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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 22.1911

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Querstraße 13
Neue Folge. XXII. Jahrgang 1910/1911 Nr. 23. 21. April 1911.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« monatlich dreimal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfaßt 40 Nummern.
Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende Kunst« erhalten die Kunstchronik kostenfrei. — Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt
eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E.A.Seemann,
fs Leipzig, Querstraße 13. Anzeigen 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen an.

===== LITERATURNUMMER ========-

LITERATUR

Die deutsche Barockbaukunst hat in jüngster Zeit
verschiedentlich Beachtung gefunden, die ihr so lange ver-
sagt war und die nun ein in vielen Punkten völlig neues
Bild bekommen hat. Man kannte bisher vor allem Baltha-
sar Neumann und die Dientzenhofer, und brachte fast
alles, was an bedeutenden Bauten bekannt war, mit ihnen
in Zusammenhang. Das ist jetzt anders geworden. Man
beginnt nun immer mehr die einzelnen Künstlerindividuali-
täten von einander zu scheiden und ihre jeweilige Be-
deutung richtig abzugrenzen. Das Werk von F. Hirsch
über das Bruchsaler Schloß hat uns den in Mainz, Bruch-
sal, Worms usw. tätigen Anselm Franz Freiherrn von Ritter
zu Gruensteyn näher gebracht, ein Buch von H. Hartmann
hat den vorwiegend in Westfalen tätigen J. K- Schlaun
monographisch behandelt; nun bringt ein soeben erschiene-
nes Werk von Karl Lohmeyer einen bisher völlig unbe-
kannten und in Vergessenheit geratenen Architekten ans
Tageslicht, der einen großen Anteil an der deutschen Barock-
baukunst hat: Friedrich Joachim Stengel (1694—1787).
Das ungemein wertvolle Buch (Verlag von L. Schwann
in Düsseldorf), das auf Grund völlig unbeachteten archi-
valischen und künstlerischen Materials, eine — fast möchte
man sagen — Umwertung der Werte in der Beurteilung
der Barockarchitektur bedeutet, wird gewiß an anderer
Stelle eingehend gewürdigt werden. Doch muß schon
hier nachdrücklich darauf hingewiesen werden, zumal der-
artige Bücher — sehr zu Unrecht — allzu leicht Gefahr
laufen, als rein lokale Forschungen achtlos beiseite gelegt
zu werden. Nun ergeben die Darlegungen von Lohmeyer,
die von über 70 Abbildungen und Tafeln begleitet sind, das
überraschende Resultat, daß dieser bedeutende Architekt,
dessen Namen man bei Gurlitt, Dohme, Wörmann usw.
vergeblich sucht, an den ersten Schloß- und Kirchenbauten
Deutschlands beteiligt ist, um nur einige zu nennen: Biebrich,
Saarbrücken, St. Johann, Fulda, Usingen, Dornburg in Anhalt
usw. Doch reicht die Bedeutung des Buches noch weit über
den Rahmen einer Künstlermonographie hinaus, es gibt
völlig neue Aufschlüsse über das Werden des rheinischen
Barockstiles überhaupt. So tritt auch schon hier die Per-
sönlichkeit in den Vordergrund, die im Mittelpunkt des
gesamten rheinischen Kunstlebens stand: der kurmainzische
und bambergische Baudirektor Maximilian von Welsch,
dessen Haupttätigkeit in Mainz statthatte, über den der
Verfasser eine eigene Untersuchung in Aussicht stellt, der
man schon auf Grund dieser vortrefflichen Arbeit die Pro-
gnose stellen darf, daß sie die Geschichte der Barockarchi-
tektur in Deutschland um ein beträchtliches Stück vorwärts
bringen wird. w. f. st.

H. V. Hilprecht, Der neue Fund zur Sintflutgeschichte aus
der Tempelbibliothek von Nippur. Mit 6 Abbildungen.
Leipzig, J. C. Hinrichs Buchhandlung 1910. 64 S.
Der viel angefeindete — viel Feind, viel Ehr — Assy-
riologe der Pennsylvania Universität, der jetzt, infolge wäh-
rend seiner Abwesentheit vorgenommener unrechtmäßigen
Eingriffe in sein Tätigkeitsgebiet in Philadelphia seine Stel-
lung niedergelegt hat, läßt hier durch Dr. Rud. Zehnphund
eine Übersetzung der in den »Researches and treatises of the
Babylonian Expedition of the University of Pennsylvania«
erschienene Abhandlung über eine in Nippur gefundene
Sintfluttafel veröffentlichen, die einerseits entbehrliche Weg-
lassungen zeigt, andererseits aber wichtige Zusätze gegen-
über dem Original enthält. Wenn man auch des hochver-
dienten deutsch-amerikanischen Gelehrten Datierungen und
Ergänzungen als zu früh resp. zu weitgehend betrachtet,
so muß man doch die Wichtigkeit des Fundes und die
Bedeutung für die Religionsgeschichte anerkennen. Uns ist
kein Zweifel, daß hier keineswegs das zeitlich älteste Sint-
flutdokument der babylonisch-assyrischen Keilschriftliteratur
vorliegt; aber damit ist die Wichtigkeit des Fundes und
der Publikation in keiner Weise geleugnet. Auf Details
einzugehen ist hier nicht die Stelle, so sollen nur weitere
Kreise als die an Assyriologen und Neutestamentler auf die
anregende Veröffentlichung aufmerksam gemacht werden:
die »Kunstchronik« ist wohl berechtigt, davon zu sprechen,
wo doch die Szenen des alten Testamentes eine so wich-
tige Rolle in den bildenden Künsten spielen und man aus
neuen Versionen der Sintflutlegende auch neue Unterlagen
für bildliche Darstellung derselben finden kann.

Max Maas, München.

H.W. Lawrence and B. L. Dighton, French Line engravers
of the late XV/// Century. London, Lawrence &Jellicoe,
1910. 40. SS. XXVI u. 112. Mit 81 Heliogravüren.
Mit der französischen Kunst des 18. Jahrhunderts hat
man sich in England nicht nur praktisch intensiv beschäf-
tigt, wie die berühmte Wallace-Collection zeigt, sondern
auch schriftstellerisch. Leider haben sich aber bislang nur
Nichtfachleute wie Lady Düke und Mrs. Julia Frankau —
letztere ist überhaupt als Schrifstellerin eine Dilettantin —
der Aufgabe bemächtigt, und durch das Lancieren von
schlechten Büchern die Erscheinung von guten erschwert.
Da ist um so freudiger ein Umschwung in der Lage zu
begrüßen, der mit der Veröffentlichung vorliegenden Werkes
eintritt, das sicherlich zu dem Besten gehört, was über-
haupt von graphischen Fragen handelt. Über die »Klein-
meister« der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Frank-
reich, über die Künstler der Bücherillustration, besitzen
wir schon lange in Cohens Werk einen ausreichenden,
wenn auch die Folgen nur summarisch behandelnden
 
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