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Kongreß für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft
Bericht — 1914

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Abschiedsfeier
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https://doi.org/10.11588/diglit.65508#0536

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530

Kongreß für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft

Abschiedsfeier
Am 9. Oktober, abends 8 Uhr, fanden sich die Teilnehmer zu einem
gemeinsamen Mahl in den Festsälen des Hotels Adlon zusammen. Als
Vertreter des Kultusministeriums war der Wirkliche Geheime Ober-
regierungsrat Dr. Elster, als Vertreter des Berliner Magistrats der Bürger-
meister Dr. Reicke erschienen. Im Auftrage des Ausschusses wurden
Tischreden von den Herren Dessoir und Combarieu gehalten; Herr Lasson
— mit seinen 82 Jahren der Älteste unter den Kongreßteilnehmern —
folgte mit einem Trinkspruch, dessen Frische und Herzlichkeit stürmischen
Beifall auslöste.
Herr Dessoir sagte ungefähr folgendes:
Meine Damen und Herren I Wenn ich Ihre Unterhaltung zu unterbrechen
wage und für einige Minuten um Gehör bitte, so geschieht es nicht, um
einen endlosen Reigen von Tischreden zu eröffnen. Die ursprüngliche
Absicht war freilich gewesen, im einzelnen den Behörden, Körperschaften,
Personen zu danken, die besonders zum Gelingen der Tagung beigetragen
haben. Aber der Gedanke, nach einigen vierzig Vorträgen nun noch zu
guter Letzt ein halbes Dutzend Reden aufnehmen zu müssen, hat etwas
Schreckhaftes, obwohl gesagt werden darf, daß auf unserer Tagung sich
nicht nur Redner ersten Ranges, sondern auch Hörer ersten Ranges
befunden haben. Ich will also nach dem uralten ästhetischen Grundsatz
von der Einheit in der Mannigfaltigkeit in einer Rede Mannigfaches
zusammenfassen oder, um kongreßtechnisch zu sprechen, ein Sammel-
referat erstatten.
Vor allen Dingen möchte ich daran erinnern, daß wir hier nicht auf
einem Kongresse von Vertretern einer glatt bestimmbaren und bereits
anerkannten Wissenschaft gewesen sind. Die Eigentümlichkeit dieser
Zusammenkunft lag vielmehr darin, daß aus sonst getrennten und ander-
weitig verbundenen Gebieten eine Wirkungseinheit geschaffen wurde, die
wir für naturgemäß halten und von der wir hoffen, daß sie fruchtbar sein
und mit ihren Früchten vornehmlich dem wissenschaftlichen Nachwuchs
zu gute kommen wird. Ob eine Maßnahme wie die Einberufung eines
neuen Kongresses richtig oder verfehlt ist, zeigt sich erst einige Jahre
später: das Urteil über unsern Kongreß kann heute noch nicht gesprochen
werden.
Auch in formaler Hinsicht bedarf unser Unternehmen einer Recht-
fertigung. Der Kongreß war weder international im eigentlichen Sinne
noch eine rein deutsche Angelegenheit. Wir haben ausschließlich Deutsch
 
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