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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 22.1911

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495

Vermischtes

496

»Kunstchronik« erfahren haben, was Laban war und was
er hätte werden können, darauf hinweisen, daß seine ge-
sammelten Aufsätze soeben bei Grote in würdiger Form
erschienen"sind. Möge dieses Buch für ihn leben bleiben!

Gustav Hirstein.

VERMISCHTES

X Die Einführung der Feuerbestattung in Preußen
stellt den Gemeinden allenthalben neue architektonische
Aufgaben, da es nun gilt, Krematorien und Urnenhallen
zu errichten. In Groß-Berlin hat man den Bau solcher
Anlagen bereits in die Wege geleitet. Zunächst haben
Berlin selbst und Charlottenburg in dieser Richtung Be-
schlüsse gefaßt.

Der Mitteldeutsche Kunstgewerbeverein sucht beim
Frankfurter Stadtparlament um einen Zuschuß von 40000
Mark zum Ankauf von vier silbervergoldeten Prunktellern
nach, die im ganzen 80000 Mark kosten. Die Teller, aus
adeligem Privatbesitz stammend, stellen die Phaeton-Sage
dar und werden dem Nürnberger Goldschmied Christoph
Jamnitzer (1563—1618) zugeschrieben.

Die Firma Günther Wagner in Hannover beab-
sichtigt, um die durch einen kürzlich erledigten Wettbewerb
erlangte Kollektion von Gemälden auf einen angemessenen
Umfang zu bringen und auch das Interesse der Künstler-
schaft für Pelikan-Farben wach zu halten, gelegentlich ihres
demnächstigen 75jährigen Bestehens weitere 75000 M. für
die Erwerbung von Bildern auszusetzen, welche mit Pelikan-
Farben gemalt wurden. Es soll für diesen Betrag auf
Frühjahrsausstellungen verschiedener Kunststädte durch
besondere Kommissionen eine entsprechende Anzahl Bilder
ausgewählt und dann angekauft werden.

Max Sievogt hat wieder eine Reihe Porträts voll-
endet, darunter ein Bild des Söhnchens von d'Andrade
(dessen eigenes Bildnis als Don Juan von Slevogt, wie be-
kannt zu den berühmtesten Werken der Meister zählt),
auch ein Porträt Heinrich von Kleists hat Slevogt nach der
einzigen wirklich beglaubigten Darstellung rekonstruiert.

X Der Kaiser hat auf der Großen Berliner Kunstaus-
stellung den »Fechter« des Berliner Bildhauers Fritz Heine-
mann angekauft, um ihn im Park von Sanssouci aufstellen
zu lassen.

Zu Preetz im Holsteinischen sind einige mittel-
alterliche Skulpturen wieder beachtet und in die Kloster-
kirche gebracht worden. Zwei davon haben eine größere
Bedeutsamkeit, obwohl sie aufs Jämmerlichste verstümmelt
sind. Ein Christus auf dem Esel reitend, das einzige den
Gegenstand darstellende Werk im Lande und im weiteren
Umkreise. Schwach lebensgroß. Das ängstlich und klein-
lich gefältelte Gewand gibt Zeugnis, daß es als ein weniger
der Verehrung als dem Gebrauche bestimmter Gegenstand
von einer zwar sehr sorgsamen und liebevollen, aber außer-
halb des Kunstlebens stehenden Hand geschaffen ist. —
Ferner ein Vesperbild oder Pietas, in halber Lebensgröße,
das erste im Lande nachzuweisende Skulpturwerk aus Stein.
Es ist nach allen Merkzeichen den böhmischen Arbeiten
zuzurechnen, von denen Paul Weber im Hessenkalender
für 1907 und Beruh. Schmid im letzten (8.) westpreußischen
Jahresbericht der Denkmalpflege (1910) gehandelt hat. Sie
finden sich in Norddeutschland da und dort in Museen,
und in Kirchen zu Danzig und Magdeburg. Ihre Ent-
stehung knüpft sich an die Zeit hoher Kunstblüte an, die
Kaiser Karl IV. zu danken ist. Das Preetzer Stück, aus
fast weißem feinem Kalkstein, zeigt wie die anderen einen

mit Maßwerk trefflich verzierten Sitz, edelste Gewandung.
Traurig verstümmelt, sogar ohne die Köpfe, hat es seinen
besonderen Wert in den Resten der Bemalung. Sie ist
dieselbe wie an dem von Weber beschriebenen Jenaer
Stück, wesentlich weiß, blau und golden, die Hautfarbe
der Mutter rötlich, des Herrn gelblich. Das Rot ist auf
den reichlich angebrachten Bluterguß beschränkt. Der
Grund des Maßwerks ist, von anderen Werken unterschied-
lich, nicht rot, sondern schwarz (ins Blaue). Der weiße
Kreidegrund der Farbe ist ziemlich dünn aufgetragen.

r. h.

Ein Chromoskop. In den Annalen der Physik 1910,
S. 799 ff. beschreibt Leo Arons ein von ihm erfundenes
Chromoskop, das die Hoffnung erweckt, mit seiner Hilfe
zu einer exakten Beschreibung und Benennung von Farb-
tönen zu gelangen. Man kennt die darauf gerichteten Be-
mühungen der Kunsthistoriker und Kunstgewerbler, die
aber bisher nur. bezwecken konnten, für die aus der un-
endlichen Farbenreihe erst ausgewählten (also eine Be-
schränkung!), dann mechanisch reproduzierten (also eine
Fehlerquelle!) Farbtöne eine allgemein anerkannte Bezeich-
nung zu bestimmen. Das Chromoskop eröffnet nun die
Aussicht, überall und fast jederzeit eine Farbennuance exakt
durch Zahlen bestimmen zu können. Aus Brücke, »Die
Physiologie der Farben für die Zwecke der Kunstgewerbe
(Leipzig 1887) S. 44 ist das Schistoskop bekannt. Arons
verwendet an Stelle der Gipsblättchen Quarzplatten und hat
damit den entscheidenden Schritt getan. Einfachst besteht der
Apparat also aus zwei Prismen, zwischen denen eine Quarz-
platte steht; denn Quarz ist »ein besonders beständiger,
vorzüglich definierter Körper« (die zu benutzenden Platten
sind geeicht im Handel) und »dieselbe Quarzplatte zeigt
bei der Drehung des Analysators in einem Bereich von 1800
eine Folge von Farbentönen, die sich über das gesamte
Farbengebiet verteilen.« Mit Recht hebt Arons als den
größten Vorteil dieses Prinzips hervor, daß nun jede über-
haupt erhältliche Nuance durch zwei Zahlen gewissermaßen
absolut festgelegt ist: durch die Dicke der Quarzplatte in
Millimetern und die an einer Maßeinteilung leicht abzu-
lesende Drehung des vorderen Prismen in Graden. Durch
Benutzungeinerverschiedenen Dicke der Quarzplatten (durch
Zusammensetzen z. B. von sechs angegebenen Platten er-
hält man 63 Dicken!) werden nun unzählige Farbennuancen
erzielt — nur sind die eigentlich roten Töne nicht vertreten.
Arons hat dem abgeholfen durch Einschaltung eines zweiten
Polarisators und Einfügung einer Quarzplatte zwischen die-
sem und dem ersten Polarisator; dadurch erhält er »eine
große Fülle von roten Tönen in fein abgestuften Nuancen.«
In diesem zusammengesetzten Chromoskop ist jede feinste
Nuance durch vier Ziffern bestimmt: durch die Quarzdicke,
durch die Neigungswinkel der Schwingungsrichtungen des
Analysators und den der beiden Polarisatoren und durch
die Hilfsquarzdicke; bei dieser ist zu beachten, daß Arons
die von 3,75 mm für praktisch ausreichend hält — in diesem
Falle wären nur drei Ziffern erforderlich.

Hiermit ist theoretisch die Möglichkeit gegeben, mit
einem wenige Zentimeter großen, nicht zu teuren Apparate
jede an einem Kunstwerke begegnende Farbe exakt zu be-
stimmen und jederzeit den Farbton zu reproduzieren. Es bleibt
nur eine Fehlerquelle: das Licht, die aber bei allen optischen
Arbeiten in gleicher Weise in Betracht kommt. Man wird
auch da für die Praxis auskommen, wenn man sich auf
nicht zu helles, diffuses weißes Tageslicht einigt. Ich glaube,
jedermann wird von der Wichtigkeit dieser Erfindung über-
zeugt sein. Arons stellt eine neue Arbeit über sie in Aus-
sicht, man wird sie mit Spannung erwarten. r. Berliner.

Inhalt: Das Holzliausen-Kabinett im Städelschen Institut. Von Benkard. — Londoner Brief. - Chr. Hehl f. — Personalien. — Wettbewerbe: Bismarck-
Nationaldenkmal, Schultze-Stiftung, Hauptbahnhof in Stuttgart. — Denkmalpflege im mod. Städtebau. — Königin Luise-Denkmal in Weißensee;
Böckmann-Büste in Berlin. — Alte Berliner Festungsmauer gefunden. — Ausstellungen in Leipzig, Bremen; Winterthur, München, Barcelona. —
Neuer Van Gogh in Frankfurt; Erwerbungen der Berliner Nationalgalerie, des Märkischen Museums; Wiesbadener Museuinsfragen; Oroßh.
Museum in Weimar; Böcklin-Leihgabe in der Berliner Nationalgalerie; Rembrandt-Museum in Amsterdam; Erwerbungen der Museen in
Santiago. — Verband Deutscher Kunstvereine. — Laban, Verstreut und gesammelt. — Vermischtes.

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig
 
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