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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 21.1923

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Heft 7
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4655#0230

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ARTHUR DEGNER, FRAUENBILDNIS

AUSGESTELLT IM EUPHO RION-VERL AG, BERLIN

sehr weiche Malweise — bei auffallend bestimmter Zeichnung
— kommt dem entgegen. Der eine mag von dieser, der
andere von jener Seite seiner Begabung angesprochen sein,
aber gerade das Geschlossene einer echten Künstlernatur
trat in der Ausstellung überzeugend hervor. Die aus drei
Jahrzehnten stammenden Arbeiten hinterließen etwas von
dem „runden" Eindruck, den Lichtenberg als Kennzeichen
einer bleibenden Qualität und Wirkung charakterisiert.

Swarzenski.

NEUE INDISCHE MALEREI IM KRONPRINZENPALAIS

Das Kronprinzenpalais ist mit dieser Ausstellung eigent-
lich seiner Aufgabe, eigenwilliges, zukunftsreiches Kunst-
wollen der Gegenwart zu zeigen, untreu geworden. Die heu-
tige indische Malerei erscheint gänzlich retrospektiv. Sie ist
weniger die lebendige gewachsene Sprache eines Volkes, in
der der Atem der Zeit zu spüren ist, als ein künstliches Pro-
dukt, erdacht und bewußt in eine gewisse Richtung gelenkt.
Die englische Eroberung hatte die indische Kunsttradition
tief unterwühlt, ja fast zu Tode getroffen. Indien ist ein
lebendiges Beispiel dafür, daß nationale Selbständigkeit Vor-
bedingung für das Gedeihen der Kunst ist. Nur hier und
da, abseits von den Zentren der neuen Herrscher, führte die
alte Art ein kümmerliches Dasein. Schon in der Moghul-

zeit (sechzehntes bis achtzehntes Jahrhundert) hatte der
Westen erheblichen Einfluß auf die indische Miniatur-
malerei gewonnen und damit an ihrer Schwächung ge-
arbeitet. Je stärker sich englische Herrschaft und west-
liche Bildung ausbreitete, um so mehr schwand das Ver-
ständnis für die große Vergangenheit. Dann setzte zu-
sammen mit der nationalistischen Bewegung in der gan-
zen Welt auch in Indien eine Gegenströmung ein. An-
fangs war sie rein politisch, bald ergriff sie Literatur
und Philosophie, zuletzt die Kunst, d.h. vor allem die
Malerei. Die Bildnerei hatte, wenigstens im Norden und
im Deccan, schon im dreizehnten Jahrhundert durch den
bilderfeindlichen Islam den Todestoß erhalten. Abanindro
Nath aus der berühmten hochangesehenen bengalichen
Tagore-Familie, jetzt Vicedirektor der Kunstschule zu
Kalkutta und Professor für Kunstgeschichte an der dorti-
gen Universität, ist die Seele der Bewegung und der treff-
lichen Absichten voll, wie mir manches Gespräch mit ihm
über seine Ziele bewies. Die alte Tradition will er wieder
aufleben lassen, sei sie nun islamisch oder mehr hindu-
istisch. Der Westen ist ihm verhaßt. Höchstens nach
China und Japan blickt er. Aber es läßt sich keine Kunst
aus der Erde stampfen. Noch ist der Boden nicht trag-
fähig genug. WTas entstand, erscheint allzu eklektisch,
allzu sentimental und passiv. Schließlich ist es in ge-
wisser Weise doch ein Bild der indischen Gegenwart:
Zu kraftvollem Widerstand vermag sich das waffenlose
und waffenentwöhnte Volk nicht aufzuraffen. Nur
passive Resistenz ist möglich. Man will sich vom
Westen befreien, aber im Grunde ahmt man Westliches
nach, wie ja diese ganze politische und kulturelle Be-
wegung ihren Anstoß von Europa erhielt. Islam und
Hindutum kämpfen um die Vorherrschaft. Bisweilen fin-
den sie sich schon zusammen. Ist es nicht derselbe Geist,
der auch aus den Schriften Rabindra Naths, des Vetters
von Abanindro, spricht! Wer hier bejaht, kann dort nicht
ganz verneinen. Rührend wirkt vielleicht die Wirklichkeits-
ferne der Kunst, die Reinheit der Gesinnung, die Beschei-
denheit der Formate, die mehr auf Illustrationen zielen, als
auf Gemälde, die Stille und Zartheit, die über den Blättern
liegt, dem Präraffaelitentum verwandt und tatsächlich von
ihm beeinflußt. Dem westlichen Auge wird am ehesten die
starke Betonung des Gestus und seine Mannigfaltigkeit
Anregung bieten, uraltes indisches Kunstgut, seit je ein
Ruhmesblatt indischen Kunstwollens. Hier gibt es immer-
hin Dinge, die zum Aufhorchen zwingen, aber wohl nur
hier. Sonst muß man gestehen, daß das frisch gepflanzte
Bäumlein noch zu hinfällig ist, um auf eine so weite und
beschwerliche Reise in rauhes nördliches Land geschickt zu
werden. William Cohn.

POELZIGS DEKORATIONEN ZUM DON JUAN

Große Wort- und Musikdichtungen sind wie Naturpro-
dukte. Jeder Maler stellt die Natur anders dar, sie
bleibt was sie war, und die Bilder geraten sehr verschieden.
So kann auch auf dem Theater das Drama im Stil jeder Zeit
dargestellt werden. Jede Epoche hat das Recht, das drama-
tische Kunstwerk in ihre besondere Auffassung hineinzu-
zwingen, ohne daß der Vorwurf erhoben werden dürfte, die
 
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