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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 22.1911

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Das Holzhausen-Kabinett im Städelschen Kunstinstitut
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ACAD. LESEH.

1-JUL1911

KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Querstraße 13
Neue Folge. XXII. Jahrgang 1910/1911 Nr. 31. 30. Juni 1911.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur Zeitschrift für bildende Kunst* monatlich dreimal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfaßt 40 Nummern.
Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende Kunst« erhalten die Kunstchronik kostenfrei. — Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt
eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seem ann,
Leipzig, Querstraße 13. Anzeigen 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen an.

DAS HOLZHAUSEN-KABINETT IM STÄDEL-
SCHEN INSTITUT
Seit Februar dieses Jahres befindet sich die Ahnen-
galerie des Hauses Holzhausen in leihweisem Besitz
des Städelschen Ipstituts. Der Tod des letzten Majorats-
herrn des alten Geschlechtes kündigte auch den Bildern
ihre gewohnte Heimstätte, die sogenannte »Öd«, und
dadurch sind sie, dank der großherzigen Gesinnung
des Rittmeisters a. D. Freiherrn Adolf von Holzhausen,
der Öffentlichkeit zugänglich und kennbar geworden.
Zwar nicht von allen Bildern gilt dieser Anspruch;
denn wie das bei Ahnengalerien der Fall zu sein
pflegt, birgt auch die Holzhausensche Stücke, die
lediglich für Familienmitglieder einen Affektionswert
haben und die, gemäß des Charakters des Städelschen
Hauses als dem einer Kunstsammlung, gnädig ins
Depot bestattet wurden, während nur eine Auswahl
des Besten und Guten, etwa 30 Stück ausgestellt sind.
Es wurde also der primäre Gesichtspunkt des histori-
schen Interesses nach Möglichkeit zugunsten des in
seinem Umfang und seiner Spannweite allgemeineren
und weiteren des künstlerischen Interesses zurückge-
drängt. Und das ist gut gewesen, da einer Gruppe
von Bildern ein eigner künstlerischer und kunst-
historischer Wert eignet, einerlei ob sie im Zusammen-
hang der historischen Abfolge sich befinden oder
nicht. Diese seien vorerst herausgehoben und die
mehr familiengeschichtlichen Illustrationen am Schluß
kurz erwähnt.

Der sogenannte Meister der Holzhausenporträts.

Gilbrecht von Holzhausen 1514 bis c. 1550. Halb-
figur beinahe in Vorderansicht. Der bartlose Kopf
mit schwarzem Barett etwas nach rechts. Die linke
Hand faßt die rechte Kante der grauen, mit schwarzen,
goldgeränderten Streifen versehenen Schaube, unter der
das Brusthemd mit goldgestickter Halsborte hervorsieht,
auf der zwischen Ranken ein Phönix und die Halb-
figur einer Lukretia zu sehen. Die rechte Hand liegt
auf einem Mäuerchen und hält einen Brief mit der
Aufschrift: »dem ersamen Gilbrecht von Holzhausen
meinem besondern freuntlichenn liebenn Vettern«.
Im Hintergrund tiefliegend rechts eine Stadt an einem
Flußlauf, links zackiges Gebirge. Blauer Himmel mit
Wölkchen; über dem Gebirge ein Sonnenuntergang
in gelben und rötlichen Tönen, die sich bis an den
rechten Bildrand ziehen.

Auf der Rückseite das Holzhausensche Wappen
und die Inschrift des Namens und Alters des Dar-
gestellten nebst der Datierung 1535; darüber ein
Monogramm, das aus verschlungenem D. V. C besteht
(vgl. Nagler, Monogram misten V.Nr. 1184).

Auf Holz 58 cm hoch 44 cm breit.

Anna von Holzhausen geb. Ratzeburger 1511 bis
c. 1540. Beinahe Kniestück, nach links sitzend; die
reichberingten Hände vor dem Leib gefaltet. Sie ist
mit grauem Kleid, das mit schwarzen, goldeingefaßten
Streifen geziert ist, bekleidet, trägt goldgesticktes
Mieder, ebensolchen Halsbund und Haube; reicher
Kettenschmuck in Gold um den Hals und die Schultern.
Im Hintergrund das tiefliegende Wiesenufer eines
Flusses; jenseits desselben eine Stadt und zackiges
Gebirge. Am Himmel zarte Wölkchen und links
Abendröte.

Auf der Rückseite das Wappen der Ratzeburgers
und die Inschrift des Namens und Alters der Dar-
gestellten nebst der Datierung 1535; darüber das gleiche
Monogramm D. V. C. wie bei dem vorhergehenden
Bild.

Auf Holz 58 cm hoch 44 cm breit.

Beide Bilder des Brautpaares sind ersichtlich als
Gegenstücke gemalt, was außer dem gleichen Format,
aus der sich entsprechenden Farbenhaltung und dem
Ubergreifen des Landschaftsbildes des Gilbrechts-
porträts in das des Annabildnisses hervorgeht; die
blasse Rötung des Abendhimmels am rechten Bild-
rand bei Gilbrecht setzt sich am linken Bildrand bei
Anna fort. Koloristisch fallen beide Bilder durch eine
in der deutschen Kunst seltene Mäßigung der Bunt-
heit auf; die kalte Harmonie von Grau, Gold und
Fleischfarbe vor lichtblauem Himmel entspringt einem
persönlichen Geschmack und macht die Frage nach
dem Autor der Bilder dringlich. Der Stil der Por-
träts weist in die Donaugegend, speziell in die Regens-
burger Schule; dieses Resultat bleibt bestehen, wenn
auch der Name Melchior Feselen, den Macuard vor-
geschlagen, heute fallen gelassen worden ist. (cf.
Macuard, das Bildnis des Hans von Schönitz und der
Maler Melchior Feselen 1896, Bruckmann, München;
dorten auch Abbildungen der beiden Porträts.) Die
heutige Forschung hat sich auf Grund der Buch-
staben D. V. C. für Conrad von Creuznach entschieden,
den H. Braune in den Monatsheften für Kunstwissen-
schaft 1909, II, p. 582 in die Literatur eingeführt
 
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