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Kongreß für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft
Bericht — 1914

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Abteilung II
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Behrens, Peter: Über den Zusammenhang des baukünstlerischen Schaffens mit der Technik
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https://doi.org/10.11588/diglit.65508#0257

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Behrens, Zusammenhang· des baukünstlerischen Schaffens mit der Technik 251

Peter Behrens:
Über den Zusammenhang des baukünstlerischen Schaffens
mit der Technik
Selbst beim Rückblick auf die hervorleuchtenden Epochen der Ge-
schichte müssen die Ergebnisse geistiger Energie auch unserer Zeit stand-
halten. Es darf anerkannt werden, daß sie nicht hinter denen anderer
Zeiten zurückstehen, wenn auch ihre Eigenschaften von anderer Art sind.
Die imposantesten Äußerungen unseres Könnens sind die Resultate der
modernen Technik. Die Fortschritte der Technik haben eine Höhe des
materiellen Lebens geschaffen, wie sie so hoch in der Geschichte bisher
noch nicht erreicht war. Allerdings ist es bis jetzt nur das materielle Leben,
das erhoben wurde, nicht das kulturelle, denn eine Einheit von den
materiellen und geistigen, d. h. seelischen Werten, konnte noch kaum zum
Formausdruck werden.
Ein Leben ohne den materiellen Nutzen der modernen Technik und
ohne ihren rastlosen Fortschritt kann nicht mehr gedacht werden. Obgleich
es somit fast den Anschein hat, als ob die Geistesrichtung unserer Zeit eine
rein intellektuelle sei, zeigt doch eine andere Seite unseres öffentlichen
Lebens, wie sehr wir von einem Schönheitsbedürfnis beherrscht werden.
In allen künstlerischen Fragen besteht das größte Verlangen nach Bildung,
Betätigung und Entwicklung. Keine Zeit hat wohl so viele Gelegenheiten
gegeben, Musik zu hören, so viele Kunstsammlungen, Theater und Kunst-
Vereine gehabt, wie die heutige. Und unter allen Kunstgattungen ist wieder
die bildende Kunst — zu der ja auch die Architektur und das Kunstgewerbe
gehören — voran, was neben vielen anderen die übergroße Anzahl der
Kunstausstellungen und der Zeitschriften, die für dieses Gebiet sorgen,
beweisen. Aber trotzdem trägt das öffentliche Leben nicht die Zeichen
einer gereiften Kultur, weil die beiden Gebiete der Technik und der Kunst
sich kaum berühren, und zwar da am wenigsten sich berühren, wo sie es am
meisten sollten, nämlich im Hochbau und in den Erzeugnissen der Groß-
industrie.
Der Architekt sucht für seine Bauten den ästhetischen Gehalt auch
heute noch meistens aus dem Formenschatz der vergangenen Jahrhunderte,
ohne die aussichtsvollen Hinweise, die die moderne Konstruktion für die
Formgestaltung gibt, zu berücksichtigen, während der Ingenieur bei seinen
Bauten in Eisen das Interesse an der Konstruktion findet, und in diesem
durch rechnerische Tätigkeit gewonnenen Resultat sein Ziel erreicht zu
haben glaubt. Ebenso wenig wird bei den Erzeugnissen der Großindustrie,
die doch in immer größerem Maße Teile unserer Umgebung werden, die
 
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