Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 22.1911

DOI article:
Verschiedenes / Inserate
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5953#0257

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
48g

Denkmalpflege — Denkmäler — Funde

490

Architekten Gustav Ebe, durch Zuerteilung des Preises
ausgezeichnet.

In dem Wettbewerb von Entwürfen für das Emp-
fangsgebäude des neuen Hauptbahnhofs in Stuttgart

hat das Preisgericht den ersten Preis von 10000 Mark
Prof. Bonatz und Architekt Schober-Stuttgart zuerkannt, je
einen zweiten Preis von 6000 Mk. dem Architekten Röckle
(Mitarbeiter: Paul Roos-Frankfurt a. M.) und Prof. Pützer-
Darmstadt, je einen dritten Preis von 4000 Mk. den Archi-
tekten Lempp und Rietmüller (Mitarbeiter: E. Kimmerle-
Stuttgart) sowie derjenigen des Reg.-Baumeisters Alfred
Fischer-Düsseldorf. Mehrere andere Entwürfe wurden zum
Ankauf empfohlen.

DENKMALPFLEGE

Einen bemerkenswerten Vortrag über die Aufgabe
der Denkmalpflege im modernen Städtebau hielt jüngst
auf Einladung des Grafen Lanckoronski der bekannte Städte-
baumeister C. Rehorst aus Köln im Wiener Rathause. Re-
horst wies auf die Wandlungen hin, welche die allgemeine
Anschauung auf diesen Gebieten in den letzten Jahren ge-
macht hat, nachdem endlich eine Periode vergangen war,
die so viel Nüchternes hervorgebracht hatte wie keine vor
ihr. Leider fiel dieser Tiefstand der Baukunst mit dem Auf-
schwung der deutschen Städte zusammen. Genau so, wie
vor einigen Wochen in einem Vortrag der Wiener Architekt
Loos es getan hat, verurteilt Bürgermeister Rehorst es na-
türlich, daß man lange genug die Baukunst als eine Flächen-
und nicht als Raumkunst betrachtet hat. Jetzt endlich fängt
man wieder an, Straßen zu bauen, nachdem man lange ge-
nug das Ideal in öden Zeilen erblickte. Damit hängt die
große Aufmerksamkeit zusammen, die Schöpfungen der
alten Baukunst gewidmet wird. Die Aufgaben der Städte-
baukunst teilt der Vortragende in zwei Gruppen: Verhütung
und Neubildung. Es ist nicht nur die alte Stadt zu er-
halten, auch das ganze Stadtbild muß erhalten bleiben, da-
mit nicht der Kontrast zwischen der alten und der neuen
Stadt so beschämend wirke, wie es vielfach der Fall ist.
Dies ist natürlich nur dann möglich, wenn man auch die
entsprechende Macht über den Bauplan hat. Der Vortra-
gende entwickelte sodann das von ihm selbst in Köln ein-
geführte System, auf Grund dessen er gewisse Erleichte-
rungen beim Bau nur für jene Bauten gewährt, die er als
künstlerisch wertvoll erkennt. Bürgermeister Rehorst sprach
von dieser Einführung mit sichtlichem Stolz, es mag auch
sein, daß er die Persönlichkeit ist, in diesen Dingen end-
gültige Urteile zu fällen, nachahmenswert ist das System
ganz offenkundig nicht. Niemals darf Wohl und Wehe
der künstlerischen Entwicklung eines Stadtbildes und damit
auch der Künstlerschaft der Stadt in die Hand eines Ein-
zelnen gelegt sein. Zu dieser Erkenntnis genügt ja, sich
das Kölner System auf Wiener Verhältnisse übertragen zu
denken . . . Rehorst nennt vier Hauptfeinde der alten
Stadtbilder: Die Verschönerung, die Sanierung, die Ver-
kehrsbesserung und die Spekulation. Die Verschöne-
rungssucht allerdings ist heute bereits ungefährlich ge-
worden. Auch der Freilegungswahn ist heute glücklich
überwunden. Unter allgemeinem Beifall sprach der Vor-
tragende auch den allgemein als richtig erkannten Leit-
satz aus, das niemals eine Imitation neben das Original
gestellt werden dürfe, sondern neben alte Originale immer
nur moderne Bauformen. Als Beleg dafür führte Rehorst
den Wiener Minoritenplatz an, den er, was wohl jeder
Wiener zugeben wird, als zu weit geraten bezeichnet. Der
Vortragende wnrde von stürmischem Beifall unterbrochen,
als er auf den reizenden kleinen Anbau der Minoriten-
kirche aus dem 18. Jahrhundert verwies und auf die Häß-

lichkeit des vor wenigen Jahren entstandenen Anbaues und
sagte, er habe sich beim Anblick dieses Zubaues für unsere
Zeit geschämt. Auch im Interesse der Sanierung, fuhr der
Vortragende fort, dürfe nicht planlos niedergerissen werden.
Der gefährlichste Feind alter Stadtbilder sei aber der große
Götze »Verkehr« und die Spekulation. In der Wertung
der Verkehrsförderung werde fast immer daneben ge-
griffen. Sie bestehe — und damit hat der Vortragende
seinen Wiener Zuhörern sicherlich wieder aus dem Herzen
gesprochen — nicht so sehr in der Verbreiterung der
Straßen, als vielmehr in einer richtigen Ordnung des Ver-
kehrs. Als Beispiel wurde insbesondere die Oxford Street
in London angeführt, die trotz einer Breite von nur 8,35 m
dank der sorgfältigen Verkehrsregelung imstande sei, einen
solchen Riesenverkehr passieren zu lassen. Nötigenfalls
sei zu einer Dezentralisation des Verkehrs zu greifen. Der
Vortragende brachte für alles, was er sagte, eine Reihe
von Beispielen aus verschiedenen deutschen Städten und
sprach sich ganz besonders gegen die Schaffung der ja
auch in Wien so oft angeregten großen Avenuen aus. Der
interessante Vortrag schloß mit der Projektion vieler Bilder
aus deutseben Städten, die teils zeigten, wie Neues mit
Altem geschickt vereint worden ist, teils auch, wie Schönes
sinnlos zerstört und durch Häßliches ersetzt worden ist.

DENKMÄLER

X Prof. Gottlieb Elster hat jetzt das Tonmodell für
das Denkmal der Königin Luise im Berliner Vorort
Weißensee vollendet. Das Monument stellt die Königin
in sitzender Haltung dar und soll einen ganz niedrigen
Sockel erhalten. Das Werk wird in der der Großherzog-
lichen Hochschule angegliederten Erzgießerei zu Weimar
gegossen, wo Elster seit kurzem als Nachfolger Adolf
Brütts lehrt.

X Im Berliner Zoologischen Garten wurde eine
Bronzebüste des Geh. Baurats Wilhelm Böckmann enthüllt,
der sich um die architektonische Ausgestaltung des Gartens
in früherer Zeit große Verdienste erworben hat. Die Büste
ist ein Werk von Fritz KUmsch.

FUNDE

X Beim Bau der Berliner Untergrundbahn nach dem
Alexanderplatz hat man ein wohlerhaltenes Stück
der alten Berliner Festungsmauer des Großen
Kurfürsten unter dem Straßenniveau gefunden. Ob-
wohl man, vor allem aus dem Plan von Joh. Bernh.
Schultz von 1688, den Lauf dieser Mauer genau kannte
und auch ältere Lokalforscher, wie F. Holtze, noch ein-
zelne Reste von ihr gesehen haben, hat man doch nie
zuvor eine Partie dieses Befestigungswerkes aus dem
17. Jahrhundert ausgegraben, die ihre Anlage und Struktur
so genau erkennen ließ. Man überblickt nun, wie das
Mauerwerk, auf eingerammte Pfähle gestützt, aus Kalk-
steinen und Mörtel bestand und, außerordentlich fest ge-
fügt, vier Meter dick war, wie sie dann aber nach außen
hin mit prachtvollen Sandsteinquadern verkleidet war, deren
Fläche nach oben hin eine feine Neigung nach innen auf-
weist — genau so, wie es der Schultzsche Plan festge-
halten hat. Die Quadern tragen vielfach das noch nicht
erklärte Monogramm HS. Mit Eifer ist man bemüht, bei
den Untergrundbahnarbeiten wenig weiter westlich, in der
Neuen Friedrichstraße, danach zu forschen ,r_ob man jiieht
wenigstens auch Fundamente der noch älteren, mittel-
alterlichen Mauer findet, die vom Anfang des 14. Jahr-
hunderts bis nach dem dreißigjährigen Kriege Berlin umzog.
 
Annotationen