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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 22.1911

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Schumann, Paul: XI. Tag für Denkmalpflege
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https://doi.org/10.11588/diglit.5953#0009

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frCAD.USEH.

KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

MMR*«

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Querstraße 13
Neue Folge. XXII. Jahrgang 1910/1911 Nr. 1 u. 2. 14. Oktober 1910.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« monatlich dreimal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfaßt 40 Nummern.
Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende Kunst« erhalten die Kunstchronik kostenfrei. — Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt
eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E.A.Seemann,
_Leipzig, Querstraße 13. Anzeigen 30 Pf, für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen an.

XI. TAG FÜR DENKMALPFLEGE
Der Tag für Denkmalpflege ist in diesem Jahre
zum elften Male zusammengetreten und zwar in der
alten Hansestadt Danzig im fernen Nordosten des
Reiches. Der Reichtum der Stadt an alten Baudenk-
mälern, die Nähe berühmter Kunststätten wie die
Marienburg und die Kirche zu Oliva hatten auch
diesmal wieder eine große Zahl von Denkmalpflegern
— wohl an 400 — zusammengeführt, wenn auch
die Zahl, die sich im vorigen Jahre im weinfrohen
und altertumsberühmten Trier zusammengefunden
hatte, nicht ganz erreicht ward. In Danzig haben
die baulichen Zeugen der Vergangenheit, wie wir uns
überzeugen konnten, einen harten Kampf auszufechten
gegen die Ansprüche modernen bequemen Wohnens
und des Verkehrs. Die berühmten Beischläge ent-
sprechen nicht mehr einem Bedürfnis der Bürger und
verschwinden deshalb mehr und mehr. In der Lang-
gasse, der Hauptverkehrsader der Stadt, sind sie gänz-
lich verschwunden. Freilich kann man nicht sagen,
daß die Läden, die an ihre Stelle getreten sind, mit
ihren großen Schaufenstern und dem Mangel an
kräftigen, architektonisch wohl durchgebildeten Stützen
für die oberen Stockwerke das architektonische Bild
verschönt haben — im Gegenteil! Man möchte
darum wünschen, daß die Beischläge, die noch in
der Jopengasse, in der Frauenstraße, in der Brot-
bänkengasse usw. bestehen, noch recht lange und in
recht gutem Zustande erhalten würden. Danzig er-
hält sich damit eine so bemerkenswerte und reizvolle
Eigentümlichkeit, daß es schon im Interesse seines
Fremdenverkehrs noch mehr aber im Interesse der
Kunst und Denkmalpflege alle Hände über seinen
Beischlägen halten sollte. Die Stadt ist ja auch nach
Kräften bemüht, das ihre zur Erhaltung der Schön-
heiten der Stadt beizutragen. So hat die Stadtver-
waltung eben jetzt erst die Firma A. F. Sohr ver-
anlaßt, einen Wettbewerb zu veranstalten für die
Schauseite des großen Geschäftshauses mit Restaurant,
das auf ihren Grundstücken Jopengasse 1 und 2 und
Große Wollwebergasse 28—30 errichtet werden soll.
Das Wichtige dabei ist, daß die berühmte prächtige
Schauseite des Hauses Jopengasse 1 von Andreas
Schlüter dem Älteren 1640 in die Baumasse einge-
ordnet und somit erhalten werden soll. Ein anderes,
der Erhaltung sehr würdiges Haus, nämlich das köst-
liche Uphagensche (Patrizier-) Haus, hat die Stadt auf

dreißig Jahre gemietet, um es als Schaustück eines
Altdanziger Wohnhauses einzurichten und dadurch
ebenfalls zu erhalten. Die Technische Hochschule
beteiligt sich an der Erhaltung der Baudenkmäler,
indem sie durch die Studenten hervorragende Häuser
— wie das Englische Haus und das Zeughaus —
im ganzen wie in allen einzelnen Teilen aufnehmen
läßt, wobei zugleich in den Studenten selbst der Sinn
für Denkmalpflege und Heimatschutz geweckt wird.
Das bauliche Gepräge der Straßen in Danzig wird
hauptsächlich bestimmt durch die typischen Dreifenster-
häuser. Es ist kein Zweifel, daß diese schmalen und
tiefen Häuser mit ihren Hängegeschossen für das
Wohnen nach modernen Ansprüchen manche Un-
bequemlichkeiten mit sich bringen, und es gehört
sicher die Gewohnheit von Jugend an und der Stolz
auf die heimische Eigenheit dazu, um diese Unbe-
quemlichkeiten gern zu tragen. Manches dieser Häuser
mit ihren mannigfachen Renaissancegiebeln ist schon
den modernen Ansprüchen gewichen; je mehr dies
der Fall sein wird, desto mehr wird auch Danzigs
Eigenart schwinden. Möge es wenigstens gelingen,
das Neue dem alten Bilde so einzuordnen, wie es
bei dem erwähnten Preisausschreiben ausdrücklich
gewünscht wird.

Der Denkmalpflegetag bot wieder das altgewohnte
glänzende Bild: gegen zwanzig deutsche Regierungen
und zahlreiche Städte und Vereine hatten Vertreter
entsendet. Geh. Hofrat Prof. von Oechelhäuser (Karls-
ruhe) leitete wieder die Verhandlungen mit dem ge-
wohnten Geschick, so daß der Tag in voller Har-
monie und ergebnisreich verlief. Wirkl. Geh. Ober-
regierungsrat Dr. Schmidt vom preußischen Kultus-
ministerium begrüßte die Versammlung mit warmen
Worten, dasselbe taten die Vertreter der Provinzial-
regierung, der Stadt Danzig, der Technischen Hoch-
schule, der Geistlichkeit usw.

Aus dem Jahresbericht, den der Vorsitzende er-
stattete, erwähnen wir folgendes: Der vorjährige An-
trag des Prov.-Kons. Haupt, es erscheine dringend
notwendig, daß in umfassender und zweckmäßiger
Weise an Bauten und sonstigen Kunstwerken neuer
und neuester Zeit Herstellungsinschriften, mindestens
die Jahreszahl enthaltend, angebracht werden, ist in
umfassender Weise den staatlichen und kirchlichen
Behörden übermittelt und von zahlreichen Stellen zu-
stimmend beantwortet worden. Der geschäftsführende
 
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