Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kongreß für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft
Bericht — 1914

DOI Heft:
Abteilung II
DOI Artikel:
Jantzen, Hans: Über Prinzipien der Farbengebung in der Malerei
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.65508#0328

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
322

Kongreß für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft

Hans Jantzen:
Über Prinzipien der Farbengebung in der Malerei
Bei dem Versuch, einige Beobachtungen über Prinzipien der Farben-
gebung in der Malerei mitzuteilen, unterscheide ich gegenüber einem
Werke der Malerei zwei grundverschiedene Auffassungsweisen der Farbe:
Farbe als Eigenwert und Farbe als Darstellungswert. Eine
analoge Scheidung ist bereits — auch abgesehen von der speziellen Be-
ziehung auf die Malerei — gebräuchlich, je nachdem Farbe losgelöst vom
Gegenständlichen oder nur nach ihrer Bedeutung für Erkenntnis der gegen-
ständlichen Welt aufgefaßt wird. Bei unserer Betrachtung kommt es wesent-
lich darauf an, solche Trennung gegenüber dem einzelnen Werke der
Malerei durchzuführen. So spreche ich also von Eigenwerten der Farbe,
insofern Farbe losgelöst von jedem Farbenträger gesehen wird. Dieser
Begriff wird dann überall dort Bedeutung gewinnen, wo es sich um Farben-
gruppierung, farbige Komposition, Harmonie oder auch Farbenwahl handelt.
Von Darstellungswerten der Farbe spreche ich, insofern Farbe nur als An-
weisung auf den Farben träger angesehen wird, und zwar die anweisende
Funktion hier im weitesten Umfange gedacht, je nachdem wir aus der
Farbe allein auf Bedeutung, Stofflichkeit des Gegenstandes, seine Stellung
im Raume, seine Beziehung zu anderen Dingen usf. schließen.
Eigenwerte und Darstellungswerte der Farben sind ihren besonderen
Gesetzen unterworfen, wie solche von verschiedenen Gesichtspunkten in
Ästhetik und Psychologie untersucht sind: die Eigenwerte vor allem
in der ästhetischen Farbenlehre — hierher gehört alles, was sich auf Wirkung
einzelner Farben, Farbenkombinationen, Stimmungsqualitäten u. a. m.
bezieht —, die Darstellungswerte in erster Linie von Psychologie
und Physiologie, wobei es sich hauptsächlich um den großen Umkreis von
Fragen handelt, die sich auf Möglichkeiten und Grenzen der Farbe als
naturnachahmendes Mittel beziehen.
Noch nicht untersucht dagegen sind die Beziehungen, die zwischen
beiden Gesetzesweisen bestehen und etwa zu folgender Frage Anlaß geben:
Wie weit kann eine Farbe als Darstellungswert wirken bei bestimmter Forde-
rung an den Eigenwert dieser Farbe? Oder umgekehrt: Wenn von einer
Farbe bestimmte Darstellungswerte gefordert werden, wie weit vermag sich
dann noch der Eigenwert dieser Farbe Geltung zu verschaffen? Diese
Fragen scheinen mir für eine Untersuchung der Farbengebung von
besonderer Wichtigkeit.
In der Malerei stimmen die Forderungen der Farbe als Eigenwert und
der Farbe als Darstellungswert nicht überein, sondern gehen oft weit aus-
 
Annotationen