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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 22.1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.5953#0321

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(Wien), Prof. Breuer (Berlin), Prof. Benois (Petersburg)
und Horvai (Budapest) gegen die gefaßten Beschlüsse der
Jury-Mehrheit Protest eingelegt.

Für den Lincoln-Park in San Francisco plant man
eine Kolossalstatue, die an Größe die Freiheitsgöttin
noch übertreffen soll. Dieser Plan wird in Künstlerkreisen
lebhaft erörtert, da der Bildhauer A. F. Mathews dafür eine
Preiskonkurrenz mit einem ersten Preise von 12000 Dollar
und mehrere andere Preise von insgesamt 8000 Dollar vor-
geschlagen hat; so dürften sich wohl die bedeutsamsten
Künstler der ganzen Welt um den Auftrag für die Aus-
führung des Kolossalmonumentes bewerben. Mathews ist
der Ansicht, daß dasselbe größere Dimensionen haben
muß als die Bartholdische Freiheitsstatue, weil dieses Monu-
ment sich direkt vom Wasserspiegel aus erhebt, während
das Monument im Lincoln-Park in einer Höhe von mehreren
hundert Fuß über der Bai zu stehen kommen wird.

Max Klinger über Plakatwettbewerbe. Max Klinger
wurde gebeten, der Jury für Plakatentwürfe zur »Interna-
nationalen Baufachausstellung Leipzig 1913« beizutreten.
Er erklärte, daß er nur mit schwerem Herzen der Bitte
nachkomme, und äußerte sich gleichzeitig in sehr bemerkens-
werter Weise über das Wesen solcher Wettbewerbe: »Die
Erfahrungen auf dem Wettbewerbsgebiet der letzten Jahre
sind äußerst abschreckend. Oerade auf dem Plakatgebiet
sind trotz reicher Preise (6000 und 10000 Mk.) ganz mise-
rable Erfahrungen gemacht worden, z. B. beim Bismarck-
Plakatausschreiben und bei dem Plakat für die Hygiene-Aus-
stellung. In beiden Fällen mußten die ausgeschriebenen
Preise verteilt werden, obgleich wir uns alle sagten, daß
wir 500—600 Mk. für Sachen hinlegten, die nicht 10 Mk.
Wert hatten. Und dabei stellten sich die prämiierten Sachen
noch teilweise als Plagiate heraus, bei beiden Konkurrenzen.
Man griff in beiden Fällen zu zweiten engeren Konkurrenzen
mit Einladung dazu und Bezahlung für jeden Entwurf. Re-
sultat: Sehr mäßig.« Klinger schlägt vor: Entweder enge
Konkurrenz, jeder bezahlt, offenes Visier, verdoppelter oder
verdreifachter Preis für das Gewählte; oder direkter Auftrag
von 5000 bis 6000 Mk. an einen bewährten Künstler mit
der Verpflichtung, seinen Namen sichtbar anzubringen.
Klinger schließt seine Ausführungen: >Bessere Künstler mit
kennbarer Handschrift beteiligen sich überhaupt nicht bei
solchen Konkurrenzen, dagegen aber eine Fülle von Aka-
demie-, Kunstschul-, Kunstgewerbeschul-Schülem, die nach
bewährten Regeln und Mustern billig und schnell ein paar
Hundertmarkpreise einstreichen, die juristisch verteilt wer-
den müssen.«

DENKMÄLER
X Am 7. Oktober wird in Berlin das Paulsen-Denk-
mal enthüllt, das die deutschen Oberlehrer dem verstor-
benen ausgezeichneten Lehrer der Pädagogik und Philo-
sophie an der Berliner Universität errichten. Das Denkmal,
ein Werk des Bildhauers Erich Schmidt- Kestner gibt das
Bildnis des Gelehrten in Hermenform wieder; es wird auf
dem Fichteberg in Steglitz, dem einstigen Wohnsitz Paul-
sens, aufgestellt.

Karlsbad. Am 28. August ist das aus Sammlungen
reichsdeutscher Kurgäste Karlsbads gestiftete Denkmal
Kaiser Franz Josefs I., ein Werk des Berliner Bildhauers
Professor Eugen Börmel, eines Schülers Reinhold Begas',
feierlich enthüllt worden. Die Bronzestatue des Kaisers
wurde bei Gladenbeck in Berlin gegossen.

Die Errichtung eines König-Albert-Denkmals am
Lauenturme in Bautzen nach dem abgeänderten Entwürfe
des Bildhauers Hauschikl-Berlin haben die Stadtverordneten

beschlossen. Das Denkmal besteht aus Reiterstandbild
nebst Unterbau, der sich direkt an den Turm anlehnt. Der
Auftragerteilung ging eine öffentliche mit 80 Entwürfen
beschickte Konkurrenz voran, in welcher drei gleiche Preise
von je 2000 Mk. an die Bildhauer Born, W. Hauschild und
Georg Wrba verteilt wurden.

FUNDE

X In der Dorfkirche zu Lindenberg in der Mark
Brandenburg, nördlich von Berlin, nahe bei Buch, wur-
den bei den gründlichen Renovierungsarbeiten, die Baurat
Heidemann vornahm, in der Apsis des Chores Reste
spätgotischer Fresken gefunden, die unter einer drei-
fachen Leimfarbenschicht — blauer Himmel mit goldnen
Sternen — zum Vorschein kamen. Die Kirche gehörte in
katholischer Zeit einem Nonnenkloster und weist daher
eine viel prächtigere Gestalt und erheblich reicheren
Schmuck auf als die meisten märkischen Dorfkirchen. Sie
wird urkundlich zuerst im 14. Jahrhundert erwähnt, stammt
jedoch in ihrer ursprünglichen rein romanischen Gestalt
zweifellos aus älterer Zeit, wahrscheinlich aus dem Beginn
des 13., wenn nicht schon aus dem Ende des 12. Jahr-
hunderts. Sie hat dann jedoch zweimal gründliche Um-
bauten erfahren: zuerst um 1400, worauf mehrere Teile
in Übergangsstil vom Romanischen zum Gotischen weisen,
sodann um 1500 in reinem gotischen Geschmack. Bei
dieser zweiten Umgestaltung, die unter die alte flache
Balkendecke ein schönes Netzgewölbe einbaute, sind offen-
bar auch jene Wandmalereien in der Apsis des quadra-
tischen Chores entstanden, die in den Lettern einer leidlich
erhaltenen Schriftrolle und in deutlich erkennbaren orna-
mentalen Details durchaus den Charakter jener Epoche
tragen. Die bildlichen Darstellungen selbst haben leider
zu sehr gelitten, um eine völlige und einwandfreie Er-
klärung zuzulassen. Eine große sitzende Gestalt mit
reicher Faltenbildung des Gewandes ist offenbar als Christus
zu deuten, der mit erhobenen Händen auf einem schwarz-
gelb-roten Regenbogenoval thront, während von seinem
Munde Lilie und Schwert ausgehen. Diese Auffassung
Jesu als Weltenrichter wird unterstützt durch zwei kleine
Engel in den Ecken, die mit Posaunen zum Jüngsten Ge-
richt blasen, während zwei anbetende Gestalten rechts und
links von der Hauptfigur, eine männliche und eine weib-
liche, zu schlecht erhalten sind, um sich mit Sicherheit be-
stimmen zu lassen.

AUSSTELLUNGEN
X Die Herbstausstellung bei Schulte in Berlin hat als
Mittelpunkt eine Kollektion neuer Bilder von Leonhard
Sandrock, der auf den Großen Berliner Kunstausstellungen
der letzten Jahre sich immer mehr als eine Hauptstütze der
akademischen Gruppe erwiesen hat. Sandrock, ein früherer
Offizier, der erst spät zur Kunst kam, fand auf den Wegen
der modernen Holländer, hauptsächlich der Maris und
Breitner, den Weg zu einer schweren, gediegenen, sehr
ausdrucksvollen Tonmalerei, mit der er zuerst, Motive von
der Ostseeküste, aus kleinen und großen niederdeutschen
Hafenstädten behandelte. Er hatte sofort eine prächtige,
breite Manier des Vortrags und ein gutes Gefühl für mas-
sives, saftiges Kolorit, wodurch er im Glaspalast am
Lehrter Bahnhof bald von der Mattheit der Umgebung
sichtlich abstach. Aber oft schien es, als wolle Sandrock
in den zähen Fluten seiner eigenen Ölfarben ertrinken.
Jetzt ist der Künstler an eine Wegscheide gekommen, von
der es ihn aufwärts führt. Seine Tonmalerei hat sich mehr
und mehr mit frischeren Lokalfarben durchsetzt, die der Ge-
fahr des Saucigen steuern und in seine Bilder viel lebhaftere
Akzente bringen. Zugleich erweiterte sich das Stoffgebiet.
 
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