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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 22.1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.5953#0151

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Denkmäler — Archäologisches

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DENKMÄLER
X Louis Tuaillons Reiterstandbild Kaiser Friedrichs
für die neue Kölner Rheinbrücke ist jetzt nach Friedrichs-
hagen übergeführt worden, um bei Gladenbeck gegossen
zu werden. Das Denkmal soll im Mai enthüllt werden.
In einer großen Reihe von Exemplaren wird dort zurzeit
auch die Medaille gegossen, die Tuaillon zum Berliner
Universitätsjubiläum geschaffen hat. Die Denkmünze,
die sich mit schönem Erfolg in den Bahnen der besten
Medaillentradition hält, zeigt auf dem Avers ein Reiterbild
Kaiser Wilhelms II. im Profil, auf dem Revers einen stili-
sierten Lorbeerkranz. Die Inschriften lauten »Rex Borussiae
Quilelmus II Imperator Oermanorum MDCCCCX« und
»Universitati Friedericae Guilelmae Berolinensi Saecularia
Prima Agenti«. — Das Gipsmodell zu Tuaillons Kölner
Reiterdenkmal des regierenden Kaisers wird auf der Großen
Berliner Kunstausstellung dieses Jahres stehen.

X Das Frithjofdenkmal, das Kaiser Wilhelm als Ge-
schenk für den norwegischen Staat bestimmt hat, ist nun
von Bildhauer Prof. Max Unger im Thonmodell vollendet
worden. Der Kaiser hat selbst zu dem Denkmal eine
Bleistiftskizze entworfen. Es stellt den Sagenhelden Frith-
jof in der Tracht altnordischer Recken mit Pelzkleid und
Ledergürtel dar; die Rechte stützt sich auf das Schwert.
Die Figur soll eine Höhe von nicht weniger als zehn
Metern erhalten und in der großartigen Landschaft Wang-
näs, in der Nähe der sagenhaften Gräber Frithjofs und
Ingeborgs, aufgestellt worden.

ARCHÄOLOGISCHES

Die »Murch-Sammlung« ägyptischer Altertümer
im New Yorker Museum: Ein eigenes Supplement zu
dem »Bulletin des Metropolitan-Museum of Art« (Jan. 1911)
ist der vor kurzer Zeit dem großen New Yorker Museum
von Miß Helen Miller Gould geschenkten »Murch-Collec-
tion of Egyptian Antiquities« gewidmet. Die Sammlung war
von Dr. Chauncey Murch in Luxor in Oberägypten ange-
legt worden, wo dieser ungefähr 25 Jahre an der Spitze
der amerikanischen presbyterianischen Mission gestanden
ist und eine besondere Gelegenheit hatte, diese Samm-
lung zu gründen. Wenige Stücke nur sind nach seinem
Tode in andere Hände gekommen; die Hauptmasse, im
ganzen 3370 Stück, ist nunmehr im Besitze des Metro-
politan-Museums. Der amerikanische Ägyptologe Arthur
C. Mace beschreibt sie in dem erwähnten Bulletin aus-
führlich. Wir wiederholen hier nur das Wichtigste:

Der historisch bedeutendste Teil der Sammlung, den
zu vereinigen auch Dr. Murch zweifellos das größte Ver-
gnügen gemacht hat, besteht aus Skarabäen und ver-
wandten Siegelformen. Die ägyptischen Siegel zerfallen
in zwei Klassen, in zylindrische Abrollzylinder und in
die andere aus Skarabäen, Täfelchen usw. bestehenden
Abdrucksiegel. Der Zylindersiegel ist der ältere und
kommt sogar schon in prädynastischen Gräbern vor. Die
zweite Klasse beginnt ungefähr von der 12. Dynastie und
dauert bis zum Ende des Altertums weiter. Die Murch-
Sammlung besitzt 42 Zylindersiegel, von denen 23 könig-
liche Namen tragen; der erste mit Menkaura aus der
4. Dynastie, der letzte aus der 13. Dynastie. König-
liche Siegelzylinder sind sehr selten und mehrere aus der
Murch-Sammlung sind Unika. Aus der zweiten Klasse,
der der Skarabäen und Aufdrucksiegel, besitzt die Murch-
Sammlung 800 Stück aus Steatit, glasiertem Ton, Gold,
Karnelian, Amethyst, Lapis lazuli, Beryll, Elfenbein, Bronze
und Glas. Diese sind entweder königlich (242 Stück) oder
von hohen Beamten, oder sie tragen Ornamente, Götter-
namen, Mottos usw. Privatsiegel sind nur ungefähr 70 in |

der Sammlung enthalten, so daß man annehmen muß, daß
daß Recht ein Siegel zu tragen, nur einer privilegierten
Klasse zukam, die entweder durch ihr Amt oder als direktes
Recht von der Hand des Königs dies Privileg gewonnen
hat. Jedenfalls haben geringere Leute kein mit Namen
versehenes Siegel benützt. Die offiziellen Siegel gehören
zum größten Teil in die Periode zwischen der 12. und
14. Dynastie, nach der die Zentralisation des Reiches in ein
dezentralisiertes System langsam überging. Die frühen
Siegel sind mit wenigen Ausnahmen solche von Laien-
personen, während man von der 18. Dynastie kaum mehr
eines findet, das nicht einem Priester zugehörte. Auch
hier spiegelt das Siegel die Geschichte wieder. Der Thron
war nur der Gefahr durch die dezentralisierenden Vor-
nehmen entgangen, um in die Hände der Kirche zu fallen.
Interessant sind die mit Mottos und Gebetsanrufungen
versehenen Siegel, von denen die Sammlung eine große
Zahl aufweist. — Neben den Siegeln sind auch eine große
Anzahl Siegelringe, von der 12. Dynastie an beginnend,
in der Sammlung Murch vertreten. — Wohl zu unter-
scheiden von den Siegelskarabäen sind zwei Klassen von
sehr großen Skarabäen, welche bestimmt waren, Ereignisse
in der Regierung eines Pharao zu überliefern. Man kann
sie Gedächtnisskarabäen nennen. Amenophis III. hat, so-
weit bekannt ist, vier Serien derartiger Skarabäen fertigen
lassen, von denen zwei in der Murch-Sammlung vertreten
sind. Der eine erwähnt sein Jagdglück, als er einmal
102 Löwen erlegte, der andere seine Verehelichung mit
der Königin Tii, ist also als die älteste »Hochzeitsmedaille«
zu betrachten. Auch zahlreiche Herzskarabäen, die der
Mumie auf das Herz gelegt wurden, aus der 18. bis
26. Dynastie, sind vorhanden. Sie enthalten meist das
30. Kapitel des Totenbuchs. — Aus dem sonstigen Inhalt der
Sammlung sind zu nennen: eine größere Anzahl verschie-
denartiger Objekte, welche Namen von Pharaonen oder
Notabein tragen: Plakette, »hl. Augen«-Amulette, »KohU-
Tuben, Ushabtis, Fundamentierungsziegel, Perlen, Bronze-
stempel. Dazu treten eine größere Anzahl Goldmünzen von
Vespasian bis Justinian und Silbermünzen der Ptolemäer und
römischen Kaiser. Die meisten dieser Münzen sind in
Alexandria geschlagen. — Reich ist ferner die Murch-Samm-
lung an Amuletten. Der Ägypter war so von Abwehr-
ideen erfüllt, daß magische Figuren und Formeln die
ursprüngliche Idee fast der ganzen Grabausstattung und
Dekorierung ausmachen. Die Canobischen Vasen waren
mit einer Göttergestalt geschmückt, die den Zweck hatte,
die in ihnen bewahrten Körperteile vor Zerstörung zu be-
wahren. Die Ushabtis (Dienerfiguren, respektiv Herren-
repräsentanten) konnten durch eine magische Formel ins
Leben gerufen werden, um in der anderen Welt für die
Herren zu arbeiten. Alle Nachbildungen von Booten,
Werkzeugen, die Möbelmodelle hatten den Zweck, den
Eigentümer in der anderen Welt zu versorgen usw. Kurz,
jeder Grabgegenstand war dazu bestimmt, ein spezielles
Bedürfnis in der neuen Lebensform auf magische Weise
zu erfüllen. Aber in nicht geringerer Weise war die
tägliche Existenz im Leben von der Magie beeinflußt
und die gewöhnlichsten Tagesgeschäfte vom Aberglauben
reguliert; für fast alle diese Dinge hat die Sammlung
Murch Amulette, von denen 24 Varietäten in die frühe,
74 in die spätere Zeit gehören. Brauchte doch eine
Mumie, um vollständig ausgestattet zu sein, nicht weniger
als 104 Varietäten von amulettartigen Gegenständen! —
Als nahe Verwandte der Amulette fehlen natürlich nicht
die Votivfiguren, die, sei es um eine Gunst von Göttern
zu erreichen, sei es um für eine Gunst zu danken, geweiht
wurden. — Glasvasen, die die Murchkollektion aus der
frühesten Periode der Glasfabrikation um 1500 v. Chr. bis
 
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