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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 21.1923

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Heft 1
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Foerster, C. F.: Die Jubiläums-Ausstellung des Kaiser-Friedrich-Museum-Vereins
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https://doi.org/10.11588/diglit.4655#0046

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Paulus und Giovanni da Bolognas Raub der Dejanira. An
den Wänden hingen drei Madonnenkompositionen Dona-
tellos, darunter die kleine Tonskizze zu seinem Marmor-
relief der Madonna mit fünf Engeln im Musee Andre, ferner
Luca della Robbias Madonna mit dem Apfel und einige
treffliche dekorative Skulpturen aus der Sammlung A. v.
Beckerath. Auch von den Bronzen, die dieser ausgezeich-
nete Kenner zusammengebracht hat, ist ein Teil, und zwar
nur die allerbesten Stücke, Eigentum des Vereins geworden.
Sie bilden den Hauptbestand seines reichen Besitzes an
Kleinbronzen vorwiegend paduanischer und venetianischer
Meister, neben deren Arbeiten in der Ausstellung noch eine
Reihe erlesener Stücke von Giovanni da Bologna auf-
fielen.

N E U E B

Maurice Denis, Du Symbolisme et de Gauguin
vers un nouvel ordre classique 1890 —1910. — Nou-
velles theories sur l'art moderne et sur l'art sacre
1914 1921. Paiis, L. Rouart et J. Watelin, 1921.

Kunst und Theorie sind zweierlei. Hans von Marees und
Paul Cezanne sind 1 icht große Maler, weil sie eine Theorie
bestitigen, sondern durch die Qualität ihrer Leistung Für
sie hat Penis in Studien über Pissarro. Cross, Cezanne starken
Instinkt bewiesen. Seine Paraphrasen der Kunst dieser Meister
zeugen von seinem Einfühlungsvermögen, starker Sinnfällig-
keit und suggestiver Sprachbehandlung Aber in dieser Be-
ziehui g stehen ihm andere Schriftsteller nicht nach Uber
raschender. einzigartig erscheint Denis als Theoretiker. Die
Theorie zieht weniger die Güte der einzelnen Werke als
die Zeitströmung in Betracht. In der Einschätzung des all-
gemeinen Geschmacks um die Jahrhundertwende hat niemand
so sicher und klar geurteilt wie Denis; keiner hat eine so
erstaunliche Sehergabe für die kommenden Dinge entwickelt
wie er. Man könnte die Betrachtungen: Les eleves d'Ingres,
Aristide Maillol, de Gauguin et de van Gogh au classicisme
rückwärtsblickend nicht anders schreiben. Bezeichnend ist,
notwendig war, daß Denis in diesen Aufsätzen von der allge-
meinen Zeitstimmung ausging, daß er die breiten Wirkungen
der moralischen Krise des Dreyfus- Prozesses mit in seine
Rechnung stellte. Lehrreich in dieser Beziehung ist die 1905
geschriebene Studie: La reaction nationaliste, in der die Poli-
tisierung der Künstlerkreise und die Entstehung des Neu-
traditionalismus und des Neuklassizismus beleuchtet wird. Der
Aufsatz verdiente übersetzt zu werden. Er gäbe im revolutio-
nären Deutschland viel zu denken.

Es war ein glückliches Zusammentreffen, daß die Aus-
stellung in der Zeit stattfand, in die das fünfzigjährige Amts-
jubiläum Wilhelm von Bodes fiel. Was sie vor Augen
führte, ist nichts andres als ein kleiner Ausschnitt aus dem
Lebenswerk dieses Mannes, dem die Berliner Museen ihre
heutige Gestalt und Bedeutung verdanken. Der Kaiser-
Friedrich-Museums-Verein ist seine eigenste Schöpfung, und
sein Verdienst, die Kräfte opferwilliger Kunstfreunde in ihm
zusammengefaßt und in die rechten Bahnen zur Erreichung
seiner hohen Ziele gelenkt zu haben, ist um so größer, als
er damit eine Organisation geschaffen hat, die gerade unter
der Ungunst der gegenwärtigen Zeitläufte für die Pflege
und Weiterentwicklung des Museums von unschätzbarem
Nutzen sein kann.

Ü C H E R

Während der erste Band der gesammelten Schriften von
Maurice Denis kunstkritisch und kunstpolitisch wertvoll,
ich möchte sogar sagen, ein unentbehrlicher Beitrag zur
Kunstgeschichte des neueren Frankreichs ist, enttäuscht der
zweite Band. Gewiß finden sich auch in ihm noch einige
schöne Arbeiten über Cdzanne und den Barock und über
Renoir; aber wer in der Jugend schon stark ist im Theore-
tisieren, wird im Alter leicht doktrinär. Zwei Drittel des Buches
sind von einem heftigen, streitsüchtigen Doktrinarismus er-
füllt, von dem Kampf um das „renouvellement de l'art sacr£".
Theoretisch kann man Puvis. Gauguin, Georges Desvallieres
und Luc Olivier Merson ebenso auf eine Linie stellen wie
Raffael und Thumann, aber wenn man nicht religiöse Kunst
um jeden Preis fordert, wenn das Theoretisieren nicht das
Qualitätsgefühl erstickt hat, dann muß man den Wahnsinn
dieser Methode erkennen. Nach der Lektüre des zweiten
Bandes erscheint die Gleichsetzung des deutschen Beuron mit
Pont-Aven und dem ,,ägyptischen Präraffaelismus'' im ersten
Band in anderem Licht. Auch das ist Politik! Infolgedessen
weise ich zum Schluß noch einmal auf den wichtigen Auf-
satz „La reaction nationaliste" hin. Möge der Himmel uns
davor bewahren, daß „unsere moralische Krisis" auch zu
einer Politisierung der Künstlerschaft und der Kunstkritik
führt. Ansätze dazu sind vorhanden. Nebenbei bemerkt,
der französische Apologetiker der christlichen Ideen schreibt
in seinen Aufsätzen von 1921 noch unentwegt von den
„boches", auch das ist Politik und nichts anderes; jedenfalls
kein ritterlicher Dank für oft gewährte Gastfreundschaft in
Deutschland.

Otto Grautoff.

LISTE EINGEGANGENER BÜCHER

Karl Scheffler: Max Liebermann. Vierte Auflage.
Verlag R. Piper & Co., München
Die Kunst des Ostens:

Band 5: Friedrich Sarre, die Kunst des alten Persien.
Band 6: Ernst Grosse, das ostasiatische Tuschbild.
Band 7: Ernst Kühnel, Miniaturmalerei im Islami-
schen Orient.
Sämtliche bei Bruno Cassierer, Berlin.

Peter Paul Rubens von Rudolf Oldenbourg.
Herausgegeben von Wilhelm von Bode. Verlag R. Olden-
bourg, Berlin

Hans Brühlmann, sein Leben und Schaffen von Hans
Hildebrandt. Verlag Feldwyla, Bern.

Das Tier in der Religon, von Ernst Fuhrmann.
Verlag Georg Müller, München.

EINUNDZWANZIGSTER JAHRGANG, ERSTES HEFT. REDAKTIONSSCHLUSS AM 12. SEPTEMBER. AUSGABE AM 1. OKTOBER
NEUNZEHNHUNDERTZWEIUNDZWANZIG. REDAKTION: KARL SCHEFFLER, BERLIN; VERLAG VON BRUNO CASSIRER, BERLIN
__ GEDRUCKT IN DER OFFIZIN VON FR. RICHTER, G.M.B.H., LEIPZIG
 
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