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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 21.1923

DOI issue:
Heft 11
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Glaser, Curt: Max Beckmann
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https://doi.org/10.11588/diglit.4655#0322

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träumt, von Sternenwelten und Gefühlsekstasen, der
suche Erbauung bei den Romantikern der Idee, die
mit künstlichen Abstraktionen und dekorativen
Schnörkeln die Welt zu revolutionieren meinen.

Beckmanns Kunst ist nicht metaphysisch ver-
kleidet, nicht weltfremd, lebenabgewandt, sondern

Es wäre vermessen, diese als die einzige Mög-
lichkeit bildender Kunst unserer Zeit zu preisen.
Aber es wäre ebenso falsch, ihr Recht zu leugnen.
Es scheint ein Schicksal deutscher Kunst, daß sie
Werke des Kampfes erzeugt, in Problematik sich
erfüllt, selten nur zu ruhiger Beschaulichkeit, zu

MAX BECKMANN, LIEGENDE. RADIERUNG

MIT ERLAUBNIS VON R. PIPER & CO., VERLAG, MÜNCHEN

entschlossen gegenwärtig. Sie sucht das Dasein
dort, wo es am stärksten und lautesten sich offen-
bart, sie braucht nicht einen wohlgeordneten Garten,
eine stille und sanfte Schönheit, die reibungslos sich
in bildhafte Rhythmen übersetzt, sie bejaht allen
Zwiespalt und alle Disharmonie grausamer Gegen-
wart und sucht eine Form, die neuer Erscheinungs-
welt bildhaften Ausdruck leiht.

idyllischem Frieden und schönem Selbstgenügen
in sinnlicher Anmut gelangte.

Weise Mäßigung des Gefühlsausdrucks, kampf-
enthobene Existenz ist das Ideal klassischer Kunst,
das die Griechen zuerst verwirklichten. Maßlosig-
keit der Phantasie, unbefriedigter Bewegungsdrang
ist im Gegensatz das Kennzeichen deutschen Kunst-
geistes, der zuerst in den Schöpfungen der Gotik

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