Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kongreß für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft
Bericht — 1914

DOI Heft:
Zweite Allgemiene Sitzung
DOI Artikel:
Basch, Victor: Die Objektivität des Schönen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.65508#0096

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
90

Kongreß für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft

untermischt, von dem ganzen menschlichen Geiste — und nicht nur von der
Vernunft — und besonders von dem irrationellen Gefühl mühsam gesucht wird.
Wie können wir uns da treffen? Das Einzige, was ich wünschen kann, ist, daß
die stolze Metaphysik Professor Lassons unsere unscheinbare Psychologie mit
wohlwollendem Mitleid ansehe: a tout peche misericorde.
Und nun zu Herrn Dr. Alt. Nach Dr. Alt gibt es in jeder Sphäre des Seins
ein objektiv Schönes: das, was seinem Zwecke entspricht, das, was den Charakter
der Gattung am vollsten ausdrückt. Ich erwidere meinem geehrten Opponenten
Folgendes: Wenn das Schöne, das Gattungsmäßige das Zweckmäßigste ist, so
kann es in jeder Gattung nur e i n Schönes geben: einen schönen Baum, einen
schönen Mann, ein schönes Weib. Diesem hegelianischen Standpunkte wider-
strebt, scheint mir, die ganze moderne Auffassung des Schönen und der Kunst.
Wir glauben nicht, daß es nur einen schönen Frauentypus gibt: wir bewundern
mit derselben Wärme, wenn auch aus verschiedenen Motiven, den Kopf der Venus
von Milo, die sixtinische Madonna, die Danae von Correggio und von Tizian, die
Saskia von Rembrandt und verschleierte Mütter von Carriere, und wir hoffen, daß
noch viele Künstler der kommenden Zeiten neue Typen der weiblichen Schönheit
entdecken und verwirklichen werden. Wissen Sie, was das durch die galtonische
Methode realisierte, wirklich gattungsmäßige Gesicht eines Mannes sein würde? —
Das Gesicht eines Friseurs.
Nachschrift: Als diese Diskussion stattfand, kannte ich nicht die Ausführungen
von Professor Treu, und hatte ich seine Durchschnittsphotographien nicht gesehen.
Er hatte die Güte mir letztere zu zeigen, und ich muß gestehen, daß mich einige
davon, besonders die Photographie des amerikanischen Studenten und der amerika-
nischen Studentin sehr frappiert haben.
 
Annotationen