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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 22.1911

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Beringer, Joseph August: Kunstausstellung Darmstadt 1911
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Storck, Willy F.: Maximilian von Welsch und seine Schule: neuere Forschungen zur Geschichte der mittelrheinischen Barockarchitektur
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https://doi.org/10.11588/diglit.5953#0238

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451

Maximilian von Welsch und seine Schule

452

an der hessischen Bergstraße mit mehreren Plastiken
in der Ausstellung bekundet. Als bekannt können
seine Porträtmasken J. Pascin und E. d'Albert, sowie
seine gegossenen Plaketten vorausgesetzt werden. Er-
staunlich in kostbarem Material und in sorgfältiger
Arbeit ist die römische Einflüsse verratende »Perse-
phone«. Dem blendenden Marmor des feingearbei-
teten Oberkörpers sind schmeichlerische Farbreize in
dem Blütengebinde und dem dunklen Haar abge-
wonnen. Die Cyrollinogewandung aber, aus der
Pracht einer antiken Säule, entfaltet traumhaften Reich-
tum an Materialschönheit. Die Bronzegruppe der
lustigen »Bockspringer« von R. Cauerund die Grabmal-
figur von D. Greiner vervollständigen das eindrucks-
volle Bild der hessischen Plastik recht vorteilhaft.

Unter der »zeichnenden Kunst« der Hessen ist
neben der Folge von acht Blättern von O. Ubbelohde,
den fleißigsten Blättern /. Weinheimers, den schönen
Platten von H. Kätelhön und H. Otto, der Folge von
W. Thielmann und den Meister- und Musterblättern
von P. Halm, namentlich das graphische Werk von
E. Preetorius herauszuheben, dessen elegante, spöttisch
zugleich intim gehaltene Zeichnungen die hohe Be-
deutung dieses Künstlers für die Buchgraphik erkennen
lassen. — Schade, daß nicht auch einige Meisterdrucke
der Ernst Ludwig-Presse und der Offenbacher Schrift-
gießerei Gebr. Klingspor vorliegen.

Unter der nichthessischen Kunst ragt die Karls-
ruher Schule nach Bedeutung und Zahl hervor.

Die zwei Säulen der Karlsruher Kunst, Thotna und
Trübner, sind interessanterweise auch in ihren Schul-
einflüssen zu beobachten. Wenn man erkennt, wie
Thomas ausgereifte friedvolle Kunst außerhalb und
über aller malerischen Problemzerspeilerei steht, ist man
nicht wenig überrascht, in seinen Schülern die Auf-
nahme der modernen malerischen und bildnerischen
Probleme stark betont zu sehen. Der junge H. Brasch
ist unter Hodlers Einflüssen dazu übergegangen, seine
in der Form sehr festgebauten Bildnisse mit grün-
farbigen Schatten zu modellieren. Der mit größtem
Ernst die strenge und plastische Form des Monumental-
stiles herausarbeitende//. A. Bühler hat in den »Nibe-
lungen« und im »Hiob« seine strenge Kraft dargetan,
während A. Haueisen im »Forellenbach« und »Früh-
lingsschnee« sich zu v. Gogh hin entwickelt —• Be-
weis genug, daß Thomas überragende Meisterschaft
sklavische Gefolgschaft nicht fordert. Die Trübner-
schule hat geschlossen ausgestellt. Was Trübner an
malerischen Prinzipien zu geben hatte, ist von Allherr,
Coste, Dahlen, Ooebel, Gräber, Grimm, Hagemann,
Sprung, Sutter, Wallischeck mit Tüchtigkeit verarbeitet
worden. Alles ist ehrlich, sicher und mit bemerkens-
wertem Können prima hingesetzt. Man sieht diese
malerische Zucht, die in Sprung und Sutter sich in
persönlicher Art auszudrücken beginnt, mit Freude
und Hoffnung.

Allerdings die Größe, Einfachheit und Festigkeit der
Trübnerschen Malerei, oder die von Frau Alice Trübner,
die beide mit Werken vertreten sind, ist noch nicht
erreicht. Diese Werke haben ausgereiften Persönlich-
keitsausdruck.

Bergmann, Conz, Dill, Fehr, Hellwag, Luntz und
v. Volkmann sind gut vertreten. W. Georgi, der seine
nicht ganz geglückten dekorativen Wandfriese von der
Brüsseler Weltausstellung, einige mondäne Porträts
und Stilleben zur Schau bringt, befriedigt ganz nur
in dem Bäuerinnenporträt »An der grünen Tür«. —
Den Karlsruhern hat sich Schindler (Mannheim) mit
zwei groß und einfach gestalteten, in Linie und Ma-
lerei gleich guten Akten (»Diesseits«) zugesellt. In der
Graphik zeigt die Kollektivausstellung H. R~ley einen
zwischen geistreich hingeworfenen Einfällen und ge-
künstelter Mache schwankenden Eindruck.

Die Plastik ist mit den zwei Kolossalbüsten von
H. Volz ganz vortrefflich vertreten. Auch H. Binz
und G. Schreyögg haben charaktervolle Werke geschickt.

Von den sonstigen rheinländischen Darbietungen
erheben sich R. v. Haugs »Reitende Jäger«, Stein-
hausens verinnerlichte Landschaft und Gruppe über
das Niveau der von den rheinländischen Kunstkom-
missionen gesandten Werke. Sehr frisch und selb-
ständig wirken auch von den Schweizern E. Würtem-
bergers »Knechtekammer« und der köstliche »Staren-
flug« F. Widmanns. Die Münchener »Scholle« ist
in den beiden Erler mit zwei Blumenstücken und einem
weiblichen Akt aus Privatbesitz gut und wertvoll ver-
treten.

Die 70 Nummern der »Royal Society of Painters
in Water Colours, London« sind kaum eine Bereiche-
rung und Bewertung zu nennen, so interessant es ist,
dieser Gruppe englischer Künstler einmal geschlossen
zu begegnen. Zu viel Tradition, zu wenig Tempera-
ment, Süßigkeit statt Kraft, eine geradezu erdrückende
Gediegenheit und Bravheit macht diese Sammlung
mehr historisch als künstlerisch wertvoll.

Die große Überraschung der Ausstellung ist der
m. W. erstmals ausstellende Wenzel Labus, ein böh-
mischer Schullehrer, Autodidakt im vollsten Wortsinn
— ein Poet und ein Techniker von Gottes und eigenen
Gnaden. Wie ein lenzfrischer Hauch, würzig und
rein, muten diese 15 Bildchen an der Kojenwand an.
Es gibt Dinge, die lediglich durch ihr Dasein erfreuen.
So ist es hier, und wir wollen dem Schöpfer dieser
feinen Naturpoesien und dem Aussteller Prof. Bracht
dankbar dafür sein, daß das Dunkel des Daseins dieser
Farbengedichte an die Ausstellungssonne gebracht ist.

/. A. BERINGER.

MAXIMILIAN VON WELSCH UND SEINE SCHULE
NEUE FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DER
MITTELRHEINISCHEN BAROCKARCHITEKTUR
Von Dr. Willy F. Storck

Auch die Geschichtsbetrachtung ist Modeströmungen
unterworfen. Der liebevollen Betrachtung des Mittel-
alters seitens der Romantiker folgte eine besonders
emphatisch betriebene Erforschung der Renaissance.
Wir stehen noch in der Bewegung mitteninne; doch,
wie uns dünkt, schon in der zurückweichenden Ebbe.
Denn es ist nicht zu leugnen — ein Blick auf die
Neuerscheinungen des Büchermarktes, in die Kunst-
zeitschriften lehrt uns dies —, daß die Kulturperiode
des Barockzeitalters das Interesse der Kunst- und Kultur-
 
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