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Kongreß für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft
Bericht — 1914

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Dessoir, Max: Begrüßungsabend am 6. Oktober, nachmittags 6 Uhr in der alten Aula der Kgl. Universität
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https://doi.org/10.11588/diglit.65508#0028

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Kongreß für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft

Sie alle, meine Damen und Herren, wissen, daß bisher auf unserem
Gebiet weder Einigkeit noch Klarheit herrscht, und Sie werden erfahren
müssen, daß wir manchmal aneinander vorbeireden. Hätten wir darum
den Kongreß bis in die graue Zukunft verschieben sollen? Gewiß nicht!
Gerade für die Zeit des Tastens und Suchens ist es nötig, alle Mitarbeiter
zu sammeln, ihnen das Gesamtgebiet vor Augen zu stellen und sie durch
das Bewußtsein einer Gemeinschaft in ihrer Tätigkeit zu fördern. Deshalb
haben wir diesmal die Tore weit geöffnet und eine größere Zahl von
Rednern zum Einzug aufgefordert, als unter andern Gesichtspunkten er-
wünscht erscheinen möchte. Ja, wir hoffen darauf, daß die Teilnehmer sich
besonders gern die Vorträge aus den fremden Lagern anhören werden, um
dem Zweck des Kongresses die rechte Verwirklichung zu schaffen. Personen
wie Gruppen sollen aus der Vereinzelung befreit und dennoch ihrer Eigenart
nicht entfremdet werden. Denn so sehr dieser Kongreß auf Einheitlichkeit
angelegt ist, so sicher bleiben wir uns doch dessen bewußt, daß geistige
Einförmigkeit den Tod für jede Wissenschaft bedeutet.
Aus dem gleichen Bewußtsein heraus begrüßen wir den belebenden
Zuwachs, der dieser von deutschen Gelehrten vorbereiteten Tagung dadurch
zuteil geworden ist, daß andere Länder Europas bewährte Kämpfer zu
unserm geistigen Turnier entsendet haben. Es berührt uns froh, ein buntes
Fähnlein auswärtiger Gäste bei uns zu sehen. Mit dem Sänger des Hohen-
liedes sprechen wir zu den willkommenen Trägern fremdländischer Ge-
lehrsamkeit: „Stehe auf, Nordwind, und komm, Südwind, und wehe durch
meinen Garten, daß seine Würzen triefen!“
Herzlich und ehrerbietig ist der Dank, den wir der Staatsbehörde für
ihr Wohlwollen sagen, der Leitung unserer Stadt Berlin für die Freigebig-
keit, mit der sie uns unterstützt hat, den deutschen Hochschulen für die
Abordnung bevollmächtigter Vertreter, dem Rektor unserer Universität für
die Gewährung dieser Räume, in denen Sie, meine Damen und Herren, sich
bald heimisch fühlen werden. Ihnen allen gilt unsere Erkenntlichkeit, weil
Sie durch Ihr Kommen das Unternehmen ermöglicht haben, und zumal —
kaum brauche ich es zu sagen — den Rednern des Kongresses. Von der
weiteren Öffentlichkeit schließlich erbitten wir, daß sie unserer Arbeit
freundliche Beachtung schenke. Die Achse des ganzen Unternehmens ist
darin befestigt, daß die hier auszubreitende Forschung nutzbar werde für
höhere Zwecke. Denn dieser Kongreß dient nicht etwa einem einseitigen
Anliegen der Wissenschaft* sondern letzten Endes dem menschlichen
Geistesleben überhaupt. Wir erhoffen eine weithin ausstrahlende Wirkung.
Möge sie unserer Arbeit beschieden sein!
Hierauf hielt Ministerialdirektor Dr. Schmidt folgende Ansprache:
Hochverehrte Damen und Herren! Es ist mir eine Freude, Sie namens
des Herrn Unterrichtsministers hier zu begrüßen, und ich darf die Hoffnung
aussprechen, daß die Erwartungen, die sich an den Kongreß knüpfen,
Erfüllung finden mögen.
 
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