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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 22.1911

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Cohen, Walter: Rheinisches Kunstleben: (Köln - Der Sonderbund und seine Ausstellung - Das Elberfelder Stadtjubiläum)
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5953#0036

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Ausstellungen

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hagener Porzellan, Statuetten, Tierskulpturen, Vasen
und bemalte Teller, teilweise zum erstenmal nach
Modellen ausgeführt, die Herr Simons gemeinsam mit
dem Direktor im Vorjahre in der Königlichen Por-
zellanmanufaktur in Kopenhagen ausgewählt hatte.
Andere Elberfelder, mehr der alten Kunst zugewandt,
hatten dem Museum Gemälde von Jakob van Ruis-
dael, Simon de Vlieger und Albert Cuyp, Molenaer
und H. M. Sorgh zugewandt. Der große Cuyp, eine
Ansicht von Amersfort mit Schafherde zur Rechten,
nimmt als Frühbild besonderes Interesse in Anspruch.
Unter den sonstigen Geschenken seien noch erwähnt
die berühmte Sammlung alten Porzellans von Frau
Emilie Weyerbusch, die in einem besonderen Räume
Aufstellung gefunden hat, Rodins »schreitender Mann«
in Bronze, Landschaften von Claude Monet und
Signac. Freiherr August von der Heydt, der be-
kannte Elberfelder Mäzen, hätte der Zuneigung für
seine Vaterstadt keinen schöneren Ausdruck geben
können, als durch die Stiftung von Bernhard Hoetgers
»Gerechtigkeitsbrunnen« für einen öffentlichen Platz
Elberfelds. Hoetger, der geborene Westfale, der so
lange in Paris gelebt und sogar Rodins Anerkennung
gefunden hat, mag für seine bevorstehende Über-
siedelung nach Deutschland keinen besseren Beginn
sich wünschen, als diesen Auftrag, dessen glückliche
Lösung seiner herben Kunst zahlreiche neue Freunde
zugeführt hat. Drei mittelalterlich stilisierte Löwen
tragen das Wasserbecken mit dem Bibelwort als Um-
schrift: »Des Gerechten Mund ist ein lebendiger
Brunnen«. Auf diesem Unterbau erhebt sich in
Bronze die Gestalt eines jungen Weibes mit unbe-
kleidetem Oberkörper, das in ekstatischer, hinreißen-
der Gebärde beide Arme ausbreitet, Gerechtigkeit von
der Gottheit herabzuflehen.

Eben hat man auch Tuaillons machtvollen Kaiser
auf der Kölner Dombrücke enthüllt. Sollte die Ära
der schlechten Denkmäler am Rheine wenigstens vor-
über sein? Mit Hoetgers Monumentalbrunnen und mit
seiner ganzen städtischen Kunstpolitik hat Elberfeld,
das kann ohne Übertreibung gesagt werden, dem
Rheinlande und darüber hinaus allen deutschen Landen
ein herrliches Beispiel gegeben. Walter Cohen.

AUSSTELLUNGEN
Leipzig. Man bekommt nicht sehr häufig größere
Ausstellungen französischer Kunstwerke zu sehen und
unsere Museen bergen nicht allzuviel Werke aus den
großen Zeiten der französischen Malerei, um so verdienst-
voller ist eine Vorführung wie die vom Leipziger Kunstverein
veranlaßte Ausstellung von Bildern französischen Ursprungs
des 18.—20. Jahrhunderts, die eben eröffnet worden ist.
Das Thema ist zu umfangreich, als daß es in dem gegebe-
nen engen Rahmen erschöpfend behandelt werden könnte,
die Ausstellung kann im wesentlichen Andeutungen geben.
Man darf getrost sagen, daß eine solche Fülle von Anregun-
gen, wie sie durch die gegenwärtige Ausstellung geboten ist,
sehen in den Räumen des Kunstvereins zu sehen war.
Allerdings ist ja ein Hauptmeister wie Mattet so gut wie
gar nicht vertreten. Von Künstlern des paysage intime
spricht allein Corot etwas vernehmlicher. Auch die Meister
des 18. Jahrhunderts kommen nur durch Stücke, wie sie die
Gelegenheit bietet, zum Worte. Allein überschlägt man das

Ganze und zieht man in Betracht, welch eine Energie und
Opferfreudigkeit dazu gehört, eine solche Zahl von guten
Stücken zusammenzuführen, so muß man sagen, daß den
Veranstaltern der Ausstellung lebhafter Dank gebührt,
denn es ist sehr viel des Guten und Überraschenden vor-
handen. Die Porträts eines Van Loo und Tocque wirken
auch in größeren Exemplaren nicht interessant. Ganz gut
ist Nattier mit einem Damenbildnis und Chardin mit
einigen seiner hübschen Genrebildern zu studieren. Aus-
gezeichnet ist das Porträt der Mme. Servan von David,
der »Pascha« von Fragonard gehört mit zu den am meisten
charakteristischen Werken des Meisters. Von Ingres ist
ein vorzüglicher weiblicher Akt ausgestellt, Millet dagegen
ist nicht sehr bezeichnend mit einem Jägerbildnis vertreten.
Welch hervorragende Rolle ein Mann wie Delacroix in
der französischen Kunst des 16. Jahrhunderts einnimmt,
wird immer nur dem klar werden, der die Louvrebilder
des Meisters gesehen hat; etwas besser ist Courbet zu
verstehen und der kraftvolle, sachliche Charakter seiner
Kunst, die mit der Bezeichnung »naturalistisch« nur schlecht
umschrieben wird. Obwohl die Entwicklung der französi-
schen Malerei im ig. Jahrhundert sich nicht in so stetiger
und ruhiger Weise vollzieht wie in früheren Zeiten die
Kunst Italiens oder Deutschlands, schreitet sie doch voll-
kommen organisch und natürlich fort. Es ist evident, wie
immer mehr und mehr der konzentrierteste und schlagendste
Ausdruck gesucht wird, wie an Stelle der langatmigen Er-
zählung die scharfe Pointe tritt, wie die Farbe immer
leuchtender und luftiger wird und die Form sich immer
mehr löst. Monet ist der am leichtesten verständliche
Maler des Impressionismus, der für ihn die bequemste
Formel gefunden hat; die zum Teil aus der Sammlung
von Durand-Ruel stammenden Bilder der Ausstellung be-
zeichnen ihn ganz gut. Camille Pissarro läßt sich am
besten studieren; seine Bilder von Paris sind von unend-
lichem Zauber, von sehr starkem historischen und mensch-
lichem Interesse ist dann besonders sein Bildnis von Paul
Cezanne, des großen Vaters der allermodernsten syntheti-
schen Malerei. Ganz vorzüglich kommt auch Raffaelli zur
Geltung mit zwei vortrefflichen Pariser Landschaften;
daß er unter Umständen auch etwas langweilig sein kann,
beweist das lebensgroße Doppelbildnis »Der Herbst des
Lebens«. Die kleinen Landschaften von Renoir geben nur
ein schwaches Bild von dem entzückend-liebenswürdigen
Wesen des Meisters, der wie ein moderner Prudhon den
femininen Zug französischen Wesens verkörpert. A. Sisley
ist reiner Landschafter wie Monet, aber weniger Systema-
tiker wie dieser. Der Begriff Impressionismus bezeichnet
bei weitem nicht vollständig das wunderbare Phänomen:
moderne französische Malerei; wie zu den Zeiten der
Romantik neben Delacroix ein Ingres existierte, so gibt es
neben Manet einen Maler wie Puvis de Chavannes, der
Meister des modernen französischen Freskostils par ex-
cellence. Seine bekannte »Enthauptung Johannes des
Täufers« ist eines seiner wenigen Staffeleibilder. Neben
Puvis ist Carriere eine Persönlichkeit eigener Art; sein
Mädchenbildnis, das mit ausgestellt ist, gehört zu den
liebenswürdigen Bildern der Kollektion. Die eigent-
lichen Künstler sind wie anderswo so auch in Frankreich
in der Minderzahl, das Feld beherrschen eigentlich doch
die Akademiker. Die französischen Akademiker übertreffen
die unsrigen an Routine und Geschick. Die Skizzen von
F. P. Laurens zu den Wandgemälden im Pantheon sind
allerdings ziemlich langweilig; andere Maler haben von
den eigentlich schöpferischen Kräften eben so viel ab-
geguckt, um auf dem ersten Eindruck »modern« zu
wirken; zu ihnen gehören ein Rochegrosse, RMier-Dumas
und andere mehr. Die originalschaffenden Maler Frank-
 
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