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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 21.1923

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Heft 11
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rentiner „Mostra" des Secento gezeigt, daß die Schätzung
dieser baroken Maschinen, die ein Kunstprodukt der im-
pressionistischen Zeit war, nicht darüber hinaus zu halten
ist, und schon lange ist es deutlich, daß wir in einer
Epoche ausdrucksuchender Kunst zu einer Renaissance der
Hoch-Renaissance gelangen. Wenn im Laufe eines Jahres
fünf Verleger sich um Raphael bemühen, so gilt es bei
der Mehrzahl nicht dem „göttlichen Urbinaten", sondern
der Konstellation des wieder gangbar werdenden ancien
regime. So ist auch für das Haupt der Florentiner kirch-
lichen Kunst, für Fra Bartolommeo wieder die Zeit ge-
kommen. Es sind bald 20 Jahre, daß die Biographie Fritz
Knapps über ihn erschien. Sie faßte die stilistische Er-
scheinung in der damals üblich werdenden ästhetisch-analy-
tischen Weise zusammen. Jetzt stellt eine neue umfang-
reiche Biographie den frommen und großartig beschränkten
in sich geschlossenen Meister in monumentaler Ausführlich-
keit noch einmal durch seine Werke als Maler und Zeich-
ner vor Augen.

Hans von der Gabelentz hat auf seinem Posten als Leiter
unseres noch immer irredenten Instituts in Florenz diese
Kunst aus den Anfängen der toskanischen Schule aufsteigen
sehen; ihm ist ihr Wachsen ein lebendiges Bild geworden.
Es sah den Maler als echten Künstler der hohen Zeit zu-
sammenfassen, worum sich die Einzelstudien impressio-
nistischer und theoretischer Vorgänger bemüht, und so die
Einheit des poetischen Gedankens mit neuen und originellen
Mitteln wieder herstellen, die sich in der größten Zeit von
Florenz, der Gotik, von selbst verstanden hatte.

Fra Bartolommeos Bilder sind in Galerien außerhalb
Italiens selten und in ihrer Heimat selbst geben sie an
Museumswänden nie die reine Freude, als wenn sie mit
ihrer strengen Architektur und der kolorierten Plastik ihrer
Gestalten auf dem Altar in dämmerigen Kirchen stehen.
Selten hält ihre Farbigkeit dem unbarmherzigen Licht
moderner Museumsräume stand. Aber um so erhabener
wirkt ihre Form und Zeichnung. Sie ist es, die gerade in
des Frate Studienblättern zur Geltung kommt.

Es bleibt ein Verdienst dieses Buchs, das große Material
klar und anschaulich gegliedert zu haben: Der erste Band
enthält die Chronik dieses einfach hinfließenden arbeits-
reichen Mönchslebens und bringt mit vielen Reproduktionen
das kritische Verzeichnis der Gemälde; der stärkere zweite
Teil gibt ein in selbstloser Arbeit hergestelltes Verzeichnis
der zahllosen, über viele europäische Sammlungen ver-
streuten Studienblätter, und läßt durch die kostbaren ge-
wählten Proben in Lichtdruck erkennen, welcher Schatz
an Ausdruck und Würde, an Naturkenntnis und poetisch
gezügelter Beherrschung der Eindrücke in den Blättern
dieses großen Zeichners lebt. Der dünne Gemäldeband
und der stärkere Zeichnungsband geben zusammen den
rechten Begriff einer Kunst, die mehr der menschlichen
Form als dem Räume ihrer seelischen Geheimnisse anver-
traute.

Es ist ein schönes Zeugnis für die Hingabe von Autor
und Verlag, dies Werk durch Fähilichkeiten und Klippen
der Zeit zum Ziele gebracht zu haben. Die Ausstattung
in Typen, Klischees und Lichtdrucken ist vortrefflich durch-
geführt und geschmackvoll angeordnet. Daß der gutgesetzte

Titel durch das Verlagssignet mit einem gesucht neuen
Adler gesprengt werden mußte, ist eine Folge der von
unsern Reichsstellen beliebten Jagdpassion. Man wünschte
diesem vielgequälten Tier und uns endlich einmal Schon-
zeit. Und wenn Erich Gruner, Leipzig, der verantwortlich
zeichnet, den Einband nicht „entworfen", sondern das gute
Leinen und die anständige Vergoldung mit seinen Orna-
menten und kreischend blauen Schilden verschont hätte,
besäßen wir etwas, das der Mühe, des Aufwands und des
Themas, des Autors und Verlags würdig wäre.

Oskar Fischel.

August L. Mayer, Geschichte der spanischen
Malerei. Leipzig, Klinkhardt & Biermann. 2. Aufl. 1922.

Die schwierige Aufgabe, eine Geschichte der spanischen
Malerei zu schreiben, hat August L. Mayer vor zehn Jahren
zuerst unternommen, und er läßt der ersten nun eine nicht
unwesentlich veränderte und erweiterte zweite Auflage folgen.
Die Kunst der Halbinsel hatte immer die Blicke auf sich ge-
zogen. Meister wie Velasquez und Murillo gehörten zu den
europäischen Berühmtheiten, aber sie erschienen wie leuch-
tende Meteore, die fast unbegreiflich aus tiefem Dunkel em-
portauchten. Erst in den letzten Jahrzehnten hat vordringende
Forschung die unbekannten Kapitel der Geschichte spani-
scher Malerei zu erhellen begonnen und Zusammenhänge
aufgedeckt, die allerdings häufig über die Grenzen des
spanischen Landes hinausweisen. Mit der Entwicklung der
Kunst in Italien und den Niederlanden ist das Schicksal
spanischer Malerei aufs innigste verknüpft, so eng, daß die
nationale Eigenart zu entschwinden droht, wenn eingebür-
gerte Fremdlinge zu Repräsentanten spanischen Geistes wer-
den, wie vor allem der Grieche Theotokopuli, der zeitlebens
den Beinamen „El Greco" trug". Mayer versucht die un-
leugbar starken äußeren Einflüsse in den Hintergrund zu
drängen und den spezifisch spanischen Charakter hervortreten
zu lassen, den er in einem einleitenden Kapitel vorausdeutend
umschreibt. Von den Wandmalereien romanischer Kirchen
bis in die Zeit Goyas wird die Geschichte spanischer Malerei
entfaltet. Handbuchartig werden Charakteristiken von
Meistern und Schulen in örtlichem Zusammenhang ge-
geben, eine Fülle von Kenntnissen ausgebreitet, die den Leser
gelegentlich verwirren mögen, dem Benutzer das Buch
aber zu einem unentbehrlichen Nachschlagewerk machen.

Glaser.

R. Oldenbourg, Die Münchener Malerei im 19. Jahr-
hundert. I. Teil. Die Epoche Max Josephs und Ludwigs I.
München, Bruckmann, 1922.

Das Buch ist der erste Teil einer Geschichte der Mün-
chener Malerei im neunzehnten Jahrhundert, deren zweiter
Teil, die Zeit nach 1850, von H Uhde-Bernays bearbeitet
wird. Sie ist als Jahresgabe des Münchener Kunstvereins
zur Feier seines hundertjährigen Bestehens gedacht und ver-
dankt diesem Anlaß teilweise seine Entstehung. München
kommt in der Geschichte der Deutschen Malerei des neun-
zehnten Jahrhunderts eine führende Stellung zu. Schon
der erste und einzige Historiograph der Münchener Malerei,
Pecht, hat die daraus sich ergebendeVerpflichtung empfunden,
dem historischen Zusammenhange gerecht zu werden. Er faßte

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