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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 22.1911

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Münchener Sommer-Ausstellungen
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5953#0080

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Nekrologe

136

Orpheus der Neuen Pinakothek. Die vielfach dunkel
gehaltenen Farben waren harmonisch im Zusammen-
klang, die Stimmung der Landschaften verriet ein
feineres Empfinden, wenn auch nicht große Kraft, und
in den Interieurs fanden sich malerisch bedeutende
Schönheiten, worunter mir namentlich ein zartes Grau
und Braun in einzelnen Stücken auffiel. Drei dieser
Arbeiten hat der Staat für die Neue Pinakothek er-
worben und hiermit eine gute Wahl getroffen, denn
dieselben gehörten wirklich zum Besten, was in dem
kleinen Saal zu sehen war. Weniger günstig war
der Eindruck, den Löfftz* Zeichnungen hinterließen.
Denn hier fanden sich neben einigen guten Land-
schaftsskizzen auch Studienköpfe, denen eine gewisse
Flauheit und Kraftlosigkeit nicht abzusprechen war,
denen das Ursprüngliche eines gesund und tief emp-
findenden Künstlers fehlte. Philipp Roth, von dem
in der Mehrzahl Zeichnungen ausgestellt waren, ist
ein sorgfältig arbeitender Landschafter, dem allein
schon die Wahl hübscher und gefälliger Motive immer
die Gunst eines größeren Publikums sichern wird.
Aus manchem seiner Blätter spricht eine stille, feine
Natur, die sich aber nie zu einer bedeutenden künst-
lerischen Individualität entwickelt hat. Die Bilder,
Studien und Zeichnungen, die man zum Gedächtnis
des im vorigen Jahre verstorbenen Hermann
Kaulbach in zwei Sälen vereinigt hatte, enthielten
ein hübsches Interieur aus dem Franziskaner-
kloster in Bozen, sowie einige gute Studienköpfe.
Was man aber an großen historischen und religiösen
Darstellungen, an Kinderbildern und Genreszenen zur
Ausstellung gebracht hatte, gehörte größtenteils einer
Richtung an, wie sie heute nur mehr einige bekannte
Familienzeitschriften kultivieren, wie sie aber von jedem
wirklich Kunstsinnigen abgelehnt werden dürfte. Und
ziemlich auf gleicher Stufe bewegen sich die Arbeiten
des ebenfalls im letzten Jahre verstorbenen Bildhauers
Anton Heß. Außer einer guten Statuette König Lud-
wigs I. und einigen Porträtbüsten, fast durchweg
Werke ohne tieferen Gehalt, deren oberflächliche
Hübschheit den Mangel an wirklich künstlerischem
Empfinden um so mehr verspüren läßt. Ein paar
erfreuliche Arbeiten waren aber unter den Plastiken
der allgemeinen Ausstellung, von denen ich zwei
Büsten Curt Siegels erwähne — namentlich die
Herrenbüste in Granit verdiente Beachtung — und
eine Eichenholzbüste von Hans Frey. Auch ein sitzen-
des nacktes Mädchen von Johannes Hirt war gut
empfunden in der Haltung. Aus der großen Menge
der den verschiedensten Korporationen und Rich-
tungen angehörenden Maler seien, da ein genaues
Eingehen auf Gruppen, Länder usw. im Rahmen
dieses Berichtes nicht möglich ist, nur einige wenige
genannt, deren Werke durch irgendwelche Qualitäten
aus dem übrigen Leinwandmeer hervorragten. Walter
Thor hatte eine Anzahl recht tüchtiger Porträts aus-
gestellt, von denen besonders das Doppelbildnis eines
Herrn und einer Dame durch seine gewählten Farben
und seinen soliden, ernsten Charakter auffiel. Der
gleichfalls zur Luitpoldgruppe gehörende E. Gabeis-
berger verriet in einer Schneelandschaft »Föhn-

stimmung in den Bergen« ein Talent, dem man ein
Weiterschreiten auf diesem Weg wünschen kann, und
Otto Gampert hat in seinem »Herbstabend bei Ebers-
berg« eine gediegene Landschaft geschaffen, die vor-
teilhaft von ähnlichen Darstellungen der heutigen
Malerei absticht. Dem Weggenossen Hans Thomas
und E. Lugos, Albert Lang, ist von seinen drei aus-
gestellten Bildern ein Damenbildnis am besten ge-
lungen, während Hans Thoma selbst in dem »Bildnis
mit dem Erikastrauß«, das schon von der vorjäh-
rigen Karlsruher Thomaausstellung her bekannt ist, und
mit einer großen Frühlingslandschaft würdig vertreten
war. Von den Bildern, die das Künstlerehepaar Trübner
ausgestellt hatte, gebührte der Preis fast dem weib-
lichen Teil, während der männliche eher etwas ent-
täuschte. Sonst war in der badischen Gruppe noch
manches Gute zu sehen, wozu man auch den »Obst-
garten« des Karlsruhers Otto Leiber rechnen darf.
Ein sympathisches Frauenporträt konnte man auch
von Rieh. Birnstengel kennen lernen, der in einfacher
Malweise, aber mit Empfindung die Züge der eigenen
Mutter auf der Leinwand festgehalten hat Aus der
Menge der übrigen Aussteller seien zum Schluß noch
die Arbeiten von W. Kreling, Josua von Gietl, Hans
von Bartels, O. Lynch of Town, Bios, Claus Bergen,
Sieck und Egger-Lienz genannt B.

NEKROLOGE

Ludwig Knaus f. Mit den höchsten Ehren eines
großen Würdenträgers der Kunst und unter einer Anteil-
nahme der Bevölkerung, wie sie selten dem Hingang
eines deutschen Malers begegnete, ward am 11. Dezember,
vier Tage nach seinem Tode, Ludwig Knaus in Berlin zu
Grabe getragen. Als vor zwei Monaten, am 5. Oktober,
sein 81. Geburtstag gefeiert wurde, galten die Glückwünsche
noch einem ungebeugten alten Herrn von militärischer
Straffheit. Und bis zuletzt war er an der Arbeit. Zu der
Ausstellung ihrer Mitglieder, welche die Berliner Akademie
für den Anfang des Jahres 1911 vorbereitete, meldete er
noch drei neue Werke an, von denen eins noch unvollendet,
aber bald fertiggestellt sei. Am Tage vor seinem Hingang
hatte er noch an ein Bildnis die letzte Hand gelegt. Und
noch am Morgen des Tages, dessen Abend er nicht mehr
erleben sollte, stand er an der Staffelei; am Nachmittage
dann, als er im Kreise der Seinen in seinem schönen
Hause in der Hildebrandstraße am Tiergarten, das er zu
einem kleinen Museum feiner Altniederländer gemacht
hatte, Gäste erwartete, raffte ihn ein schneller, sanfter Tod
dahin.

Als vorm Jahre Knaus' 80. Geburtstag festlich be-
gangen wurde, sprach er selbst in öffentlichem Dank, sehr
rührend, sein freudiges Staunen über die Ehrungen aus,
die man ihm dargebracht, und fügte hinzu, sein Wirken
»liege schon so lange zurück, daß er sich nicht gewundert
hätte, wenn er längst vergessen wäre«. Es war die un-
gekünstelte Bescheidenheit eines schlichten, großen Men-
schen, die sich in diesen ehrlichen Worten aussprach.
Wohl hatte auch Knaus vor Jahr und Tag eine Zeitlang
an den modernen Kunstkämpfen teilgenommen, die gerade
ihn so ungerecht zurückdrängten. Aber nun hatte er längst
seinen Frieden mit der Welt und der Zeit gemacht, die
völlig andere Wege ging, als er sie einst beschritten. Und
auch die Zeit fand sich wieder zu ihm zurück, und auf
die respektlose Unterschätzung seines Lebenswerkes, die
 
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