Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 22.1911

DOI article:
Neues aus Belgien
DOI article:
Verschiedenes / Inserate
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5953#0111

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
197

Nekrologe — Personalien

ig8

noch immer arbeitet, durch eine glänzende Veranstaltung
geehrt. Den Anlaß dazu gab die Verleihung der gol-
denen Medaille an Laermans durch den internationalen
Salon dieses Jahres, auch die völlige Herstellung von
der schlimmen Augenkrankheit des Künstlers, während der,
wie seinerzeit viel besprochen, die Königin Elisabeth einer
spontanen Regung folgend, in das bescheidene Haus der
Mutter des Malers des Proletariats gekommen war, um
diese und den von der Erblindung bedroht gewesenen Maler
zu trösten. Am Ehrentage Laermans' versammelten sich
alle Schulkinder und Vereine der Gemeinde vor und im
Rathause. Der Schöffe Mettewie gab, in Vertretung des
erkrankten Bürgermeisters, in beredten Worten ein Bild
vom Wirken und dem Werte des Stadtkindes, dem die
Gemeinde alsdann eine Plakette in Gold verehrte. Vom
Rathause wurde Laermans und seine Familie im Zuge zur
Zeichenschule geleitet, wo ein zweiter Festakt stattfand.
Hier wurde dem braven Künstler ein Goldenes Buch der
Gemeinde eingehändigt, in welches sich sämtilche behörd-
lichen Personen, sowie die meisten angesehenen Bürger
der Vorstadt eingetragen hatten.

De Wever, Bildhauer in Brüssel, starb in tragischer
Weise. Dieser bescheidene, aber tüchtige Künstler, dem
die belgische Hauptstadt mehrere interessante Werke und
nette Kleinkunst verdankt, hatte den Auftrag erhalten, das
Erinnerungsmonument für den Brüsseler Seehafen herzu-
stellen, ein Werk, das ihm außerordentlich glückte. De
Wever gedachte mit diesem groß angelegten Projekt seiner
künstlerischen Laufbahn die Krone aufzusetzen. Das Werk
war angenommen worden, aber die Ausführung wurde
immer wieder hinausgeschoben, teils Zerwürfnisse halber
zwischen der Regierung und der Gesellschaft zur Errichtung
des Seehafens, teils weil in der Kommission zur Abnahme
des Denkmals Männer saßen, die von Kunst nicht das
Mindeste verstanden und an allem schikanierten. Unter
dem Einflüsse dieser Umtriebe und einer seelischen De-
pression hing sich De Wever einen Tag nach der groß-
artigen Kundgebung zu Ehren Eugene Laermans', der
er noch in guter Laune beiwohnte, auf dem Boden seines
Hauses auf. a.r.

NEKROLOGE
Hermann Pleuer. Am 6. Januar abends ist der
Stuttgarter Maler Hermann Pleuer seinem Freunde Rei-
niger in das Grab gefolgt. Mit ihm ist einer der ent-
schiedensten Vorkämpfer der Freilichtmalerei in Deutsch-
land dahingegangen. In weiteren Kreisen bekannt wurde
Pleuer durch seine Darstellungen fahrender Eisenbahnzüge
zu allen Jahreszeiten und Tagesstimmungen. Es gibt viele
Hunderte solcher Bahnbilder und -Studien. Dennoch bil-
den sie nur einen verhältnismäßig kleinen Teil seinesGesamt-
werkes. Pleuer war 1863 in Sch.-Gmünd geboren, studierte
erst an der Kunstgewerbeschule, dann unter Grünenwald
und Häberlin an der Akademie seiner Vaterstadt, zuletzt
unter Otto Seitz in München. Seinen Stil hat er ganz
unbeeinflußt aus sich selbst heraus entwickelt. Aus seiner
Frühzeit existieren Figurenbilder und Porträts, die zu den
Meisterwerken aller Zeiten gerechnet werden müssen.
Eines davon, der Abschied eines Liebespaares, gelangte
unlängst durch die Freigebigkeit des Fabrikanten Bosch
in das Stuttgarter Museum, die anderen Stücke, darunter
ein Frauenbad mit einigen wuchtigen lebensgroßen Akten,
sind im Besitze weniger Liebhaber der Pleuerschen Kunst,
die, dank der Teilnahmelosigkeit, die dem Künstler lange
Zeit hindurch von breiten Kreisen widerfuhr, seine köst-
lichsten Arbeiten leicht erwerben konnten. Neben diesen
großen Figurenbildern sind es vor allem wundervolle Land-
schaften im Mondlicht, welche die Vergleichung mit den

besten Schöpfungen Reinigers nicht zu scheuen brauchen.
Das Studium der Landschaft führte ihn allmählich zur
Darstellung des Eisenbahnzuges, und von ihr gelangte er
wiederum zurück zum Figurenbild, zur Darstellung der
Eisenbahnarbeiter, Lokomotivführer usw., deren schwerem
Beruf er das schönste Denkmal gesetzt hat. Eine Er-
kältung, die er sich bei den winterlichen Studien für das
große Wandbild in der Ständekammer zuzog, hatte ein
Lungenleiden im Gefolge, das nun, nach anderthalb schmerz-
vollen Jahren, zum Tode führte. b-m.

Der Nestor der Wiener akademischen Bildhauer, Franz
Christoph Erler, ist in Wien im Alter von 82 Jahren
gestorben. Erler wurde am 5. Oktober 182g in Kitzbühel
geboren. Sein Name wurde durch seine Reliefs »Sünden-
fall« und »Pfingstfest« und die zwölf Apostelstatuen in der
Wiener Votivkirche bekannt. Zu seinen Hauptwerken
zählen ferner das Grabdenkmal des Kardinals Fürsterzbischof
Rauscher und die Pietägruppe am Herz-Jesu-Altar, beide im
Wiener Stepbansdom.

München. Der Maler Prof. Wladislaw v. Czachorski

ist, 60 Jahre alt, gestorben. Czachorski war in Lublin
(Russisch-Polen) geboren, ging nach Warschau und Dresden
als Schüler Wagners und später nach München zu Piloty.
Nach längerem Aufenthalt in Warschau ließ er sich in
München nieder. Seine Bilder sind vorwiegend weibliche
Genreszenen.

In Boscotrecase am Fuße des Vesuvs ist der bekannte
Architekt Prof. Raffaele Carito, der Erbauer des Achil-

leions auf der Insel Korfu, gestorben.

In Wien ist der Schloßhauptmann von Schönbrunn
und Hetzendorf, Karl Scheffler, im 73. Lebensjahre ge-
storben. Er war in seiner Vaterstadt Wien früher ein ge-
schätzter Architekt.

Am 29. Dezember 1910 verstarb in Paris der angesehene
Landschafisinaler Gustav Colin im Alter von 82 Jahren.
Vor einem Jahre veranstaltete die Societe nationale eine
Gesamtausstellung der Colinschen Werke, die einen großen
Erfolg hatte.

In Düsseldorf ist der Bildhauer Leo Müsch im Alter
von 65 Jahren gestorben. Von seinen Werken sind nament-
lich der Corneliusbrunnen in Düsseldorf und der Jubi-
läumsbrunnen in Elberfeld bekannt.

PERSONALIEN

Wien. Dem Direktor des österreichischen Museums
für Kunst und Industrie, Regierungsrat Dr. Eduard Lei-
sching wurde der Hofratstitel verliehen.

Der als Nachfolger von Prof. Paul Schubring als Pro-
fessor der Kunstgeschichte nach Basel berufene Dr. Ernst
Heidrich, Privatdozent an der Berliner Universität, hat
die Berufung angenommen. Er wird im kommenden
Sommerhalbjahr seine Tätigkeit an der schweizerischen
Hochschule beginnen.

Der Verein Berliner Künstler hat die bisherigen
Vorstandsmitglieder einstimmig wiedergewählt. Es sind
dies Maler Prof. Rudolf Schulte im Hofe zum 1., Maler
und Radierer Otto Protzen zum 2. Vorsitzenden. Maler
G. H. Engelhardt wurde zum 1. Schriftführer ausersehen,
Maler W. Müller-Schönefeld zum 2. Schriftführer. Zum
1. Säckelmeister wählte man Kommerzienrat Hermann
Kretzschmar, zum 2. Säckelmeister Architekt Georg Roensch,
zum Beisitzer Bildhauer Otto Petri. Ferner wurden -in
dieser Hauptversammlung folgende Künstler als Vertrauens-
männer wieder- bzw. neugewählt: Maler Franz Jüttner,
 
Annotationen