Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 22.1911

DOI article:
Verschiedenes / Inserate
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5953#0280

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
535

Archäologisches — Ausstellungen

536

möchte. Auch die Technik des letzteren Bildes befremdet;
die Lichter sind in fast reliefartiger Dicke aufgesetzt. Die
drei leidlich erhaltenen Bilder sind entwicklungsgeschicht-
lich wohl noch wichtiger als die in der Kirche selbst;
wenn ihnen auch der Charme des dort aufgedeckten kleinen
Ursulamartyriums abgeht. f. r.

ARCHÄOLOGISCHES
Studniczka über das Bostoner Gegenstück der
Ludovisischen »Thronlehne«. Die Leser der Kunstchronik
sind bereits in ausführlicher Weise »Kunstchronik« XXI,
Spalte 258 ff. und Spalte 520 ff. über den wunderbaren
Erwerb des Bostoner Museums, das Gegenstück zu dem
weltberühmten Ludovisischen Thron, unterrichtet. Bis jetzt
hatte davon nur eine kurze autoritative Veröffentlichung
in dem Bulletin des Bostoner Museums 1909 stattge-
funden. Nunmehr hat die Verwaltung des Bostoner Mu-
seums das Deutsche Archäologische Institut mit einer
größeren und würdigen Veröffentlichung ihres herrlichen
Besitzes betraut; und F. Studniczka in Leipzig, der den
Marmor vor seiner Reise über den Ozean wiederholt in
aller Muße untersuchen konnte und dessen Archäologisches
Institut in Leipzig einen Abguß besitzt, hat jetzt die schwie-
rige Aufgabe einer ersten ausführlichen Erläuterung des
Bostoner Thrones in fast 50 Seiten des »Jahrbuchs des
Archäologischen Instituts« (ausgegeben am 12. Juni 1911)
begonnen, in einer Weise, daß das Bostoner Museum sich
seiner Wahl erfreuen darf. Er widmet zuerst der Echtheits-
frage einige Worte, da doch einmal von einigen deutschen
Gelehrten die Echtheit des Bostoner Teiles in Frage ge-
stellt worden war. Er sagt dabei, »wäre der Bostoner
Thron eine Arbeit heutiger Bildhauer, wir müßten nach
diesen fleißig forschen, um, wenn wir sie fänden, vor
ihnen niederzufallen als vor dem fleischgewordenen Geiste
hellenischer Kunst, deren Ruhm wir verkünden«. Es folgt
eine ausführliche Beschreibung des Erhaltungszustands und
der tektonischen und architektonischen Formen des Denk-
mals. Studniczka hat in Leipzig in äußerst interessanter
Weise das Ludovisische Denkmal nach dem Bostoner Teil,
der bekanntlich die Volutenornamente noch besitzt, ergänzen
lassen und hat auf die beiden giebelförmigen Abschlüsse
in gleicher Weise eine Palmette in die Mitte und zwei
Tauben auf die Seitenenden gesetzt. Bei der Deutung der
tektonischen und ornamentalen Formen wird zunächst die
Ansicht, daß die Bostoner und römischen Teile zu einem
Sarkophag gehört haben, ebenso zurückgewiesen, wie, daß
sie Thronlehnen für einen Götterthron oder, wie soeben
Petersen in seinem populären Buch vom alten Rom, 4. Auf-
lage, erklärt hat, »Kopf- und Fußlehne eines Bettes waren,
das auf hohlem sargartigen Kasten mit Deckel im Heiligtum
Aphrodites für sie und ihren Adonis aufgestellt war«.
Studniczka kommt vielmehr zu der Deutung, daß die beiden
»xpaTerre«'« Aufsätze von den Schmalseiten eines großen
Altars waren. Es steht nach Studniczkas Darlegungen in
der Tat so, daß sich aus der Deutung auf Altarränder die
grundlegenden ornamentalen Formen der zwei Gegenstücke
allein oder wenigstens am besten, ihr tektonischer Aufbau
aber sogar besser als aus irgend einer andern vorliegenden
Annahme begreifen läßt. Die Oberkante dieses Altars lag
etwa in Augenhöhe. Etwas Bestimmtes über die Verhält-
nisse des Altars im übrigen kann aus Analogien nicht
entwickelt werden. Studniczka ist der Ansicht, daß das
Mittelstück des Bostoner Teils »eine beschwingte Figur,
die zwei kleine nackte jugendliche Gestalten in der Gegen-
wart zweier sitzender Frauen wägt« in die Adonis-Sage
gehört. Die ausführliche Deutung des Bostoner Teils und
damit des Ganzen wird ein zweiter Aufsatz des Leipziger
Gelehrten bringen. m.

Ein Kopf aus den Parthenongiebel-Skulpturen
in Stockholm. Die Köpfe der Parthenongiebel-Skulpturen
sind verloren, mit Ausnahme des Dionysos (früher Theseus
genannt), der stark verwittert. Ein jüngst gefundenes Frag-
ment der Athena besteht nur aus einem Teil des Helmes
und einem nicht einmal ganzen Ohr. Von anderen Frag-
menten ist man nicht sicher, ob sie zu den Giebelgruppen
des Parthenon wirklich gehören; nur der sogenannte Weber-
Labordesche Kopf wird jetzt mit einiger Sicherheit in die
Parthenongiebel gesetzt. Außerdem hat Sauer ein Frag-
ment eines Kopfes im Athenischen National-Museum, das
nur aus den Haaren des Oberkopfes mit einer vierfachen
Löcherreihe zur Aufnahme einer ausgearbeiteten Krone
besteht, für die Parthenongiebel in Anspruch genommen.
Nunmehr erklärt J. Six in dem neuesten Heft des »Journal
of Hellenic Studies« einen in Stockholm befindlichen und
dort als Deianeira figurierenden fragmentarischen Kolossal-
kopf als zu den Parthenongiebeln gehörig. Er kam aus
dem Besitz der Königin Luise Ulrike, der Schwester des
Großen Friedrich, in das Schwedische Nationalmuseum;
1749 ist er in ihrer Sammlung im königlichen Schloß von
Drottningsholm verzeichnet. Die Prinzessin kam im Jahre
ihrer Verheiratung 1744 nach Schweden. Sie schuf die
berühmten Sammlungen von Drottningsholm, ehe sie Königin
wurde, und es ist wahrscheinlich, daß sie das Fragment
in Schweden selbst erhalten hat, wohin bereits im Jahre
1688, gerade so wie nach Venedig oder Kopenhagen, Par-
thenon-Fragmente durch die Landsleute des Grafen Königs-
mark gekommen sein mögen. In ausführlichen stilistischen
und marmortechnischen Eröterungen weist Six das Stock-
holmer Fragment mit Wahrscheinlichkeit in die Reihe der
Parthenonskulpturen, wenn es auch dort nicht fest einzu-
rangieren ist. Der Kopf stand gerade auf dem Nacken;
und so ist er auf keine der Statuen, die wir entweder aus
den Überresten oder aus den Zeichnungen Carreys (die
aber nicht Carrey, sondern wahrscheinlich der flämische
Maler Faidherbe im Gefolge des Marquis de Nointel im
Jahre 1674, 13 Jahre vor der venetianischen Belagerung,
gemacht hat) kennen, passend. Das Fragment, so gering
es ist, mag uns helfen in der Phantasie die wunderbare
Schönheit der Köpfe, die auf den berühmten Torsi der
Parthenongiebel saßen, zu rekonstruieren. m.

AUSSTELLUNGEN

Darmstadt. Der Schabkunstausstellung im Kupfer-
stichkabinett des Großh. Landesmuseums liegt nicht
die Absicht zugrunde, eine lückenlose historische Entwick-
lung zu geben, obwohl die chronologische Reihenfolge,
innerhalb der einzelnen Länder, im großen und ganzen
gewahrt ist. Vielmehr wurde besonderer Wert darauf ge-
legt, an vorzüglich erhaltenen Exemplaren die Ausdrucks-
möglichkeiten der eigenartigen Technik zu veranschauli-
chen. Dementsprechend treten die frühen deutschen Schab-
künstler des 17. Jahrhunderts, wie v. Fürstenberg, Quitter,
Schenck und Haid mehr in den Hintergrund, während
die Engländer des 18. Jahrhunderts den Hauptraum ein-
nehmen, wie es ihrer überragenden Bedeutung entspricht.
Neben John Smith (1658—1719), John Faber (1684—1766)
und Edward Cooper (tätig schon 1739) kommen vor allem
James Mac Ardell (1710—1775), Richard Houston (1728—
1775) un(I Richard Earlom (geb. 1728) mit auserlesenen
Blättern gut zur Geltung. Daran reihen sich Inigo Spilsburg
(1730—1795), Edward Fisher (1730—1785), William Peters
(1731—1795) und, unter den späteren Arbeiten, diejenigen
von James Watson (1740—90), Greenwood, Hodges und
Green. Deutlich englischen Einfluß verraten die Porträts
des Deutschösterreichers Joh. Peter Pichler (1765—1806
 
Annotationen