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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 22.1911

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Die große Kunstausstellung in Düsseldorf
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ACAD.LESEH,

2-SEP.1911

KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Querstraße 13

Neue Folge. XXII. Jahrgang 1910/1911 Nr. 37. 1. September 1911.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« monatlich dreimal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfaßt 40 Nummern.
Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende Kunst« erhalten die Kunstchronik kostenfrei. — Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt
eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E.A.Seemann,
Leipzig, Querstraße 13. Anzeigen 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen an.

DIE GROSSE KUNSTAUSSTELLUNG IN
DÜSSELDORF

Die Düsseldorfer Kunst ehrt in diesem Jahre das
Andenken eines ihrer Führer durch eine aus mehr
als 70 Nummern bestehende Andreas Achenbach-Ot-
dächtnisausstellung. Neben einigen allgemein bekannten
Hauptwerken aus den Museen von Berlin, Dresden,
Köln und Düsseldorf werden zahlreiche Gemälde aus
Privatbesitz gezeigt, unter denen die kleineren Formates,
besonders die Kircheninterieurs, den Vorzug der Intimi-
tät besitzen. Mit kluger Hand hat man die Auswahl
so getroffen, daß die Alterswerke hinter den Schöp-
fungen der reifen Zeit zurücktreten. Die früheste in
Düsseldorf gezeigte Landschaft, eine Marine, ist von
1837, die späteste stammt aus dem Jahre 1890. Damit
bestätigt die Ausstellungsleitung das feststehende herbe
Urteil über die zahlreichen oft so schwachen Leistun-
gen der letzten Jahrzehnte, die dem künstlerischen
Rufe des Altmeisters unendlich viel mehr geschadet
haben, als die abfälligen Urteile über seine Malerei
in vielgelesenen Kunstgeschichtsbüchern. Aber auch
bei den Werken der Blütezeit, zu der die fünfziger
und sechziger Jahre in erster Linie zu rechnen sind,
ist heute der »historische Standpunkt« — wann führte
man ihn je bei den Werken der Ewig-Jungen an? —
der einzig-maßgebende. Wir empfinden heute die
Überfülle der Motive in den großen Ölgemälden von
Wasserfällen, Seestürmen und Fischmärkten als klein-
lich und den Naturalismus, den Achenbach pflegte,
als häufig recht nüchtern. Nur darf man nie ver-
gessen, wie heilsam gerade diese Nüchternheit auf
eine Kunst wirken mußte, die wie die Düsseldorfer jahr-
zehntelang nichts als verkappte Literatur gewesen war.
Es ist recht bedauerlich, daß die Veranstalter dieser
verdienstvollen Sonderausstellung nicht auch die
Schwarzweißkunst Achenbachs, besonders seine frühen,
oft genialen Karikaturen herangezogen haben. Man
hat im Gegenteil durch die ganze Art der Auf-
machung das »Altmeisterliche« noch unterstrichen,
während es doch im Interesse des Künstlers gelegen
hätte, gerade diejenigen Züge zu betonen, die sein
erstes Hervortreten ehemals als »revolutionär« erschei-
nen ließen.

Die heutigen Düsseldorfer Künstler sind, abgesehen
von den Mitgliedern des »Sonderbundes«, die eine
eigene vielbeachtete und sehr zu Unrecht vielgeschmähte
Frühjahrsausstellung in der Kunsthalle veranstaltet

hatten, vollzählig vertreten. Wie in München bemerkt
man auch im Düsseldorfer Kunstpalast eine Spaltung
in viele Künstlergruppen, von denen aber nur »der
Niederrhein« ein eigenes Gesicht zeigt. Hat diese
Vereinigung auch keinen überragenden Führer aufzu-
weisen, wie der Sonderbund ihn in Deusser besitzt,
so ist doch hier am ehesten ein ehrliches Ringen mit
den Problemen der modernen Kunst zu bemerken.
Den Saal des »Niederrheins« schmücken zudem einige
vortreffliche Schöpfungen der Plastik, Aktfiguren und
Porträtbüsten von Hoetger, Nieder und Lehmbruck.
In den übrigen Düsseldorfer Sälen hängen einträchtig
Alte und Junge zusammen und der Unterschied ist
nicht gar zu groß. In vielen Fällen wird man die
ehrliche Rückständigkeit älterer Maler dem billigen,
oft verwässerten Modernismus der Fagerolles-Naturen,
die in Düsseldorf so wenig wie in anderen Kunst-
städten fehlen, vorziehen. Einer der bekanntesten und
gediegensten unter den Jüngeren, Gerhard Janssen,
feiert in diesem Jahre bei Publikum und Kritik einen
Triumph mit dem riesigen Ölgemälde »Der letzte
Gast«, einer derbhumoristischen, malerisch gut durch-
geführten Prügelszene, die freilich im Format ver-
griffen erscheint. Von den älteren Künstlern ist Eduard
von Gebhardt mit zwei religiösen Gemälden vertreten;
seinen engeren Landsmann Gregor von Bochmann
findet man leider nur in der angegliederten Internatio-
nalen Aquarellausstellung. Von den auswärtigen ein-
geladenen Künstlergruppen interessiert in diesem Jahre
am meisten die Berliner Sezession mit Werken von
Liebermann, Slevogt, Corinth und denen des jüngeren
Nachwuchses. Von den Münchnern ist am Rhein nur
der »Scholle« ein gewisser Erfolg beschieden; hier
stellt auch Adolf Münzer aus, der vor einigen Jahren
an die Düsseldorfer Akademie berufen wurde. Karls-
ruhe, Stuttgart, Königsberg, Weimar, Dresden, Wien,
dem Verein der Berliner Künstler und den »Nordwest-
deutschen« mit Graf Kalckreuth, sind besondere Säle
eingeräumt worden, außerdem werden Kollektivausstel-
lungen von Arthur Kampf, Schoenleber, Bergmann,
Ederer, Dücker und Hans Unger gezeigt. Eine besondere
Sorgfalt ist diesmal der Plastik gewidmet worden und
wie auf dem Gebiete der Malerei ist auch hier den Ber-
linern mit Werken von Gaul, Tuaillon, Klimsch, Lederer,
Wenck, L. Cauer, Barlach und Kolbe ein starker Erfolg
beschieden gewesen. Bei der sehr umfassenden Aquarell-
ausstellung und bei der graphischen Abteilung wäre
 
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