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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 22.1911

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Dürer und der Hausbuchmeister
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Aus Amerika, [2]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5953#0185

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345

Aus Amerika — Nekrologe — Personalien

346

keinen Einfluß des Hausbuchmeisters konstatiert hat, der
heute eigentlich fast allgemein anerkannt wird. Ochen-
kowski (a. a. O. p. 11) weist für die drei Landsknechte
auf einzelne Jünglingsgestalten aus dem Werke des Haus-
buchmeisters und die Landsknechte des ihm verwandten
Meisters der Herpinhandschrift (z. B. f. 171 u. f. 181) hin,
dem man neuerdings die Mittlerrolle zwischen dem Hausbuch-
meister und Dürer hat zuweisen wollen. Die angedeuteten
Behauptungen wären wohl einer eingehenden Untersuchung
wert. Doch ist gerade hier Vorsicht geboten und es muß
dringend gewarnt werden vor allzu hypothetischen Behaup-
tungen, die das Wesen des Hausbuchmeisters eher ver-
wirren als klären helfen.

P. S. Als neue Nachricht muß hinzugefügt werden, daß
sich der Hausbuchmeister-Ahasverus wiederum auf Reisen
begeben hat. Mainz, Frankfurt, Heidelberg (die ohne
Zweifel Rechte an ihn haben) werden energisch abgelehnt,
und die freie Reichsstadt Speyer als Hauptort seiner Tätig-
keit proklamiert. Nach Speyer ist er via Eßlingen von Ulm
gekommen, wo er zwischen 1472 und 1475 tätig gewesen
sein soll! (vgl. Monatsh. f. Kunstw. IV, 162—175). b.x.q.

AUS AMERIKA.

Unter den Neuerwerbungen des Fogg Museums in
Cambridge, Mass. können wir zwei für die Kunstwissen-
schaft nicht unwichtige Bilder verzeichnen. Das erste ist
eine oblonge Leinwand von Bonifazio Veronese, früher
im Besitz von Mr. C. B. Perkins in Boston. Es stellt die
heilige Familie inmitten reicher Landschaft dar und zeigt
große Verwandtschaft mit den früheren Werken des Tizian.
Das Bild war früher unbeachtet geblieben, denn es befand
sich in einem Zustand, der die Qualität nicht zutage
treten ließ. Jetzt ist es gereinigt und macht einen überaus
günstigen Eindruck. Das zweite, ein Tafelbild aus der
Sammlung Fabretti in Rom, ist eine der vorzüglichsten
Arbeiten des römischen Quattrocentisten Antoniazzo Ro-
mano. Es ist der linke Flügel des 1491 von Ouillaume
des Periers bestellten Altarbildes aus S. Maria della Pace
und stellt den heiligen Fabian in ganzer Figur stehend
dar und ist im Typus wie in der Zeichnung von Melozzo
da Forli beeinflußt. (D'Achiardi, der das Bild besprach
[L'arte 1905], hat es für ein Werk des Melozzo gehalten.)

Der Magistrat von Buffalo, N. Y., brachte einen
Erlaß, laut welchem sämtliche nackten Figuren, Statuen
wie Bilder, im Museum der Stadt mit Schamtüchern ver-
sehen werden müssen. Buffalo ist nicht die erste Stadt
in den Vereinigten Staaten, eine derartige Verordnung zu
treffen. Columbus (Ohio) und Harrisburg (Pennsylvanien)
sind in diesem Bestreben, die öffentliche Sittlichkeit in
einer so trefflichen Weise zu heben, vorangegangen.

Die Manet-Sammlung Pellerin, Paris, wird jetzt von
Durand-Ruel in New York gezeigt.

Die beiden großen amerikanischen Institute in Rom,
die Kunstakademie und die archäologische Schule, wer-
den in Bälde vereinigt ein neues Heim, an Stelle der
Villa Aurelia, beziehen. Die für die Realisierung dieses
Planes notwendig gewesene Summe von 4200000 Mark
wurde durch Privatstiftungen aufgebracht.

Das Carnegie Institute in Pittsburg, Pennsylvanien,
hat ein Bild Anton Mauves, »Die Holzfuhre«, angekauft.

Unter den Neuerwerbungen des Metropolitan-Mu-
seums in New York sind zwei hervorragende veneziani-
sche Bilder bemerkenswert: »Doge vor Christus kniend«,
von Tintoretto, einst im Besitz von Rumohr und Ruskin,
und »Venezianische Szene« von Canaletto, früher bei Sir
George Donaldson. b.

NEKROLOGE

+ München. Prof. Dr. Berthold Riehl, der Ordi-
narius für Kunstgeschichte an der hiesigen Universität, ist
am 5. April nach kurzer Krankheit im Alter von 52 Jahren
gestorben. Ein Sohn des bekannten Kulturhistorikers und
Schriftstellers Wilhelm Riehl, war er am 10. Juni 1858 in
München geboren worden, hatte hier auch seine Studien
absolviert und sich im Jahre 1884 als Privatdozent für Kunst-
geschichte habilitiert. 1890 wurde er Extraordinarius, 1906
Ordinarius der hiesigen Universität. Außerdem war Riehl
in den achtziger Jahren bei der Inventarisation der Kunst-
denkmale Bayerns tätig gewesen, hatte seit dem Jahre 1889
auch die Vorträge über Kunstgeschichte und Ästhetik an
der Akademie der bildenden Künste gehalten und war 1898
zum Mitglied der bayr. Akademie der Wissenschaften er-
nannt worden. Sein Hauptgebiet war die Kunstgeschichte
Bayerns und der Nachbarländer, doch hat er auch ferner
liegende Gebiete zum Gegenstand seiner Studien gemacht.
Von seinen Schriften seien besonders angeführt: »Kunst-
geschichtliche Wanderungen in Bayern« 1880; »Geschichte
des Sittenbildes in der deutschen Kunst« 1884; »Deutsche
und italienische Kunstcharaktere«, »Die Kunst ander Brenner-
straße« 1898, der Band »Augsburg« in E. A. Seemanns
Berühmten Kunststätten, ferner umfangreiche Aufsätze wie
die »Studien zur Geschichte der bayrischen Malerei im
15. Jahrhundert« (Oberbayr. Archiv für vaterländ. Geschichte
1896); »Zur Geschichte der frühmittelalterlichen Basilika in
Deutschland« (Sitzungsberichte der bayr. Akademie d. W.
1899); »Geschichte der Stein- und Holzplastik in Ober-
bayern bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts«, 1902. Bei
seinen Schülern, von denen viele heute an Museen und
Universitäten tätig sind (Friedländer, Weese u. a.) war der
Verstorbene namentlich wegen seines offenen, ehrlichen
und gemütvollen Wesens beliebt.

Joseph Tautenhayn, der bekannte österreichische
Medailleur und Bildhauer, geboren am 5. Mai 1837 in
Wien, ist im Alter von 74 Jahren gestorben. Mit ihm ist
der Schöpfer vieler der wichtigsten Medaillen, die unter
der Regierung Kaiser Franz Josephs modelliert wurden,
dahingegangen. Mit am bekanntesten von seinen Werken
sind die Medaille auf die Krönung Franz Josephs zum
König von Ungarn, die Vermählung der Erzherzogin Gisela,
die silberne Hochzeit des Kaiserpaares, auf Admiral Tegett-
hoff, Franz Schubert, Helmholtz usw. Auch die Preis-
medaille des Plastikerklubs in Wien ist von seiner Hand
geschaffen. Sein großer Schild »Kampf der Kentauren
und Lapithen« brachte ihm die Professur. In der Plastik
großen Stils hat sich Tautenhayn ebenfalls betätigt: die
Statuen Alexanders des Großen und des Augustus für die
Wiener Universität und die Figuren des Solon, Lykurg,
Servius Tullius und Appius Claudius für das Parlament
sind sein Werk.

Tautenhayn studierte seit 1854 auf der Wiener Kunst-
akademie. Im Jahre 1860 trat er in die Graveur-Akademie
des Kaiserlichen Münzamtes als Schüler ein und bereits
nach zwei Jahren wurde er erster Münzgraveur. Eine
Studienreise führte ihn nach Italien, Frankreich und Eng-
land. Seit 1873 war er Professor an der Akademie der
bildenden Künste.

PERSONALIEN
Geheimer Baurat Prof. Dr. Paul Wallot ist von seinem
Lehramt in Dresden zurückgetreten. Seit 1896 war er an
der Dresdener Kunstakademie und der dortigen Technischen
Hochschule als Lehrer der Hochbaukunst tätig. Der Rück-
tritt des bald 70jährigen Meisters bedeutet für die beiden
Institute, denen seine künstlerische Autorität eine außei-
 
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