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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 22.1911

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121

Ausstellungen

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nischen Kunstgewerbemuseum geleitet. Die Baukunst füllt
die vorderen Säle, die Buchkunst den Ausstellungssaal der
Bibliothek. Die eigenartige, neuzeitige dänische Bau- und
Handwerkskunst, die einen Ruhmestitel ihres Landes bildet,
ist im Auslande noch nie so vollständig und vielseitig vor-
geführt worden. Einen ausführlichen Bericht lassen wir
folgen.

Die Ausstellung österreichischer Kunstgewerbe
im k. k. öst. Museum für Kunst und Industrie in
Wien. Die Jahres-Revue über die Leistungen österreichi-
scher Kunstgewerbe, welche nunmehr in dem so wesent-
lich vergrößerten Hause des Wiener Museums für Kunst
und Industrie alljährlich abgehalten wird, steht unter einem
sehr erfreulichen Zeichen.

Museumsleitung und Schule, die unter den früheren
Leitern leider eine gewisse Spannung von gegensätzlichen
Anschauungen zum Nachteile einer kräftigen Einflußnahme
auf den allgemeinen Geschmack aufkommen ließen — treten
nunmehr mit sehr genäherten und sich gegenseitig fördern-
den Tendenzen auf.

Regierungsrat E. v. Leisching, der neue Museumsdirek-
tor, konnte mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln
und Räumen auch in diesem Jahre offene Gastfreundschaft
den zahlreichen Kräften bezeigen, welche heute das
österreichische Kunstgewerbe befruchten. Der neue Di-
rektor der Wiener Kunstgewerbeschule A. Roller kann
mit seinem Stabe impulsiver Künstler, unter denen Kolo-
man Moser und Jos. Hoffmann hervorragen und dem sich
schon manche jüngere Kraft moderner Schulung angereiht
hat, die schönen Früchte sehr konsequenter und frucht-
bringender langjähriger Erziehungsarbeit in praktischen
Leistungen nachweisen. In ähnlichem Sinne wirkten die
Fachschulen in den Kronländern. — Daß sich eine moderne
österreichische Note auf sämtlichen Gebieten des Kunst-
gewerbes langsam aber stetig fortschreitend entwickeln
konnte, das beweisen 21 Interieurs, die fast ausschließlich
von jüngeren, modern empfindenden und künstlerisch ge-
schulten Kräften entworfen wurden. Viele von ihnen sind
Söhne älterer Kunstgewerbetreibender, die nun ihrem ar-
beitsfreudigen Nachwuchs größeren Spielraum zur Be-
tätigung in erweiterten Betrieben einräumen konnten. Dies
allein bedeutet schon einen schönen Erfolg.

Aber auch die zahlreichen und gut gewählten Kollek-
tionen, die Gruppen von Einzelleistungen in gut aneinander
gereihten Vitrinen vereinigen, geben eine erfreuliche Über-
sicht über die Spezialgebiete des Kunstgewerbes.

Sie zeigen, wie in der Keramik, in der Glasarbeit, in
der Silber- und Goldschmiedekunst, beim Schmuck, in der
Stickerei, Weberei, Teppichknüpferei, im Buchdruck —
überall wo anderwärts neues Leben erweckt wurde — auch
neue österreichische Kräfte eingreifen.

Das österreichische Kunstgewerbe stand stets im guten
Rufe trefflicher technischer Leistungen, aber der konserva-
tive Geist, der alle größeren Betriebe beherrschte, hat lange
das Eindringen neuen Lebens verhindert.

Es gibt ja Arbeitsgattungen wie jene der reinen Hand-
arbeit auf textilem Gebiet, die Schmuckherstellung in edlen
Metallen, die Keramik, wo persönliche künstlerische Be-
tätigung unabhängig von industrieller Ausnützung, von ge-
schäftsmäßiger Verbreitung auftreten konnten. Aber es
hatte wenig Wirkung, wenn seltene Kunstausstellungen
einzelne kunstgewerbliche Stücke der großen Kunst an-
gliederten.

Nunmehr führen endlich auch große keramische wie
textile Werkstätten gute moderne Arbeiten mit ihren ge-
übten Kräften ein. Das moderne Wohnhaus, der öffent-
liche Raum brauchen so vielfältige Hilfsmittel für die Aus-

gestaltung von Wand und Decke, für Beleuchtung und Be-
heizung, an Möbeln, Gefäß und Gerät, daß die zahlreich-
sten Arbeitsgebiete immerfort neue Kräfte konsumieren.

Und die junge Generation ist ja voll der modernen
Entwicklung ergeben. Sie läßt die Saat reifen, welche seit
etwa zwei Jahrzehnten angelegt wurde. Die Wiener Aus-
stellung ist voll erfreulicher Zeichen des glücklichen Auf-
gehens dieser Saat.

Da sind vor allem in den Interieurs sehr tüchtige Lei-
stungen von einheitlicher Konzeption. Überall ist der bürger-
liche Charakter betont; überall die Eignung zu unmittel-
barer Verwendung im praktischen Leben vorhanden. Man hat
die gebräuchlichsten Raumbildungen, Speisezimmer, Schlaf-
zimmer, Herrenzimmer und Wohnräume für Damen in den
äußeren Umgang eines großen Mittelsaals eingebaut, "welch
letzterer die Vitrinen und Arrangements der keramischen
und der Schmuckobjekte enthält.

Die aus den österreichischen Lehranstalten hervorge-
gangenen jüngeren Kräfte, die Professoren O. Prutscher,
Dr. Strnad; die Architekten H. Bolek, H. Vollmer, J. Merkel
und andere beherrschen vorwiegend die Entwürfe und eine
Reihe tüchtiger Tischler, Tapezierer und Firmen für Innen-
dekoration haben die sachgemäße Ausführung besorgt.

Überall ist der Zweck vor allem im Auge behalten
und der Schmuck aus einer guten Materialbehandlung und
sachlichen Konstruktion geholt.

Der große Reiz polierter Furniere mit schöner Mase-
rung wie des Tujaholzes oder des Amboins und der ge-
flammten Birke beherrschen in Verbindung mit Adern aus
dunklem Material und Intarsiabordüren die flächenhaft be-
handelten Möbel. Während in anderen Fällen wieder
massiv verwendete Hölzer, Eiche, Nuß- und Ebenholz zu
kräftigerer Plastik ausgenützt wurden. Geschnitztes Orna-
ment ist nur an konstruktiven Teilen in diskreter Weise
verwendet, nie überwuchert es die Fläche oder stört den
Aufbau.

In diesen Interieurs finden guter Wandbehang, treff-
liche Spann- und Möbelstoffe Verwendung, die in öster-
reichischen Webereien erzeugt, nach österreichischen Ent-
würfen hergestellt sind. Man kann den Bedarf an guten
Textilwerken, die der Innenraum braucht, an Teppichen,
Decken, gedruckten und gewebten Stoffen durch inländische
originelle Erzeugnisse decken, weil die Textilbetriebe überall
junge einheimische künstlerische Kräfte heranziehen.

So wird auch alles Gefäß und Gerät, das die Wirt-
schaft benötigt, in künstlerischem Sinne belebt. Das Por-
zellan für den einfachen Hausbedarf wie für die Gasttafel
wird gut geformt und geschmackvoll geschmückt. Man
versteht es nicht nur, gute alte Originalmodelle der Wiener
Kaiserlichen Porzellanfabrik durch modernen Dekor für die
Verwendung in einem modernen Heim umzugestalten, son-
dern weiß auch die Gebrauchsformen durch neue Nuancen
reizvoll fortzubilden. Die Fachschulen in den Kronländern
bereiten die Hilfskräfte vor, indem sie alle Techniken
praktisch lehren.

Ebenso sind die alten böhmischen Glaskünste neu be-
lebt worden.

Man hat sich glücklich über die bequeme Nachahmung
alter Formen hinaus zu ganz neuen Bildungen aufge-
schwungen, die einerseits dem Glasschnitt- und Schliff
entgegenkommen und neue Reize abgewinnen, anderseits
hat man alle Hilfsmittel des farbigen Überfangs, der Me-
tallreduktion, Bemalung, Ätzung herangezogen, um einer
guten Ornamentik Raum zu geben.

Die guten eigenartigen Formen zeigen sich auch im
getriebenen Metall, in den Silbergefäßen der Tafel, wie in
den Prunkgefäßen für Sportpreise. Während die.besonderen
Qualitäten der Wiener Schule auf dem Gebiete des Flach-
 
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