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Kongreß für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft
Bericht — 1914

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Geschäftliche Sitzung
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https://doi.org/10.11588/diglit.65508#0535

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Geschäftliche Sitzung

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was am einzelnen Werk und an ganzen Gruppen wesentlich ist; die Erklärung
aber des künstlerischen gibt weder die eine noch die andere Forschungsweise.
Sie kann nur im Kontakt mit den Grenzwissenschaften, also mit Kulturgeschichte,
Völkerkunde, Antropogeographie, Psychologie — um nur die wichtigsten zu
nennen — gefunden werden. Die hilfswissenschaftliche Abteilung hat eigene,
dem betreffenden Fach angehörige Vertreter, gemäß einem nicht zu übersehenden
Prinzip des Forschungsinstituts, das des ergänzenden Zusammenarbeitens
verschieden geschulter Kräfte.
Mit diesen Angaben glaube ich die wissenschaftliche Funktion des Instituts
skizziert zu haben. Es erübrigt noch, auf eine praktische Seite desselben
hinzuweisen, nämlich auf seine möglichen Beziehungen zur Museums»
Organisation. Nach Strzygowski sollte ein den Bedürfnissen unserer Zeit
entsprechendes Museum folgende drei Abteilungen enthalten:
1. eine Sammlung oder Magazinierung des wissenschaftlich verwertbaren
Materials zu Händen eines Forschungsinstituts;
2. eine der Öffentlichkeit zugängliche Sammlung, in welcher nach rein
qualitativen Gesichtspunkten eine Auswahl des Besten geboten würde, um
das Publikum mit den höchsten Äußerungen menschlicher Kultur vertraut zu
machen;
3. eine Abteilung für temporäre Ausstellungen, in welchen zu künstlerischen
Tagesfragen Stellung genommen würde, indem der Fachmann durch eine Auswahl
aus dem Material der Vergangenheit, sei es in historischer oder systematischer
Anordnung, Klärung in die Probleme der Gegenwart brächte.
Wenn ich zum Schluß versuchen soll, die im Wiener Forschungsinstitut
gegebene, unausgesprochene Forderung an die Vertreter und Organisatoren des
Faches zu formulieren, so würde sie lauten:
Forschungsinstitute für bildende Kunst mit einer historisch - universell
gerichteten, einer methodisch-systematischen und einer grenzwissenschaftlichen
Abteilung zu dem doppelten Zweck: 1. der wissenschaftlichen Ausgestaltung des
Faches; 2. der aktiven Teilnahme an künstlerischen Kulturleistungen der Zeit.
Herr Wulff schlägt vor, ein kleines Komitee zu bilden, das die
Beantwortung dieser Fragen vorzubereiten hätte, damit sie dem nächsten
Kongreß vorgelegt werden können. Herr v. Allesch erwähnt, daß auf anderen
Gebieten als dem der bildenden Kunst die gleichen Verhältnisse vorliegen.
Herr Lamprecht äußert Bedenken gegen eine Resolution in diesen Fragen,
da es sich um Eingriffe in die Universitätsverfassung und in die bisherige
Entwicklung der wissenschaftlichen Disziplinen handeln würde. Der Vor-
sitzende betont, daß er auch auf diesem Standpunkte stehe, und konstatiert die
Zustimmung der Anwesenden zu dem Anträge, Herrn Dessoir zu ermäch-
tigen, vorbereitende Schritte in die Wege zu leiten und einen Ausschuß
zur Erörterung der Fragen zu ernennen.

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