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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 22.1911

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Wiener Brief
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https://doi.org/10.11588/diglit.5953#0272

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519

Nekrologe — Personalien

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teiligen, die von den ausschreibenden Stellen auf die
Teilnahme in Österrreich ansässiger Architekten be-
schränkt werden. Ausgenommen sind natürlich inter-
nationale Wettbewerbe. Es soll sich dabei um einen
Akt der Notwehr handeln, da sich in letzter Zeit in
Deutschland die Gepflogenheit herausgebildet hat, bei
Konkurrenzen nur reichsdeutsche Architekten heran-
zuziehen, während in Osterreich in einer Reihe von
wichtigen Fällen große Aufträge an reichsdeutsche
Künstler vergeben wurden. Außerdem soll dadurch
auch die heimische Industrie geschützt werden, da die
fremden Architekten bei österreichischen Bauten die
Lieferungen häufig auch an ausländische Firmen ver-
geben. Glücklicherweise haben wir in Österreich
nicht auch einen starken Import von fremden mo-
dernen Bildern und Statuen. Sonst müßte man viel-
leicht auch hier einen Modus finden, um kurzerhand
die Grenzen zu sperren und diesen unlautern Wett-
bewerb einfach von »gewerbeförderungswegen« ver-
bieten. O. P.

NEKROLOGE
Charles J. Palmie-, ein trefflicher Münchener Land-
schaftsmaler, ist am 15. Juli plötzlich gestorben. Der
Künstler, der am 22. Oktober 1863 in Aschersleben geboren
war, griff mit frischem Behagen und lebhaftem Tempera-
mente neue malerische Probleme auf, in den neunziger
Jahren den Pleinairismus, in den letzten Jahren den fran-
zösischen Impressionismus; so schritt er in seiner Ent-
wickelung stetig fort. Mehrere bedeutende Galerien kauften
seine Werke, u. a. die Münchener Pinakothek, die National-
galerie in Pest, das Magdeburger, Nürnberger und das
Leipziger Museum.

Der bekannte ungarische Maler Ladislaus Hegedüs,
Professor an der Hochschule für bildende Künste in Buda-
pest, einer der produktivsten ungarischen Künstler, ist im
Alter von 42 Jahren gestorben. Mit Vorliebe behandelte
er Stoffe der Geschichte oder der Bibel (vergl. seinen
»Kain und Abel« aus dem Budapester Museum, reprodu-
ziert in »Meister der Farbe«, Jahrgang 10.10) und aus dem
Leben der ungarischen Bauern. In der Darstellung dieser
Motive ist er ganz eigenartig, er sucht neben dem Figür-
lichen, das er aufs liebevollste behandelt, auch immer die
Stimmung des Augenblicks zu erhaschen, die jeweilige
Beleuchtungs- und Lichtbeschaffenheit.

PERSONALIEN

Heinrich Wölfflin, der einen Ruf nach München als
Nachfolger Berthold Riehls unter außerordentlich vorteil-
haften Bedingungen erhalten hatte, erklärte in seinem Kolleg,
daß er diesem Ruf nicht folgen, sondern in Berlin bleiben
werde. Die Hörer des beliebten Kunstgelehrten begleiteten
diese Erklärung Wölfflins mit stürmischem Beifall. Dem-
nach sind die besonderen Anstrengungen, die man in Berlin
gemacht hat, Wölfflin zu halten, doch noch von Erfolg be-
gleitet gewesen.

Dr. E. Renard ist an Stelle des Geheimrats Clemen zum
Provinzialkonservator der Rheinprovinz gewählt worden.
(S. unter Denkmalpflege.)

Der greise Reinhold Begas ist am 15. Juli, seinem
80. Geburtstage, Gegenstand zahlreicher Ehrungen und
Auszeichnungen gewesen. Der Kaiser ernannte ihn zum
Wirklichen Geheimen Rat mit dem Prädikat Exzellenz.
Adressen hatten u. a. überreichen lassen die Berliner

Akademie der Künste (die auch beschloß, Begas durch
Aufstellung seiner Büste, deren Schaffung Peter Breuer
übertragen wurde, zu ehren; sie soll im großen Sitzungs-
saal ihren Platz finden), die Dresdener Akademie der Künste,
der Verein der Berliner Künstler, der seinen Glückwunsch
durch Prof. Schulte im Hofe aussprechen ließ und eine
Adresse in romanischer Urkundenform von Prof. Ansgar
Schoppmeyer überreichte. In der Adresse des Berliner
Magistrats heißt es u.a.: »Unsere ehrerbietigsten Wünsche
gelten dem großen Meister, der vor fast 60 Jahren mit seinen
ersten Schöpfungen vor die Welt trat und dessen Namen
schon in "seinen frühen Jugendjahren mit Anerkennung
von der kunstliebenden Welt genannt wurde, in dem dann
die Meister der Renaissancezeit und der Kunst des 17. Jahr-
hunderts das Gefühl eigener Begabung, eigener Kraft und
eigener Lebensaufgabe erweckten. Unser freudiger Gruß
gilt dem Berliner Mitbürger, der in unserer Stadt geboren
und auferzogen, hier durch das väterliche Haus rechtzeitig
in die Bahn der Kunst gelenkt, die Meister gefunden hat,
die ihn in sein zukünftiges Herrscherreich einführten.«
Auch die Bildhauervereinigung von Mitgliedern des Vereins
Berliner Künstler ließ ihrem Ehrenmitglied eine Adresse
überreichen, ferner der Ortsverein der Allgemeinen deutschen
Kunstgenossenschaft, die Franz Stassen geschaffen hat.

Ministerpräsident Baron Gautsch ist auf seine Bitte
vom Kaiser von Österreich von der Funktion des Präsi-
denten des Kuratoriums des Österreichischen Museums für
Kunst und Industrie enthoben worden.

Professor Max Geisberg vom Kupferstichkabinett in
Dresden wurde zum Direktor des Westfälischen Landes-
museums gewählt.

Zum Direktor des Landesmuseums in Wiesbaden
wurde Dr. Eduard Brenner, Volontär am Römisch-Germa-
nischen Zentralmuseum in Mainz, ernannt.

Als Nachfolger des nach Lübeck berufenen Dr. Karl
Schaefer wurde Dr. Edwin Redslob, Direktorialassistent
am Suermondt-Museum in Aachen, an das Gewerbemuseum
in Bremen berufen.

X Die Verleihung der Medaillen auf der Großen
Berliner Kunstausstellung ist diesmal in einer Weise
erfolgt, die im ganzen allgemeine Zustimmung gefunden
hat. Die große goldene Medaille ist dem Bildhauer Rein-
hold Felderhoff zugefallen, der die große Marmorfigur einer
Frau, die ihr Kind auf die rechte Schulter emporhebt, aus-
gestellt hat, ein schönes und solid gearbeitetes Werk, das
zwar an Selbständigkeit der Komposition wie der Einzel-
ausführung manches vermissen läßt, die Masse der übrigen
Skulpturen im Moabiter Glaspalast aber tatsächlich durch
seine trefflichen Qualitäten übertrifft. Die kleine goldene
Medaille erhielten: der Rixdorfer Stadtbaurat Reinhold
Kiehl, dessen Sonderausstellung großen und berechtigten
Beifall findet; der ausgezeichnete junge Radierer Erich
Wolfsfeld; Max Schlichting, der gleichfalls eine Kollektiv-
ausstellung seiner neuesten Bilder veranstaltet hat; die
Maler August von Brandis und Kayser-Eichberg, die durch
ihre besten Werke die Aufmerksamkeit erregten; der El-
sässer Bildhauer Charles Jäckle, der in dem Saal der reichs-
ländischen Künstler eine Büste von feinen Qualitäten zeigt.
Vielfach fällt es auf, daß die Schweizer, die ohne Frage
das Beste gesandt haben, was die Ausstellung an Werken
der Malerei überhaupt enthält, völlig leer ausgegangen
sind. Aber sie sind eben zu »modern«!

Wien. Der Kaiser von Österreich hat den bekannten
Großindustriellen und Sammler Gustav Benda in den
Adelsstand erhoben. Benda hat dem Kunsthistorischen
 
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