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Kongreß für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft
Bericht — 1914

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Abteilung II
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Sauerbeck, Ernst: Über ästhetische Perspektive
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https://doi.org/10.11588/diglit.65508#0292

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286

Kongreß für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft

8. Oktober, nachmittags 3 Uhr
Verhandlungsleiter: Herr Wulff, später Herr Cornelius
Ernst Sauerbeck:
Über ästhetische Perspektive Ί
1. In meiner „Ästhetischen Perspektive“ (erschienen in der „Zeitschrift
für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft“, Band VI, Ί9ΙΙ, und als
Sonderdruck bei Enke, Stuttgart, 1911) habe ich versucht, die Ästhetik der
Flächenkunst (Zeichnung und Malerei) zu vertiefen bezw. zu erweitern,
indem ich dem bisherigen Inhalt dieser Lehre, die wesentlich eine Lehre
von der Form- und Farbenharmonie der Bildteile (Bildelemente, Bild-
gegenstände) war, ein Kapitel, ein Lehrstück hinzufüge von elementarer Art
(eine Art Baßlehre könnte man es mit freilich nur zum Teil zutreffender
Analogisierung nennen), ein Lehrstück, das gewissermaßen das Gerippe
des Bildes, seine perspektivische Struktur, genauer gesagt (aber dem Unvor-
bereiteten wohl kaum verständlich), die Beziehung zwischen der perspek-
tivischen Bildachse und dem Bildrahmen untersucht.
2. Es mag willkürlich erscheinen, diese Wissenschaft, die, wie wir
sagten, auf die Beziehung zweier Faktoren der Bildgestaltung — perspek-
tivisches System und Rahmen — geht, nach dem einen der beiden Faktoren
zu benennen; der Grund dafür ist, daß für das allgemeine Bewußtsein dieser
eine Faktor, die Perspektive, durchaus im Vordergründe steht: die Ver-
änderung des Verhältnisses der perspektivischen Achse zum Rahmen wird
in der Regel als Verschiebung der Achse gegen den Rahmen und nicht
umgekehrt empfunden. Eine, freilich in der Hauptsache notwendig hypo-
thetische Phylogenie der Bildgestaltung zeigt uns allerdings, daß diese Auf-
fassung unnatürlich ist und besser durch die gegenteilige ersetzt würde, die
bei besagten Veränderungen das perspektivische System feststehen und den
Rahmen sich verschieben läßt.
3. Die „Perspektive“ — in gewisser Fassung — ist als eine Wissenschaft,
mit der der Flächenkünstler sich zu befassen hat, bekannt und anerkannt.
Sie gilt aber in dieser Fassung — und mit Recht — als eine bloße Hilfs-
wissenschaft des Künstlers, unentbehrlich für ihn, aber kein Bestandteil
seiner eigentlich künstlerischen Tätigkeit. Innerhalb dieser Perspektive im
gewöhnlichen Sinne hat das, was wir oben als „ästhetische Perspektive"

L) Es wird hier nur ein Auszug des Vortrags veröffentlicht.
 
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