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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 21.1923

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Heft 11
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Kunstschutz in Russland
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https://doi.org/10.11588/diglit.4655#0336

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MAX BECKMANN, STRAND. RADIERUNG

MIT ERLAUBNIS VON R. PIPER & CO , VERLAG, MÜNCHEN

KUNSTSCHUTZ

Im Verlag L. D. Frenkel, Berlin, ist in diesen Wochen ein
Sammelwerk,,Das heutige Rußland"erschienen. Es ist darin
ein Aufsatz des Direktors und Konservators der Tretjakow-
galerie in Moskau Professor Grabarj über den Schutz der
Kunst- und Altertumsdenkmale in Rußland enthalten, der
in einer wohltätig sachlichen Weise Auskunft über die
Arbeit des Kunstschutzes während der republikanischen
Regierung in Rußland gibt. Die Ausführungen werden
von Kennern der Verhältnisse bestätigt, und sind interessant
genug, um sie hier in einem ganz kurzen Auszug mitzuteilen.

Das vorrevolutionäre Rußland hat für den Schutz der
Kunstdenkmale wenig getan. Im Gegenteil, es ist gegen
den vorhandenen Besitz in einer blinden und pietätlosen
Weise oft gewütet worden. Was Gutes geleistet worden
ist, kommt auf das Konto einzelner kunstfreundlicher
Gouverneure oder Bischöfe, die die Macht hatten, die
Kunstdenkmale ihres Gebietes zu schützen. Die Budgets
der Museen (der Eremitage, des russischen Museums, der
Galerie Tretjakow, des historischen Museums, des Museums
Rumjanzew usw.) waren so bescheiden, daß wesentliche
Ankäufe überhaupt nicht gemacht werden konnten.

Nach der Revolution wurde bei dem Volkskommissariat

IN RUSSLAND

eine besondere Abteilung für „Museumsangelegenheiten
und für den Schutz der Kunst- und Altertumsdenkmale"
eingerichtet. Diese Abteilung besteht aus drei Gruppen:
Museen, Denkmalspflege und wissenschaftliche Forschung.
Die Aufgabe war zuerst das allerorts Bedrohte zu retten,
das Gestohlene wieder herbeizuschaffen und den Besitz der
zum Staatseigentum gewordenen Schlösser, der Kirchen
und Klöster zu sichern, zu inventarisieren und zu ordnen.
Grabarj selbst hat mit einem Stab von Helfern die Arbeit
übernommen. Es scheint, als wenn diese Tätigkeit der
Registrierung des vorhandenen Kunstbesitzes gründlich und
übersichtlich vorgenommen worden ist, so daß es einerseits
nun möglich ist, auf Grund eines Dekrets, über den Besitz-
wechsel und über die Ausfuhr von Kunstwerken zu wachen,
und andrerseits die Werke zu verteilen und verschiedenen
Museen (auch neu gegründeten sogenannten „Herrenhaus-
museen") zuzuführen.

Eine „Abteilung für Museumsangelegenheiten und den
Schutz der Kunst- und Altertumsdenkmale" hat ihren Sitz
in Moskau, doch befindet sich auch in Petersburg eine selb-
ständig arbeitende Abteilung. Das ist nötig, weil die Ver-
hältnisse in Moskau und Petersburg ganz verschieden sind.

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