Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 22.1911

DOI Artikel:
Friedländer, Max J.: Ferdinand Laban
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5953#0101

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
ACAD. USEH.

6-JM.1911

KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Querstraße 13
Neue Folge. XXII. Jahrgang 1910/1911 Nr. 12. 6. Januar 1911.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« monatlich dreimal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfaßt 40 Nummern.
Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende Kunst« erhalten die Kunstchronik kostenfrei. — Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt
eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Oewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E.A.Seemann,
Leipzig, Querstraße 13. Anzeigen 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen an.

FERDINAND LABAN f
Ehe das Jahr 1910 zu Ende ging, am 29. De-
zember, ist Ferdinand Laban gestorben, plötzlich und
im besten Mannesalter. Den Lesern der »Zeitschrift
für bildende Kunst« ist er nicht unbekannt, wenn er
auch selten zu ihnen gesprochen hat. Nur wenn ein
großer Gegenstand ihn bewegte, vermochte er das
Wort zu ergreifen, sagte dann aber das scharf Durch-
dachte und tief Gefühlte so eindringlich, daß sein Ton
sich für die Dauer einprägte.

Der Kunstwissenschaft hat der Dahingeschiedene,
der von Haus aus nicht Kunsthistoriker war, in treuer
und stiller Arbeit gedient, indem er mehr als ein
Jahrzehnt die Bibliothek der kgl. Museen in Berlin
verwaltete, das »Kunsthandbuch« herausgab, das »Jahr-
buch der kgl. preuß. Kunstsammlungen« redigierte
und die Bibliographie im »Repertorium für Kunst-
wissenschaft« verfaßte. Diese bibliographische Arbeit
wollte niemand übernehmen, als er sie aus der Hand
gelegt hatte!

Keineswegs ging seine Leistung und noch weniger
seine Persönlichkeiten in diesen mühevollen Geschäften
auf, obwohl er das kleinste mit Hingebung, peinlicher
Genauigkeit und strengem Gefühl für Verantwortlich-
keit erledigte. Den freieren Ausblick hat er nie ver-
loren.

1856 in Preßburg geboren, fühlte sich Laban von
Jugend auf als Deutscher und ging in der Zeit des
akademischen Studiums nach Wien und nach Straß-
burg. Sein Fach war Literaturgeschichte. Halb philo-
sophische halb dichterische Versuche fallen in diese
Zeit. Ein Zufall in dem Daseinskampfe, der sich für
Laban hart genug gestaltete, führte ihn nach Berlin,
ein Zufall an die Museen. Aus der Pflichtehe mit
der Kunsthistorie entwickelte sich ein inniges Ver-
hältnis, da der literarisch und philosophisch Gebildete
eine natürliche Begabung für das Sinnliche und Sicht-
bare in sich entdeckte. Zum genießenden Liebhaber
fehlte nichts als die Muße, zur umfassenden Produktion
auf dem Felde der Kunstgeschichte nichts als Reise-
möglichkeit und Monumentenkenntnis. Die Beschränkt-
heit durch äußere Umstände hat Laban schwer emp-
funden, oft auch geklagt, daß ihm die Ausgestaltung
eines größeren Werkes nicht vergönnt wäre. Immer-
hin hat er eine ziemlich lange Reihe von Betrachtungen,
zumeist in der »Zeitschrift für bildende Kunst«, im
»Jahrbuch der preußischen Kunstsammlungen«, in der

»Deutschen Rundschau« und anderswo veröffentlicht,
die inhaltlich ein weites Feld umspannen. Diese Ar-
beiten sind bei ihrem Erscheinen kaum ihrem Werte
nach geschätzt worden. Gesammelt, wären sie wohl
geeignet, das Gedächtnis des Schriftstellers und Kunst-
kenners lebendig zu erhalten. Labans letzte Be-
mühung galt einer Sammlung seiner Aufsätze, wie
wenn er das Ende geahnt hätte.

Alle seine Schriften sind in gewissem Sinne Ge-
legenheitsarbeiten und gänzlich frei von jener be-
drückenden Schwere, die von pflichtgemäßer Berufs-
mühe stammt. Wissenschaftliche Sorgfalt bei der
Ermittlung des Tatsächlichen war Mittel, aber nicht
Ziel, und darüber hinaus beseelte dieser Autor seinen
Text mit einem festlich erhebenden Ton. Ob er
von Füger, Watteau, van Eyck, Manet, Böcklin oder
dem Prinzen Eugen schrieb, die erste und letzte Ab-
sicht war, einer von Herzen kommenden Verehrung
Ausdruck zu geben, aufzubauen, nicht niederzureißen.

Anzeigen zu verfassen, irgendeine Art von journa-
listischer Pflichtarbeit zu erledigen, war Laban außer-
stande, lieber wollte er sein Brot in der harten Frohn
gelehrter Hilfsleistung verdienen; das Literarische
wurde nie Alltagsgeschäft.

Ferdinand Laban war eine tiefe und adlige Natur,
deren reines Metall in der Luft des Lebens nicht
gewandelt, sondern nur mit einer dünnen Schicht von
mißtrauischer Bitterkeit bedeckt wurde. »Es ist ein
Merkmal gemeiner Naturen,« hat Schopenhauer ge-
sagt, »sich leicht und rasch im Leben zurecht zu
finden.« Das Leben hat Bezirke, in denen Laban
sich bis zu seinem Ende nicht zurecht gefunden hat.

2.1.1911. M.J. FRIEDLÄNDER.

AUFSÄTZE VON FERDINAND LABAN
IN DER ZEITSCHRIFT FÜR BILDENDE KUNST

Rembrandts Bildnis seines Bruders Adriaen Harmensz
van Rijn in der Berliner Galerie (Neue Folge IX).

Das Gleichgewicht der Innenseiten der unteren Flügel
des Genter Altares (Neue Folge X).

Im zwanzigsten Jahre nach ManetsTode(NeueFolgeXV).

Ein männliches Bildnis Botticellis (Neue Folge XVII).

Ein neuer Roger (Neue Folge XIX).

Unveröffentlichte Füger-Miniaturen (Neue Folge XX).
 
Annotationen