen Ver-
steigerung im Mittelpunkt stand, noch nicht groß, das an-
gebotene Material allerdings auch nicht überzeugend genug
war, diese, da chinesische Kunst, die große Mode des Tages,
nur nebenbei, in der Hauptsache japanisches Gerät, wie
Lacke, Teekeramik und Schwertschmuck zum Verkauf ge-
stellt wurde. In Wien erzielte denn in der Tat typisches
chinesisches Prunkporzellan, moderne japanische Exportware
und merkwürdigerweise buntes siamesisches Porzellan die
höchsten Gebote. Ausnahmen bildeten nur die wohl chine-
sische Teeschale des sehr begehrten Temmoku-Typs (Ch'ien-
Yao) und eine kleine Vase mit zarter pfirsichblütenfarbener
(peachbloom) Glasur, in ihren guten Beispielen seit je die
Sehnsucht aller Sammler und mit Gold aufgewogen, die
immerhin 8 und 4,3 Millionen Kronen einbrachten. Die
Berliner Preise zeigten, daß. der kleine Kreis der alten

NACH RICHTEN

Sammler japanischen Gerätes sich nicht durch die China-
Mode beirren ließ. Lacke und Teetöpfereien erzielten meist
weit über den Friedensstand hinausgehende Summen, was
bekanntlich auf dem Antiquitätenmarkt äußerst selten ist.
Es gab darunter allerdings Stücke, wie sie in dieser Güte
nur selten in den Handel kommen. Für winzige Räucher-
werkdosen in feinster Lackarbeit wurden bis 1,4 Millionen
Mark erlegt, nicht viel weniger für Inro. Das teuerste Tee-
gerät war wieder ein schönes Temmoku, das mit über
3,5 Millionen einen Käufer fand, und eine winzige, nur
5 ,3 cm hohe Goroshichi-Teeurne, die die ansehnliche Summe
von 1,45 Millionen erzielte. Unter dem Schwertschmuck
waren, wie immer, die am reichsten dekorierten Stücke die
begehrtesten. Sie wurden im Durchschnitt für 100000 Mk.
zugeschlagen. Neben dem Gerät fanden die Skulpturen das
größte Interesse, obwohl es sich meist um jüngere Arbeiten
handelte. Von dem chinesischen Material seien nur die
beiden reizvollen Frauenbilder auf Seide aus dem 17. Jahr-
hundert erwähnt, die mit 2,5 und 3,1 Millionen annehm-
bare Preise erzielten. Der Gesamterlös betrug in Wien etwa
250 Millionen Kronen, in Berlin an 150 Millionen Mark. In
Berlin ging es um Stücke der Abteilung für ostasiatische
Kunst an den staatlichen Museen, die auf diese Weise ihre
endliche Eröffnung beschleunigen will und hoffentlich auch
zu beschleunigen imstande ist. William Cohn.

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