ANDRE DERAIN, TORSO. ZEICHNUNG. 1919
MIT ERLAUBNIS DER GALERIE A. FLECIITHEIM, BERLIN
CHRONIK
EINE AUSSTELLUNG DEUTSCHER KUNST
Die Marees-Gesellschaft hat der Redaktion zum Jahres-
wechsel eine Schrift überreicht, die für die deutschen
Kultusministerien und für die Leiter der öffentlichen Samm-
lungen bestimmt ist. Sie trägt den Titel: „Der Beitrag
Deutschlands zur Kunst Europas. Eine Ausstellung" und
enthält einen dreifach geteilten Aufruf von Julius Meier-
Graefe. Im ersten Teil stehen Betrachtungen über die
deutsche Kunst, über deutsche Künstler und über ihre Rolle
innerhalb des europäischen Geisteslebens; im zweiten Teil
wird zu einer Ausstellung der besten Werke deutscher Ma-
lerei, Plastik und Zeichenkunst aufgefordert; und im dritten
Teil wird eine Liste dieser besten Kunstwerke gegeben.
Die allgemeinen Ausführungen haben eine schöne Wärme
und enthalten gute Gedanken; doch waren sie in diesem
Zusammenhang entbehrlich. Die Liste der Kunstwerke im
dritten Teil wäre besser weggeblieben. Kritik und Angriff
kann dort bequem einsetzen, weil die Liste in mancher Be-
ziehung allzu persönlich ist und Unklarheiten enthält. Der
Aufruf des zweiten Teiles wird in seiner Wirkung geschä-
digt durch eine Polemik gegen die Kunsthistoriker; er ent-
hält sonst aber einen Vorschlag, dem man zustimmen kann
und der alle Förderung verdient. Meier-Graefes Propaganda
für die Idee einer kleinen, aber essentiellen Ausstellung
deutscher Kunstwerke aus sechs Jahrhunderten (in München
und Berlin) ist nicht eben geschickt eingeleitet worden; der
Gedanke aber ist vortrefflich und sollte auf jeden Fall ver-
wirklicht werden. Es muß leider gesagt werden, daß die
Marees-Gesellschaft nicht das Mandat hat, eine solche Aus-
stellung anzuregen und sich daran zu beteiligen; ebenso
wenig zweifelhaft aber ist es, daß Meier-Graefe persön-
lich auf dieses Mandat Anspruch machen kann. Er
war die Seele der unvergessenen und unvergeßlichen Jahr-
hundertausstellung; und er hat, so leicht er auch abirrt,
MIT ERLAUBNIS DER GALERIE A. FLECIITHEIM, BERLIN
CHRONIK
EINE AUSSTELLUNG DEUTSCHER KUNST
Die Marees-Gesellschaft hat der Redaktion zum Jahres-
wechsel eine Schrift überreicht, die für die deutschen
Kultusministerien und für die Leiter der öffentlichen Samm-
lungen bestimmt ist. Sie trägt den Titel: „Der Beitrag
Deutschlands zur Kunst Europas. Eine Ausstellung" und
enthält einen dreifach geteilten Aufruf von Julius Meier-
Graefe. Im ersten Teil stehen Betrachtungen über die
deutsche Kunst, über deutsche Künstler und über ihre Rolle
innerhalb des europäischen Geisteslebens; im zweiten Teil
wird zu einer Ausstellung der besten Werke deutscher Ma-
lerei, Plastik und Zeichenkunst aufgefordert; und im dritten
Teil wird eine Liste dieser besten Kunstwerke gegeben.
Die allgemeinen Ausführungen haben eine schöne Wärme
und enthalten gute Gedanken; doch waren sie in diesem
Zusammenhang entbehrlich. Die Liste der Kunstwerke im
dritten Teil wäre besser weggeblieben. Kritik und Angriff
kann dort bequem einsetzen, weil die Liste in mancher Be-
ziehung allzu persönlich ist und Unklarheiten enthält. Der
Aufruf des zweiten Teiles wird in seiner Wirkung geschä-
digt durch eine Polemik gegen die Kunsthistoriker; er ent-
hält sonst aber einen Vorschlag, dem man zustimmen kann
und der alle Förderung verdient. Meier-Graefes Propaganda
für die Idee einer kleinen, aber essentiellen Ausstellung
deutscher Kunstwerke aus sechs Jahrhunderten (in München
und Berlin) ist nicht eben geschickt eingeleitet worden; der
Gedanke aber ist vortrefflich und sollte auf jeden Fall ver-
wirklicht werden. Es muß leider gesagt werden, daß die
Marees-Gesellschaft nicht das Mandat hat, eine solche Aus-
stellung anzuregen und sich daran zu beteiligen; ebenso
wenig zweifelhaft aber ist es, daß Meier-Graefe persön-
lich auf dieses Mandat Anspruch machen kann. Er
war die Seele der unvergessenen und unvergeßlichen Jahr-
hundertausstellung; und er hat, so leicht er auch abirrt,