<£iit oberbayrisches ätofitlmitfeiint.
religiösen, bewirkt haben, vielleicht in erster Linie der
Alostersturnr, sind ganz besonders für unsere ober-
bayerische Aunstentwicklung und für ihre Würdigung
ein unabsehbarer Schaden geworden; im Großen
das, was etwa im Aleinen für Hamburgs Ärmst
der denkwürdige Brand von gewesen. Allein die
Ungunst der Zeiten scheint nicht überall in gleicher
Weise geschadet zu haben. Zwar ist die Bedeutung
von Alöstern wie Wessobrunn und Pähl dahin und
nur nrehr auf historischen Wegen zu erkennen; zwar
hat Weilheim heute anscheinend keinen Arumper
und Angermeyer mehr, und von den einstigen Edel-
schnriedcarbeiten in Filigran, die dort gefertigt wurderr,
erzählen nur mehr geschichtliche Reste. Allein weiter
drinnen in den vor dem Wetter der Lüfte wie der
Zeiten geschützteren Thälern ist die Ueberlieferung
nicht ebenfalls abgerissen. Zwar genießt parten-
kirchen mit seinem Land nicht mehr wie einst die
Bortheile der handelsverbindung mit Italien; trotzdem
scheint ein Theil seines jetzigen künstlerischen Reich-
thums, die Gold- und Silberarbeiten, ein Bruchstück
einer eheinals viel weiter ausgedehnten Aunst zu
sein, die entweder aus der Verkehrsnähe Italiens
entstanden oder durch sie befruchtet war. Auch an-
dere oberbayerische Mrte, wie Tegernsee, scheinen an
der pflege dieser Ueberlieferungen ihren Antheil zu
nehmen.
Gs handelt sich also nicht nur uin eine Ver-
gangenheit, sondern auch um eine Gegenwart, und
zwar uin eine, die sich stetig wieder umwandelt.
Die Holzschnitzkunst in Partenkirchen und Garmisch
arbeitet sowohl größere Werke wie Airchen- und
Zimmerausstattungen, als auch Aleineres wie allerlei
reizende Nippwaaren: Thierchen, Aassetten, Brachen
u. dgl. mehr. Aber schon merkt man einen Rück-
gang dieser Aleinarbeiten, in denen ja der Aünstler
wohl noch mehr zur Geltung kommt als in den
umfangreichen Nutzwerken. Die Distriktsschule will
jene Arbeiten nicht mehr pflegen, um den privaten
Aünstlern keine Aonkurrenz zu machen; und diese
Hinwider sind auch nicht mehr mit rechter Freude
dabei, weil sie sich von der — vielleicht mechanischer
arbeitenden — Aonkurrenz aus der Schweiz über-
flügelt fühlen. Wie immer es sich damit verhalten
mag: jedenfalls liegen hier kultur-, kunst-und wirth-
schaftsgeschichtliche Wandlungen vor uns, deren Fest-
stellung ein Zeitalter wie das unsrige sich nicht ent-
gehen lassen sollte.
Doch noch mehr. Die heutigen Verhältnisse der
Architektur zeigen Wandlungen, in denen sich mitten
Zwischen vielfachen Unklarheiten und Unselbständig-
keiten dennoch einige bestimmte und eigenartige Züge
erkennen lassen: vor Allem die beginnende Entfaltung
222. Theodor Fischer: Entwurf zu einem Grabmal (Laurath
Zenetti). O/20 der wirkt. Größe.)
eines eigenen vielleicht sogar national-deutschen oder
wenigstens germanischen Villenstils. Das alpine
Bauernhaus spielt dabei eine leicht erkennbare Rolle.
Von all' dem, was wir bisher gesagt, würde
das historische allein genügen, um die Frage zu
rechtfertigen, warum es nicht schoit läitgst einen eben-
solchen Ausdruck gefunden hat, wie er der Geschichte
des schleswig-holsteinischen Aunstgewerbes im Thau-
low-UIuseum zu Aiel gewordeil ist. Allerdings haben
wir zu München unser Nationalmuseum. Indessen
vermag eine derartige Stätte kein Aggregat voit
— l
Aunft und Handwerk. 50. Iahrg. Heft
religiösen, bewirkt haben, vielleicht in erster Linie der
Alostersturnr, sind ganz besonders für unsere ober-
bayerische Aunstentwicklung und für ihre Würdigung
ein unabsehbarer Schaden geworden; im Großen
das, was etwa im Aleinen für Hamburgs Ärmst
der denkwürdige Brand von gewesen. Allein die
Ungunst der Zeiten scheint nicht überall in gleicher
Weise geschadet zu haben. Zwar ist die Bedeutung
von Alöstern wie Wessobrunn und Pähl dahin und
nur nrehr auf historischen Wegen zu erkennen; zwar
hat Weilheim heute anscheinend keinen Arumper
und Angermeyer mehr, und von den einstigen Edel-
schnriedcarbeiten in Filigran, die dort gefertigt wurderr,
erzählen nur mehr geschichtliche Reste. Allein weiter
drinnen in den vor dem Wetter der Lüfte wie der
Zeiten geschützteren Thälern ist die Ueberlieferung
nicht ebenfalls abgerissen. Zwar genießt parten-
kirchen mit seinem Land nicht mehr wie einst die
Bortheile der handelsverbindung mit Italien; trotzdem
scheint ein Theil seines jetzigen künstlerischen Reich-
thums, die Gold- und Silberarbeiten, ein Bruchstück
einer eheinals viel weiter ausgedehnten Aunst zu
sein, die entweder aus der Verkehrsnähe Italiens
entstanden oder durch sie befruchtet war. Auch an-
dere oberbayerische Mrte, wie Tegernsee, scheinen an
der pflege dieser Ueberlieferungen ihren Antheil zu
nehmen.
Gs handelt sich also nicht nur uin eine Ver-
gangenheit, sondern auch um eine Gegenwart, und
zwar uin eine, die sich stetig wieder umwandelt.
Die Holzschnitzkunst in Partenkirchen und Garmisch
arbeitet sowohl größere Werke wie Airchen- und
Zimmerausstattungen, als auch Aleineres wie allerlei
reizende Nippwaaren: Thierchen, Aassetten, Brachen
u. dgl. mehr. Aber schon merkt man einen Rück-
gang dieser Aleinarbeiten, in denen ja der Aünstler
wohl noch mehr zur Geltung kommt als in den
umfangreichen Nutzwerken. Die Distriktsschule will
jene Arbeiten nicht mehr pflegen, um den privaten
Aünstlern keine Aonkurrenz zu machen; und diese
Hinwider sind auch nicht mehr mit rechter Freude
dabei, weil sie sich von der — vielleicht mechanischer
arbeitenden — Aonkurrenz aus der Schweiz über-
flügelt fühlen. Wie immer es sich damit verhalten
mag: jedenfalls liegen hier kultur-, kunst-und wirth-
schaftsgeschichtliche Wandlungen vor uns, deren Fest-
stellung ein Zeitalter wie das unsrige sich nicht ent-
gehen lassen sollte.
Doch noch mehr. Die heutigen Verhältnisse der
Architektur zeigen Wandlungen, in denen sich mitten
Zwischen vielfachen Unklarheiten und Unselbständig-
keiten dennoch einige bestimmte und eigenartige Züge
erkennen lassen: vor Allem die beginnende Entfaltung
222. Theodor Fischer: Entwurf zu einem Grabmal (Laurath
Zenetti). O/20 der wirkt. Größe.)
eines eigenen vielleicht sogar national-deutschen oder
wenigstens germanischen Villenstils. Das alpine
Bauernhaus spielt dabei eine leicht erkennbare Rolle.
Von all' dem, was wir bisher gesagt, würde
das historische allein genügen, um die Frage zu
rechtfertigen, warum es nicht schoit läitgst einen eben-
solchen Ausdruck gefunden hat, wie er der Geschichte
des schleswig-holsteinischen Aunstgewerbes im Thau-
low-UIuseum zu Aiel gewordeil ist. Allerdings haben
wir zu München unser Nationalmuseum. Indessen
vermag eine derartige Stätte kein Aggregat voit
— l
Aunft und Handwerk. 50. Iahrg. Heft