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Kongreß für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft
Bericht — 1914

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Abteilung III
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Allesch, Gustav Johannes von: Über die Natur des Dramas
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https://doi.org/10.11588/diglit.65508#0374

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368 Kongreß für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft

8. Oktober, nachmittags 3 Uhr
Verhandlungsleiter: Herr Meyer -Ulm
Gustav von Allesch:
Uber die Natur des Dramas
Das Leben, das als Außenwelt Gegebene, das 'in der ganzen Fülle und
Vielfältigkeit uns umschließt, bringt auch unzählige Möglichkeiten mit sich,
wie es von unserer Auffassung erlebt werden kann. Ein Teil dieser Möglich-
keiten ist durch unsere Sinnesorgane bestimmt; wir hören — wir sehen —
wir tasten. Allein das Wichtige und wohl auch Ursprünglichere sind jene
Arten der Auffassung, wo das von den Sinnen gelieferte Material durch
ein unwillkürliches beziehendes Erfassen unseres Verstandes zu Gruppen
sich ordnet, wo die Daten der sinnlichen Perzeption zu Gegenständen
erweitert sind, Dinge — im allgemeinsten Sinne des Wortes —, die als
allseitig wirksam in unser Bewußtsein treten. Freilich sind diese Dinge
für die verschiedenen Individualitäten sehr verschiedenartig, auch wenn
sie an denselben Anlaß äußerer Wahrnehmung geknüpft werden. Aber
damit nicht genug, erfassen wir auch Beziehungen zwischen diesen Dingen,
Beziehungen zwischen Beziehungen, und so bis in die feinsten Ver-
zweigungen hinauf. Diese Fülle des uns Gegebenen liefert nun auch in
gewissem Sinne das Urmaterial für die verschiedenen Künste, und nach
einigen auffallenden Seiten, die wir an unserem Erfahrungsstoff unter-
scheiden können, lassen sich auch die Künste verschieden einteilen, in
Musik, Malerei usw. Allerdings wäre es nicht richtig, etwa unter Material
gewissermaßen eine Kunst des äußeren Sinnesorganes zu verstehen und
vielleicht zu glauben, es handle sich nur um Farben, oder höchstens noch
um Beziehungen von Farben. Überall — auch im Ornament — jedenfalls
aber dort, wo es sich um Darstellung handelt, wird ein Verständnis dahin
verlangt, daß das optisch Gebotene verarbeitet und zur vollen Dinghaftig-
keit ergänzt wird. Immerhin aber dominiert doch die Farbe oder die
Flächen- oder die Raumform, und der besondere ästhetische Anreiz, der
von einem solchen Kunstwerk ausgeht, ist in allerengster Weise an dieses
Darstellungsmaterial gebunden.
Nun können wir uns aber auch auf Begebenheiten richten, die uns
durch verschiedene Auffassungsformen zugänglich werden, ohne daß eine
 
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