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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 22.1911

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Kronig, J. O.: Kritische Bemerkungen zu der Ausstellung holländischer Gemälde des 17. Jahrhunderts in der "Salle du Jeu de Paume" in Paris
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5953#0290

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Personalien — Ausgrabungen - Funde — Ausstellungen — Sammlungen

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de Jonge (ein an Reinbrandt stark erinnernder Flinck),
ein entzückender feiner Ruisdael, der aparte Tauben-
schlag von Jan Sleen, mit der an van Goyen er-
innernden Landschaft, zwei treffliche Porträts von
Th. de Keyser usw. J. O. KRONIG.

PERSONALIEN

Der hochverehrte Nestor der deutschen Kunstgeschichts-
forschung Carl Justi hat seinen neunzigsten Geburtstag
gefeiert.

Wien. Zum Präsidenten des Kuratoriums des Öster-
reichischen Museums für Kunst und Industrie ist der Oberst-
kämmerer Leopold Graf Gudenus ernannt worden. Dem
Grafen unterstehen in seiner Eigenschaft als Oberstkämmerer
sämtliche wissenschaftlichen und Kunstinstitute des kaiser-
lichen Hofes, die Hofmuseen, die Hofbibliothek usw.

AUSGRABUNGEN
Interessante Entdeckungen sind in Rom unter der
Kirche St. Crisogono gemacht worden, wo unter der
Direktion des bekannten christlichen Archäologen Prof.
Marucchi Ausgrabungen vorgenommen wurden. Die Kirche
gilt als von dem Papst Sylvester im 4. Jahrhundert gegründet.
Sie wurde erstmalig 731, dann im 17. Jahrhundert umgebaut.
Bei den letzten Ausgrabungen wurde vor kurzem eine
primitive Basilika mit Überresten der unterirdischen Con-
fessio der Kirche aufgedeckt. Der Unterbau enthielt den
Altar, unter dem die Märtyrer begraben sind. Nunmehr
hat man festgestellt, daß diese Kirche wie so viele frühere
christliche Verehrungsstätten ein römisches Patrizierhaus
war, das für kirchliche Zwecke zurechtgemacht worden war.
Es wurde dafür mit Malereien ausgeschmückt, worunter
Porträts verschiedener Päpste, wahrscheinlich des 8. und
9. Jahrhunderts, zu finden sind. Nächst der Apsis wurde
eine große Halle aus dem 12. Jahrhundert aufgedeckt,
deren Wände mit Blumendekorationen, Porträts und heral-
dischen Emblemen geschmückt waren. Auch zwei große
Sarkophage wurden ausgegraben, der eine ohne Dekoration,
der andere in reicher Reliefarbeit mit der Darstellung des
guten Hirten im Stil des 5. Jahrhunderts. m.

FUNDE

In'dem Chor der Kirche San Francesco zu Brescia,
die eines der schönsten Altarwerke des Romanino in einem
wunderbaren Rahmen besitzt, der dem berühmten Brescianer
Holzschneider Stefano Lamberti (1485—1538) zugeschrieben
wird, sind neuerdings interessante Fresken zum Vorschein
gekommen. Die Fresken bestehen aus einer Figur Christi
in halber Länge, den vier Evangelisten und vier Kirchen-
vätern, welch letztere von sehr großen Dimensionen sind.
Sie sind nicht gut erhalten und man wollte sie dem Ro-
manino zuschreiben, da einige von ihnen in Reisebüchern
des 18. Jahrhunderts als. solche j erwähnt sind. Von viel
früherem Datum und zum Teil in viel besserer Erhaltung
als die übrigen Fresken ist eine thronende Madonna mit
dem Jesuskind von anbetenden Engeln umgeben. Die
Fresken im allgemeinen, namentlich aber die letztgenannte
Komposition, werden als so bedeutsam betrachtet, daß der
Direktor des Brera-Museums zusammen mit Professor
Venturi nach] Brescia gereist ist, um sie zu inspizieren.
Venturi hat die Ansicht ausgesprochen, die wir dem »Athe-
naeum« entnehmen, daß die große Komposition ein Werk
des Bembo sein könne. Eine sichere Zuschreibung wird
aber wohl erst geschehen können, wenn ein genaues Stu-
dium der Archive von Brescia auf diese für die Entwick-
lung der Malerei in der ersten Hälfte des.15. Jahrhunderts
bedeutsamen Netifunde Licht geworfen hat. Bonifazio

Bembo war allerdings in Brescia geboren, aber seine Fa-
milie kam von Cremona und er identifizierte sich immer
mit dieser Stadt, indem er sich Bonifacio da Cremona
nannte. Man darf annehmen, daß er nie auf längere Zeit
in Brescia lebte und man hatte auch seinen Namen bis
jetzt in den Archiven der Stadt noch nicht gefunden. Sicher
weiß man, daß ein Andrea da Cremona, vielleicht ein
Bruder des Bonifazio Bembo, und ein Enrico da Milano
um diese Zeit in Brescia arbeiteten. Einer oder der andere
dieser Maler mag wohl in San Francesco gearbeitet haben.
Es kann jedoch nichts in dieser Hinsicht mit Sicherheit
behauptet werden, bis darauf bezügliche Dokumente ge-
funden sind. Werke der genannten Maler sind nicht weiter
bekannt, und die wenigen authentischen Arbeiten Bembos
dienen nicht dazu, die Identifizierung zu sichern. Es muß
daher die Zuschreibung Venturis an Bembo als eine durch-
aus provisorische und unsichere betrachtet werden. m.

AUSSTELLUNGEN
Ausstellung chinesischer Kunstaltertümer im
Stadt. Kunstgewerbemuseum zu Leipzig. Ein in China
seit einem Jahrzehnt ansässiger Deutscher, Herr E. Knuth
in Tsinanfu, hat im Verlauf dieser Zeit eine bemerkens-
werte Sammlung von chinesischen Bronzen, Waffen, Münzen,
Metallspiegeln, Bilderrollen u. a. zusammengebracht, die
bis zum 15. September in Leipzig ausgestellt bleibt. Die
Bronzegefäße bilden eine Hauptgruppe der Ausstellung,
enthält sie doch eine ganze Anzahl Fundstücke, besonders
Sakralgefäße für Trank-, Speise- und Rauchopfer, die durch
großzügig einfache Formengebung auffallen und zum Teil
bis zur Hanzeit zurückreichen. Die meisten alten Bronze-
arbeiten gehören der späteren Mingzeit an, aber auch
darunter befinden sich seltene Stücke. In dem vom Museum
herausgegebenen kurzen »Führer« sind einige der merk-
würdigsten alten Stücke der Sungepoche und im Choustil
abgebildet. Überaus mannigfaltig ist die Gruppe der Metall-
spiegel: alle wichtigen Typen sind in guten Beispielen
vertreten. Die Sammlung der Waffen, Schwerter, Sichel-
äxte, Pfeilspitzen, Bogenspanner, Stichblätter bietet nicht
nur ethnographisch oder nur archäologisch Interessantes.
Die Münzsammlung umfaßt alle älteren Typen (Spaten-,
Brücken-, Messermünzen u. dergl. m.). Von der großen
Sammlung von Hängebildern konnte nur eine kleine Aus-
wahl ausgestellt werden.

Posen. Im Gelände der Ostdeutschen Ausstellung
wurde am 23. Juli eine Ausstellung ostdeutscher Künstler
eröffnet. Beteiligt sind die Ortsgruppe Breslau der All-
gemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft, der Künstler-
bund Schlesien und die Posener Künstler. Die Ausstellung
der drei Gruppen erfolgte unter eigener Jury.

SAMMLUNGEN

Ein bisher unbekanntes Gemälde von Konrad Witz,
die Verkündigung Mariä, hat das Germanische National-
museum in Nürnberg aus dem Münchener Kunsthandel
erworben. In einem einfachen weißgetünchten Innenraum
mit brauner Holzdecke empfängt Maria in grünlichblauem
Kleide mit gelbgestickter Borte den Engel, der über der
einfarbig weißen Alba ein prächtiges rotsamtenes Pluviale
trägt. Den Beleuchtungsproblemen ist wie bei den übrigen
Bildern des Meisters große Aufmerksamkeit geschenkt;
der Künstler operiert mit zwei Lichtquellen: »einmal erhält
der Innenraum sein Licht durch ein nicht sichtbares Fenster
rechts im Vordergrunde, über dessen Vorhandensein der
Schatten des Mittelpfostens rechts am Boden belehrt, so-
dann wesentlich schwächer durch das Fenster der Rück-
wand.« Von allen Witzschen Gemälden zeigt die vor zehn
 
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