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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 21.1923

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Heft 10
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https://doi.org/10.11588/diglit.4655#0315

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Gotische Holzschnitte. Ausgewählt und eingeleitet
von Curt Glaser. Im Propyläen-Verlag in Berlin.

Die von den Kunsthistorikern gesammelten und geord-
neten Schöpfungen älterer Kunstübung werden unermüd-
lich den „weiteren Kreisen" zugänglich gemacht, deren leib-
haftige Vertreter selten jemand zu sehen bekommt. Dabei
wird örtlich und zeitlich weit ausgegriften, mit Vorliebe in
frühe Perioden und in entlegene Gebiete, und gewöhnlich
die Absicht angekündigt, aus der Fülle der Monumente das
jenseits gelehrten Interesses Bedeutende auszuwählen, was
schwer und in gewissem Sinne sogar unmöglich ist, weil
sich im Forscher der Kunstgenuß mit der höheren Neugier
unlöslich miteinander verbunden haben.

Der vorliegende Band macht den Versuch, eine Aus-
wahl zu treffen aus dem reichen Bestand an Holzschnitten,
die zwischen 1380 und 1460 entstanden sind, also in der
Jugendzeit der ältesten Bilddruckgattung. Der Titel nennt
diese Blätter „gotisch", in etwas unüblicher Art. Gewöhn-
lich werden sie als „alte deutsche" oder „altdeutsche" Holz-
schnitte aufgeführt. Dieser Bezeichnung wich der Heraus-
geber aus, weil er nicht in Bezug auf das Ursprungsland
aller publizierten Stücke Sicherheit erlangt hatte. Nieder-
ländische Arbeiten sind ohne jeden Zweifel dabei und als
solche auch hier katalogisiert; sie könnten unter „deutsch"
— im weiteren Sinne — rubriziert werden. Aber: vielleicht
sind auch französische darunter. Nun fällt ja die Zeit-
spanne in die Dauer des gotischen Baustils, aber umreißend
ist der ungewöhnliche Titel insofern nicht, als es vor 1380
Gotik und nach 1460 Gotik und auch Holzschnitte gab.

Die eine Grenze ist durch das Einsetzen der Technik
gesetzt. Der Herausgeber hat sich besondere Mühe ge-
geben, die Erstlinge zu zeigen, und nicht nur aus jener
Forscherbegier, die zu den Quellen vordringt, sondern auch
mit berechtigtem Vorurteil, daß den frühesten Produkten
Originalität und Stileinheitlichkeit im besonders hohem Grad
eigen seien. Die andere Zeitgrenze aber ist dadurch gesetzt, daß
um 1460, als der Holzschnitt in das gedruckte Buch ein-
zog, die Blüte des Einzelblattes zu Ende ging. Es dauert
nicht lange und die Maler wurden zur Buchillustration
herangezogen und sie zeichneten die Holzschnitte. Damit
lockerten sich die festen Formen der Kunstgattung, und mit
der Eigengesetzlichkeit des Stils war es vorbei.

In der ersten Periode des Holzschnitts, die Glaser scharf
umschreibt, fiel die Aufgabe, Bilder von Holzformen zu
drucken, einem Gewerke zu, das sich ausschließlich damit
beschäftigte. Das Schneiden war die wesentliche, den Stil
bestimmende Arbeit, die Zeichnung Mittel zum Zweck und
Vorarbeit. Später dagegen ist die Zeichnung das Primäre,
und dem Holzschneider fällt die subalterne Leistung zu, sie
möglichst rein herauszubringen. Der Holzschneider ist zu-
erst der Herr, später der Diener. Die frühesten Holzschnitte
sind sozusagen mit dem Messer konzipiert.

Ohne jeden Zweifel regt sich in unseren Tagen der Wunsch,
dem[Holzschnitt jenen höchsten Grad von Autonomie wieder-
zugeben, den er in seiner Jugend besaß. Einige Maler
schneiden heutzutage in Holz, was die Maler Jahrhunderte

lang nicht mehr getan haben. Erfreulicherweise verzichtet
Glaser auf billige Aktualität und vermeidet es, Wahlver-
wandtschaft zu begrüßen zwischen den primitiven Werken
und „expressionistischen" Anstrengungen. Sein Text bleibt
sachlich, belehrend, ist wissenschaftlich sicher fundiert und
teilt die Ergebnisse der Forschung mit, ohne die Lücken
der Erkenntnis zu überkleiden.

Die Herausholung des „Besten" ist in diesem Falle be-
sonders schwierig. Wer in Gemäldegalerien auswählt, hat
es mit einem doch schon gesiebten Material zu tun, wäh-
rend jeder, aber auch jeder Uberrest vom alten Formschnitt
für ehrwürdig gilt und in Kupferstichkabinetten aufbewahrt
wird. Diese Dinge werden nicht dem Kunstwert nach ge-
sammelt, geordnet und wissenschaftlich verzeichnet, son-
dern als historische Zeugnisse.

GEORG KOLBE, WEIBLICHE FIGUR

AUSGESTELLT IM KUNSTSALON LUTZ & CO , BERLIN

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