Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 22.1911

DOI Artikel:
Osborn, Max: Die Neuerwerbungen der Berliner Nationalgalerie
DOI Artikel:
Die gemeinsame Tagung für Denkmalpflege und Heimatschutz in Salzburg 13. - 15. September 1911
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5953#0328

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
631

Die gemeinsame Tagung für Denkmalpflege und Heimatschutz in Salzburg

632

C. D. Friedrichs, das, wohl mit Recht, Caroline Bardua I
zugeschrieben wird, und Joh. Heinr. Voß von Wilhelm
Tischbein, 1818 in Eutin gemalt.

Und gegen diesen Reichtum nun die beschämende
Kollektion des »Zeitgenössischen«! Beschämend nicht
nur durch ihre winzige Zahl — auch durch die laue
Qualität. Eine ältere märkische Landschaft von Karl
Hagemeister von schöner Energie des Naturempfindens,
ein hübsches Kinderbildnis mit rotem Anzug und
Mützchen von Artur Kampf, eine anmutig modellierte
Diana von Felderhoff — damit ist die Ehre knapp
gerettet. Eine größere Skulptur von Tuaillon ist be-
stellt und in Arbeit, aber noch nicht fertig. Das
übrige ist kaum passabel: ein überaus schwächlicher
Skarbina aus dem Nachlaß (hätte sich da nicht etwas
Besseres finden lassen?); ein unbeträchtlicher Looschen
(auch von ihm wäre Wertvolleres zu haben gewesen),
Gleichgültigkeiten von fulius Bergmann, Albert Hertel,
Hugo Vogel. Dazu noch ein ausländisches Werk als
Geschenk: ein weibliches Porträt von Kröyer, gleich-
falls eine matte, gar nicht charakteristische Arbeit.
Damit sind wir zu Ende — ist das nicht kläglich?
Aber es ist ja bekannt, daß die Ankäufe dieser Art
den sinnlosesten Beschränkungen unterworfen sind.
»Sezessionisten« — dürfen nicht herein! Künstler
wie Slevogt und Corinth — verboten! Ist das alles
zu verstehen? Ist es zu glauben? Dabei wird man
natürlich Werke solcher Persönlichkeiten später doch
ankaufen müssen, freilich für das Doppelte oder Drei-
fache des heutigen Preises — jene Erfahrung mit
Böcklin sollte doch endlich zu denken geben. Es ist
ein schlechthin unwürdiger Zustand.

Man muß unter solchen Umständen im Grunde
noch dankbar dafür sein, daß — wenigstens das
Schlimmste verhütet wurde, daß man nicht ganz böse
Mittelware in größeren Quantitäten und irgendwelche
bombastischen Riesenschinken angekauft hat. Aber lange
kann es so nicht weitergehen. Ein Ausweg muß
gefunden werden. Will man die Nationalgalerie ein-
seitig zu einem historischen Museum des 19. Jahr-
hunderts ausgestalten, so soll uns das recht sein —
aber dann ist es unabweisbar, in irgend einer Form
daneben eine »Galerie der Lebenden« zu begründen,
eine Sammlung moderner, zeitgenössischer Kunst, wie
sie Wien und München unter staatlichem Schutze
längst besitzen. Justi wäre der Mann dazu, in ruhiger
Arbeit uns auch das zu erstreiten.

MAX OS BORN.

DIE GEMEINSAME TAGUNG FÜR DENKMAL-
PFLEGE UND HEIMATSCHUTZ IN SALZBURG
13.—15. SEPTEMBER 1911.
Unter ganz außergewöhnlich starker Beteiligung
fand der diesjährige Denkmalpflegetag in Salzburg
statt, dadurch vor den früheren Tagungen besonders
charakterisiert, daß er sich mit dem Bunde »Heimat-
schutz« zu gemeinsamer Arbeit vereinigte und daß
er zum erstenmal auf österreichischem Boden ab-
gehalten wurde. Fernerhin sollen alle zwei Jahre
solche gemeinsame Tagungen abgehalten werden,
während in den dazwischenliegenden Jahren spezielle

Tage für Denkmalpflege stattfinden sollen. Nach
den Ausführungen des Vorsitzenden der Tagung,
Geh. Hofrat Prof. Dr. von Oechelhäuser- Karlsruhe
verspricht man sich von der gemeinsamen Arbeit mit
dem mehr volkstümliche Zwecke verfolgenden Bunde
»Heimatschutz« den Erfolg, daß der beiden gemein-
same Gedanke des Schutzes und der Erhaltung wert-
vollen Kunst- und Naturgutes in breitere Schichten
getragen werde. Wenn der Denkmalschutzgedanke
nicht im Volke selbst feste Wurzeln fasse, seien alle
gesetzlichen und polizeilichen Maßregeln umsonst.
Vielleicht verdankte die diesjährige Tagung diesem
Zusammenwirken mit dem populären Heimatschutz-
verbande ihre enorme Beteiligung (man zählte bereits
am zweiten Tage über 750 Teilnehmer!), was aber
für den Gang der Beratungen selbst gewiß nicht von
Vorteil war, da durch eine so große Zuhörerzahl aus
breitesten Kreisen notwendigerweise das Niveau der
Vorträge herabsinkt, und da sich auch schwer De-
batten entwickeln können. Tatsächlich kam es nur
etwa dreimal zu schüchternen Debattenansätzen.

Nachdem am Begrüßungsabend selbst nach Ab-
solvierung der Begrüßungsreden Hofrat Prof. Strzy-
gowski-W'wn einen Lichtbildervortrag über »Salzburgs
Kunstdenkmäler« gehalten hatte, in dem er am Schlüsse
auch die in Salzburg momentan schwebenden Regulie-
rungsfragen gestreift hatte, begann die erste Sitzung mit
einem Referate des Geh. Regierungsrates Prof. Clemen-
Bonn über »Entwickelung und Ziele der Denkmalpflege
in Deutschland«. Ausgehend von der Tatsache, daß die
Denkmalschutzgesetzgebung in Deutschland keineswegs
eine einheitliche sei, und daß es auch niemals eineReichs-
Denkmalschutzgesetzgebung werde geben können, da
es auch keine entsprechenden Reichsorgane zu ihrer
Durchführung gebe, gab Clemen in kurzer Über-
sicht eine Entwickelung des Denkmalschutzgedankens
in den einzelnen Ländern und Provinzen. Eigentliche
Denkmalschutzgesetze gibt es bisher nur in Hessen
und Oldenburg (letzteres auf der Grundlage der Denk-
malklassierung). Baden, Württemberg und Sachsen
haben auf ein Denkmalschutzgesetz verzichtet, indem
sie das Interesse der Gemeinden zu heben versuchen.
Sachsen im besondern versucht mit einem Baugesetze
und zuletzt mit einem weitgespannten »Verunstal-
tungsgesetze« auszukommen. Bayern braucht kein
eigenes Gesetz, da in älteren Verordnungen ein ge-
nügender Schutz der Denkmäler vorgesehen ist. Ein
ähnlicher Fall liegt in Preußen vor, das allerdings auch
in seinem neuen Verunstaltungsgesetze den Denkmälern
dadurch weiteren Schutz gewähren will, indem es das
historische Stadtbild schützt. Freilich erwartet es hierbei
den Erlaß von Einzelverordnungen seitens der einzel-
nen Gemeinden, die aber in vielen und oft in den
wichtigsten Fällen versagen. Hier ist das sächsische
Verunstaltungsgesetz vollkommener, indem es im Falle
eine Gemeinde zögert, eine solche Verordnung zu er-
lassen, eine zwangsweise Verordnung seitens der vor-
gesetzten Behörden (Kreishauptmannschaft, Ministerium)
vorsieht. Als das gemeinsame Ziel all dieser Be-
wegungen glaubt Clemen zu erkennen, daß man den
Gemeinden nicht nur Verbote von Demolierungen usw.,
 
Annotationen