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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 22.1911

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Schumann, Paul: XI. Tag für Denkmalpflege
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https://doi.org/10.11588/diglit.5953#0013

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XI. Tag für Denkmalpflege

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er die Ergebnisse seiner Versuche mit den Stein-
erhaltungsmitteln Magnesiumfluat, Doppelfluat, Testalin,
Zappon und Szerelmey an Tabellen erlegte. Diese Er-
gebnisse, die noch nicht abgeschlossen sind, werden
in einer Fachzeitschrift veröffentlicht. Man hatte den
Eindruck, daß die Versuche mit so viel Sorgfalt und
Sachkenntnis ausgeführt werden, daß sie der Denkmal-
pflege hohen Nutzen bringen werden.

Drei Vorträge beschäftigten sich mit dem Ver-
hältnis der Pflanzenwelt zur Architektur. Der württem-
bergische Landeskonservator Prof. Dr. Gradmann und
Landesbaurat Prof. Oöcke aus Berlin sprachen über
Denkmalpflege und Gartenkunst. Ihre überaus gründ-
lichen Darlegungen beleuchteten den Gegenstand von
allen Seiten und legten an Hunderten von Beispielen
die Forderungen der Denkmalpflege und der Städte-
baukunst an die Gartenkunst dar. Generalkonservator
Dr. Hager aus München sprach auf Grund langer
Erfahrungen und auf Grund von vielen Hunderten
von Antworten auf Fragebogen, über den Einfluß der
Vegetation auf die Baudenkmäler. Es war sehr er-
freulich zu hören, mit welcher Wärme dieser hervor-
ragende Denkmalpfleger auch für den Schutz der
Pflanzen eintrat, soweit sich ihre Erhaltung nur irgend-
wie mit der Denkmalpflege vereinigen läßt. Er be-
tonte vor allem, daß man auch in dieser Frage nicht
generalisieren, sondern individualisieren müsse, um
nicht durch schabionisierende Maßregeln Schaden an-
zurichten. Man kann durch Entfernung der Vegetation
so viel Schönheit und Stimmung vernichten, daß der
Schaden größer ist als der Nutzen. Das gilt nament-
lich bei Ruinen. Anderseits muß uns auch die Ver-
antwortung, die Denkmäler für die Nachkommen zu
erhalten, bei unseren Maßregeln leiten. Die Schä-
digungen der Bauten durch Pflanzen sind teils chemisch-
physiologischer Art (z. B. Lösung des Kalkes im Mörtel),
teils mechanisch - phykalischer Art (Sprengung des
Mauerwerkes durch die Wurzeln). Die Einwirkungen
hängen aber ab von der Art der Pflanzen, vom Klima,
von der Beschaffenheit der Steine und des Mörtels
(Mergelbeimischung — Bindemittel), von der Ober-
flächenbehandlung der Steine, von der Himmelsrichtung
der Mauern. Bei der Beurteilung der Schäden muß
man auch bedenken, daß oft den Pflanzen Wirkungen
zugeschrieben werden, die vielen anderen Verwitterungs-
faktoren zugeschrieben werden müssen. Algen, Pilze
und Flechten schützen vielfach die Steine, indem sie
die bedeckte Oberfläche erhalten. Moose schaden aber
auch. Gefährlicher sind die Farne durch Wurzeln
und Kalkdünger; noch schlimmer sind Blütenpflanzen;
sehr gefährlich Holzgewächse, sowohl Sträucher und
Bäume. Nur in Einzelfällen, wo sie als poesievolle
Wahrzeichen zu gelten haben, sind diese zu schützen.
Ruinen und ruinenhafte Mauern schützt man nach
Cohausens Vorschlag durch Rasendeckungen. Die
Verkleidung der Mauern durch Spalierobst ist im all-
gemeinen unschädlich. Weit auseinander gehen die
Ansichten über den Efeu, wie der Vortragende durch
zahlreiche einander widersprechende Gutachten nach-
weist. Die einen betonen seine große Schädlichkeit,
andere halten ihn für ganz unschädlich und betonen |

nur seine hohe Schönheit in Verbindung mit Bau-
werken und Ruinen. Schädlich ist der Efeu jeden-
falls, wenn der Mörtel und der Verband des Mauer-
werks schlecht ist; aber selbst dann braucht man ihn
nicht zu vernichten; er muß nur regelmäßig zurück-
geschnitten und das Mauerwerk ausgebessert werden.
Der wilde Wein wuchert stark; vorzuziehen ist der
amerikanische vor dem deutschen wilden Wein. Viel
zu wenig verwendet ist die wilde Rose an Mauern. —
Bäume an Häusern bilden oft Wetterschutz und haben
ästhetischen Wert. Wenn sie Luft und Licht zu sehr
abhalten, müssen sie geschnitten werden. Halten sie
die Mauern dauernd feucht, so müssen sie fallen. Bei
Ruinen ist mit dem Pflanzenwuchs Maß zu halten,
damit er nicht schadet. Beete und künstlerische An-
pflanzungen passen nicht für Ruinen. — Das Ver-
hältnis zwischen Vegetation und Denkmalpflege bietet
eine künstlerische und eine technische Seite. Allge-
meine Regeln lassen sich da nicht geben. Der Redner
schloß seine lehrreichen Ausführungen mit dem Satze:
zwischen den künstlerischen und den technischen Fakto-
ren müsse in der Praxis in jedem Falle ein Ausgleich ge-
funden werden, der meist eine Frage des Taktes sei.

Eine wertvolle Mitteilung machte noch Geh. Reg.-
Rat Prof. Dr. Conwentz, der Leiter der amtlichen Stelle
für Naturschutz in Preußen, über die plastische Nach-
bildung vor- und frühgeschichtlicher Gegenstände, die
er als bisheriger Direktor des Westpreußischen Pro-
vinzialmuseums veranlaßt hat, um Anschauungsmittel
für Schulen und Musterstücke für Museen zu schaffen.
Die Nachbildung von Urnen und anderen Gefäßen
ist recht schwierig, weil die größeren Stücke nicht
unmittelbar abgeformt werden können, sondern Staniol-
umhüllung und Punktieren zu Hilfe genommen werden
müssen. Die vorgelegten Proben, die in dem kaiser-
lichen Werk zu Cadinen hergestellt sind — Gesichts-
urnen u.a. — sind in Form und Farbe ganz vorzüg-
lich originalgetreu gelungen, können daher als An-
schauungsmittel nur warm empfohlen werden. Gleiches
gilt von den vorzüglichen Nachbildungen von Gewand-
fibeln der La Tene-Zeit in Silber.

Noch ist zu erwähnen, daß auch eine öffentliche
stark besuchte Versammlung in der Technischen Hoch-
schule stattfand. In dieser sprach Stadtbauinspektor
Dähne über Danzig und seine Bauten, indem er in
Wort und Bild die Herrlichkeiten der alten Hanse-
stadt anschaulich vorführte. An zweiter Stelle sprach
Oberbaurat Karl Schmidt aus Dresden über Bau-
materialien und Heimatschutz. Er wies darin mit
überzeugenden Gründen und schlagenden Beweisen
die Angriffe der Zement- und Dachpappfabrikanten
gegen den Heimatschutz zurück, indem er an präch-
tigen farbigen Lichtbildern deren Sünden gegen die
Schönheit unserer Städte und Dörfer aufdeckte und
die Forderung begründete, daß man an jedem Orte
nur solche Dachdeckungen zulassen solle, die sich in
Form, Farbe und Zeichnung dem Orts- und Land-
schaftsbilde harmonisch einfügen. Um eine grund-
sätzliche Bekämpfung irgendwelcher Baumaterialien
handelt es sich beim Heimatschutz überhaupt nicht;
die Fabrikanten neuer Baustoffe sündigen dagegen
 
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