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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 50.1899-1900

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Gruner, O.: Anspruchslose Grabmäler
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https://doi.org/10.11588/diglit.7134#0104

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Anspruchslose Grabmäler.

tragen. Gegenüber solcher Gleichgültigkeit ist ein
Polzkreuz, dessen Dauer die der Pietät nicht überlebt,
doch ganz gewiß vorzuziehen!

Abb. (40 stellt ein Grabkreuz aus Dttenhöfen
im badischen Schwarzwald dar. Die durch ge-
schweifte Arbeit schon ziemlich reiche Wirkung wird
noch erhöht durch blanke Metallrosetten; die aus-
gesägten Zierrathen sind durch angeschnittene Zapfen
befestigt, zwischen den Kreuzesarmen dienen sie zu
gleich zur Vermehrung der Haltbarkeit.

Die geschweifte Arbeit spielt gleichfalls eine
ziemliche Rolle bei dem Leispiel Abb. (44, das aus
Dorf Wehlen in der sächsischen Schweiz stammt,
nur tritt hier an Stelle der wirklich konstruktiven
mehr die symbolische Funktion der Ornamente. Auch
hier sind durch einige aus Blech gedrückte Rosetten
ganz wirkungsvolle Glanzpunkte geschaffen. — Ähn-
lich, aber einfacher, ist das demselben Friedhose ent-
nommene Kreuz Abb. (45, dessen große Inschrift-
tafel eine vorzügliche Aussteifung und Verbindung
der Kreuzesarme bildet. — Anstatt der Metallrosetten
kommen auch gedrehte Knäufe vor. — Mit ähn
liehen Mitteln wie bei letztgenanntem Kreuze ist auch
das folgende, Abb. (46, auf dem Friedhofe zu
Unkersdorf (in der Meißner Gegend) hergeftellt,
die Anbringung der Inschrifttafel ist aber hier weniger
konstruktiv als dort. An den Kreuzarmen ist aus-
giebigere Verwendung von Zinkblech-Ornamenten
gemacht.

Eigenthümlich ernst berührt uns das Beispiel
Abb. (47, das vom Kirchhof in Schellerhau im
sächsischen Erzgebirge stammt. Um den halbkreis-

(5 ^ u. (52. Grabkreuze.

Aus Possendorf Aus Lämmerswalde

(bei Dippoldiswalde). in Sachsen.

(49 u. (50. Grabkreuze.

Aus hochkirch Aus Posseudorf

(Vberlausitz). (bei Dippoldiswalde).

förmigen Abschluß zieht sich ein Schwarzblech
streifen, der an der Vorderseite aufgebördelt ist
und der gleichzeitig zum Zusammenhalt und als
Schutz gegen Schnee und Regen dient. Anstatt des
Kreuzes findet man auf dem Scheitel dieses Bogens
anch ein schmiedeisernes Fähnlein angebracht
(Abb. (48) und die Kunst des Schmieds ist auch
bei der sicheren Aufstellung des Kreuzes mitunter in
Anspruch genommen worden. Die mosaikartige Um-
rahmung der Inschrifttafel ist durch Kerbschnitt her-
gestellt, der noch Spuren von Vergoldung zeigt; die
Inschrifttafel hat bei anderen Grabkreuzen auch
Buch- oder perzform. Die Inschrift selbst war ur-
sprünglich mit Ölfarbe aufgemalt, die zwar gänz-
lich verblichen ist, doch aber das darunter gelegene
Holz so geschützt hat, daß die Buchstaben jetzt in
Relief sich von dein abgewitterten Grunde abheben.
Sonne und Regen haben soinit hier ähnlich gewirkt,
wie ein Sandgebläse auf einer Glasplatte. Außer-
dem hier gewählten, in kräftigem Relief geschnitzten
Schmetterling findet man auch Anker, Kreuz und
Herz am untern Kreuzesstamme in gleicher Aus-
führung (Eichenholz) vor.

phantastisch scheint uns das nächste Grabkreuz
(Abb. (49). Es befindet sich auf dem Friedhofe in
Hochkirch in der Oberlausitz und verräth deutlich
slavische Einflüsse. Auf der schrägen Abdeckung sind
Früchte im Amriß und in verblaßter Malerei dar-
gestellt; sie und die Vasenform der oberen Inschrift-
tafel mögen Anklänge an das heidnische Totenopfer
bedeuten; die Konsolen der Rückseite erinnern an
fabelhafte Thiergestalten.

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