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Kongreß für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft
Bericht — 1914

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Abteilung I
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Treu, Georg: Durchschnittsphotographie und Schönheit: (Auszug)
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https://doi.org/10.11588/diglit.65508#0192

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186

Kongreß für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft

Georg Treu:
Durchschnittsphotographie und Schönheit
(Auszug)
Als „Durchschnittsphotographie“ wurde das Verfahren bezeichnet,
welches durch Deckung von Einzelaufnahmen artverwandter Köpfe auf der-
selben photographischen Platte das Typenbild einer Familie, Art, Gattung,
Rasse oder sonst einer Menschengruppe zu gewinnen sucht.
Vorgeführt wurden besonders solche Typenbilder, die allgemein als
„charakteristisch“ oder „schön“ empfunden werden. Es sollte damit nach
der psychologischen Seite hin ein Gleichnis gewonnen werden für die Ver-
schmelzung von Erinnerungsbildern zu Charakter- und Schönheitstypen, und
zugleich ein Beitrag geliefert zur Erkenntnis der allgemeingültigen Bestand-
teile unseres ästhetischen Empfindens. Endlich wurde untersucht, welche
Umwandlungen solche Erinnerungsbilder in Entstehung und Wiedergabe
beim künstlerischen Schaffen erfahren.
Anschaulich und damit voll beweiskräftig werden die nachstehenden
Darlegungen naturgemäß erst durch die Vorführung der Durchschnittsbilder
selbst. Da deren Aufnahme in den vorliegenden Tagungsbericht jedoch
ausgeschlossen war, so konnte es sich hier nur um eine knappe Inhalts-
angabe handeln. Die Abbildungen mit den sie begleitenden ausführlichen
Erläuterungen mußten einem Abdrucke in Dessoirs Zeitschrift für Ästhetik
vorbehalten bleiben. —
Die Erfindung und Vervollkommnung der Durchschnittsphotographie
wird bekanntlich Francis Galton. verdankt (vergleiche dessen In-
quiries into Human Faculty and its Developement, 1883); weiter fort-
geführt hat diese Versuche namentlich der Professor der Physiologie am
Harvard College in Boston, Η. P. Bowditch (Are Composite Photographs
Typical Pictures? Mc. Clures Magazine, September 1894). Mit Bowditch
zusammen zeigte Redner bereits 1890 in der Berliner Archäologischen
Gesellschaft dergleichen Durchschnittsbilder und wies auf ihre ästhetische
Bedeutung hin (Jahrbuch des Kaiserl. Deutschen Archäologischen Instituts,
Band V, Anzeiger, S. 61).
Auf der Tagung für Ästhetik und Kunstwissenschaft wurde eine kleine
Auswahl von Durchschnittsaufnahmen unter folgenden Gesichtspunkten
vorgeführt:
a) für das typische Einzelbildnis: sechs in einem Mittelbilde
vereinigte Aufnahmen eines und desselben Kinderkopfes (von Η. P. Bow-
ditch). Es wurde gezeigt, wie hier der leise Wechsel des Mienenspiels in
den Einzelaufnahmen auf dem Sammelbild hinter den dauernden Zügen des
Antlitzes zurücktritt und der Eindruck charakteristischer Ähnlichkeit sich
 
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