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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 22.1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.5953#0291

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557

Sammlungen

55«

Jahren für die öffentliche Kunstsammlung in Basel erworbene
»Begegnung Joachims und Annas an der goldenen Pforte«
die größte stilistische Verwandtschaft mit dem Bilde in
Nürnberg. Der auffallende Umstand, daß die beiden Tafeln
auch in den Maßen übereinstimmen, führte zu der Vermutung,
daß sie zu einem Altarwerke gehört haben möchten. Es
konnte festgestellt werden, daß beide Bilder ehemals in
gleichem Besitze waren, nämlich in der Sammlung des
Obertribunal-Prokuralors Abel in Stuttgart. Vermutlich
schmückte die Basler Tafel die Innenseite, die koloristisch
einfacher behandelte Nürnberger Tafel die Außenseite eines
Altares. Die Gegenstücke wären noch aufzufinden. Dr.
W. Josephi, der in den »Mitteilungen aus dem Oermanischen
Nationalmuseum« (1910) diese bedeutsame Neuerwerbung
ausführlich bespricht, hält beide Gemälde für Spätwerke
des Konrad Witz, entstanden nach dem berühmten Genfer
Zyklus, also nach 1444. —«.

o Bonn. Das Städtische Museum »Villa Obernier«,
das vor einigen Jahren bereits ein bedeutendes Gemälde
von Hans Thoma aus dem Jahre 1889 erworben hat, erhielt
jetzt durch den Ankauf einer Landschaft von Wilhelm Triibner,
aus dem Besitze des Künstlers, einen willkommenen Zu-
wachs. Es ist eins der von Trübner mit besonderem Ge-
lingen behandelten Motive aus dem Schloßpark von Hems-
bach im Odenwald, eins der Gemälde, deren Hauptreiz in
dem Zusammenklingen des leuchtenden Weiß der Schloß-
fassade mit dem Grün von Rasen und Gebüsch und dem
Blau des Himmels besteht. Auf dem Bonner Bilde führt
ein breiter Parkweg zum Treppenaufgang. Die Front des
Schlosses schiebt sich — in starker Verkürzung brillant
gezeichnet — in die rechte Seite des Bildes. Einige rosa
Blüten fügen dem koloristischen Dreiklang etwas Liebens-
würdig-Heiteres hinzu.

o Köln. Die bekannte Sammlung des Geh. Hofrats
Seeger in Berlin von Ölgemälden und Zeichnungen
Wilhelm Leibis wird aus Anlaß des bevorstehenden fünfzig-
jährigen Jubiläums des Wallraf-Richartz-Museums in diesem
Museum während der Zeit vom 1. Oktober bis 30. November
des Jahres zur Ausstellung gelangen.

o Essen. Im Kunstmuseum wird eine Ausstellung von
33 Gemälden des Stuttgarters Hermann Pleuer (1863—1911),
meistens aus schwäbischem Privatbesitze, gezeigt. In der
Industriestadt Essen dürften die Schöpfungen des Malers
der Eisenbahn auf besonderes Interesse rechnen. Im Vorwort
des Kataloges der kleinen Ausstellung wird eine Anregung
gegeben, die hoffentlich in dem noch kunstarmen Essen
nicht ungehört verhallen wird: »Sollte es für das Museum
der Stadt Essen, dem es an Eigenart noch gänzlich fehlt,
keine Aufgabe sein, alle die Meister, die mit dem Problem
des Industrieb Ildes gerungen haben, zu sammeln? Eine
Galerie, die alle Formen, alle Stile dieses Bildes in hervor-
ragenden Werken aufzuweisen hätte, würde mit einem
Schlage aus dem Dunkel der Unbekanntheit treten.«

Bruneck (Tirol). Durch Ankauf der Sammlung See-
böck-Tinkhauser seitens der Stadt Bruneck ist der Grund-
stock zu einem städtischen Museum geschaffen worden.
Das neue Museum wurde am 30. Juli dem Publikum ge-
öffnet.

Aus amerikanischen Museen. Mitte November 1909
ist der Neubau des »Museum of fine arts« in Boston er-
öffnet worden, dem wir in der »Kunstchronik« vom 18. Fe-
bruar 1910 einen ausführlichen Aufsatz gewidmet haben.
Es wurde damals von diesem Museumsgebäude gerühmt,
daß es dazu bestimmt ist, dem späteren Wachstum der
Sammlungen vollauf Rechnung zu tragen. Nunmehr lesen
wir in dem Juni-Bulletin des »Museum of fine arts«, daß

es durch eine hervorragende Stiftung einer Mäzenatin in-
stand gesetzt ist, bereits jetzt nach eineinhalb Jahren einen
großen Anbau zu schaffen. Mrs. Robert Dawson Evans
hat zum Andenken an ihren verstorbenen Gatten die Mittel
zur Verfügung gestellt, um ein großes Gebäude, das speziell
die Gemäldegalerie und die sämtlichen graphischen Samm-
lungen aufnehmen wird, zu errichten. Dieses Gebäude
wird durch einen zweistöckigen Korridor mit den Haupt-
gebäuden verbunden sein, bis einmal das weitere Fort-
schreiten des Museums auch große östliche und westliche
Museumsbauten verlangt. Wenn einmal die sämtlichen
Bauten stehen werden, so wird das Bostoner Museum of
fine arts wohl einen der größten zusammenhängenden
Museumskomplexe repräsentieren. — Das gleiche Heft des
Bulletins bringt einen sehr interessanten Aufsatz von Sid-
ney N. Deane über Tanagrafiguren des 4. Jahrhunderts
v. Chr., wobei Technik und Bestimmung, sowie das Ver-
hältnis zu der gleichzeitigen Plastik in anregender Weise
behandelt sind. — Das gleichzeitig ausgegebene Bulletin des
New Yorker Metropolitan-Museum of Art berichtet von dem
Erwerb eines kleinen Perugino, einer Auferstehung Christi,
einen Teil einer Predella, deren andere Teile: Geburt und
Taufe Christi, das Weib von Samaria und noli me tangere
im Privatbesitz in Chicago sind. — Neu aufgestellt ist auch
eine schon früher erworbene griechische Kleinbronze, ein
ganz exquisites Porträt des Philosophen Hermarchos, des
Nachfolgers Epikurs; eine kleine Bronze aus Herkulaneum
im Museum von Neapel, die die Inschrift Hermarchos
trägt, hat die Möglichkeit der Identifikation gegeben. Die
vorzügliche Statuette, die von dem bekannten Pariser
Restaurator Andre sorgfältigst gereinigt worden ist, gleicht
im Stil so durchaus dem berühmten Demosthenes-Porträt
des Vatikans, daß man die New Yorker Statuette wohl in
dieselbe Zeit setzen darf. Der Demosthenes geht, wie
man annimmt, auf ein von dem Bildhauer Polyeuktos um
280 v. Chr. gegossenes Bronzeoriginal zurück. Hermarchos
folgte seinem Meister Epikur im Jahre 270. Die Statuette
ist nur 26 cm hoch; sie stand auf einer kleinen Säule, die
nach der Restaurierung 32 cm hoch ist. — Das New Yorker
Museum ist neuerdings in den Besitz einer ganz einzig-
artigen Sammlung von mexikanischer Majolika gekommen,
die Mrs. Robert W. de Forest gesammelt und dem Museum
überlassen hat. Man hat bis vor fünf oder sechs Jahren
überhaupt nicht gewußt, daß sogenannte Zinnmajolika in
der westlichen Hemisphäre hergestellt worden ist. Neuere
Forschungen haben in der 1532 von den Spaniern ge-
gründeten Stadt La Puebla de los Angeles den Haupt-
fabrikort für mexikanische Majolika nachgewiesen. Do-
minikanermönche in Mexiko haben aus ihren Klöstern in
der Provinz Toledo in Spanien in der Herstellung von
Majolika von Talavera geübte Brüder nach Mexiko kommen
lassen, wo sich dann eine ganz außerordentliche Industrie
entwickelt hat. Zuerst herrschte auch in den mexikanischen
Majoliken noch der maureske Stil. Es folgte der Talavera-
Einfluß mit spanischen Dekorationen: Vögel, Tiere und
Heiligenfiguren unter dekorativen Motiven. In der Mitte
des 17. Jahrhunderts begann chinesischer Einfluß, der bis
zum Ende des 18. Jahrhunderts dauerte. Von da an
herrschte der später etwas dekadente polychrome Stil der
Talavera-Majolika. Neue Farben wurden eingeführt und
die Produkte der hispano - mexikanischen Periode von
1800—1860 wurden schreiend und auffällig, wobei eine
Hyperdekoration die Ware vergewöhnlichte. Die Sammler
werfen sich übrigens jetzt in allen Ländern auf diese
mexikanische Majolika, und in letzter Zeit haben auch
Deutschland, England und Frankreich diese interessanten
Erzeugnisse mexikanischer Kunstindustrie gekauft. Mrs.
de Forest hatte s. Z. auch die berühmte Sammlung des
 
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